Die wenigsten Menschen wissen, dass Distrikt vier schon länger ein Karrieredistrikt ist, als Distirkt eins oder zwei. Doch wir trainieren nicht für den Ruhm und den Reichtum, der uns im Kapitol erwartet, wir trainieren, um zu überleben. Unser Distrikt ist nicht reich. Wir beliefern das Kapitol überwiegend mit Fisch und Öl aus dem Meer. Wir liegen nicht nah an der Hauptstadt oder beliefern sie mit hochgeschätzten Gütern. Wir sind weiter weg von dem Ruhm und dem Prunk.
Mags Flanagan gründete die Akademie nach ihrem Sieg der elften Hungerspiele. Sie wollte die Kinder ihres Distrikts schützen und verharmloste nicht die Brutalität der Spiele, auch wenn es bei einigen heute in Vergessenheit gerät.
In Distirkt vier hat jeder einen Anspruch auf einen Platz in der Akademie. Und fast alle Kinder nehmen ihn wahr, egal ob arm oder reich. Durch die Sieger muss niemand für seinen Platz hier bezahlen, würde jemand nach seinem Sieg die Akademie nicht unterstützen, würde er vom ganzen Distrikt verachtet werden. Niemand würde sich das jemals trauen. Und ich habe es nie erlebt, dass ein Sieger nicht zurückzahlen wollte, was die Akademie ihm ermöglicht hat.
Erst vor zwei Jahren hat Annie Cresta einen wunderschönen Schulgarten anlegen lassen, um uns zwischen dem Training etwas Ruhe zu ermöglichen. Ich sehe viele Schüler, die sich freuen, Gärtnern zu dürfen, statt draußen auf den Booten zu schuften oder sich die Hände wund zu trainieren. So wie ich es gerade tue.
Die Holzwaffen schlagen in der Sporthalle dumpf gegeneinander, während ich meinem Trainingspartner Riven keuchend gegenüberstehe. Wir sind bereits vier Jahre einander zugeteilt. Bereits ab dem ersten Tag an der Akademie erhält man einen Trainingspartner mit dem man von nun an jegliche Projekte bewältigt. Während sich andere um uns herum freundschaftlich auf die Schulter klopften und aufhelfen, starrt mir aus Rivens Augen nur Kampflust entgegen und das Verlangen danach, mich nur noch ein weiteres Mal zu übertrumpfen. Unsere Kampfstöcke schlagen in schnellem Rhythmus aufeinander, lassen kaum eine Sekunde, um zu reagieren. Schon nach wenigen Minuten bin ich durchgeschwitzt und werde unaufmerksam. Setze Schritte falsch, lasse Rivens Waffe an mir vorbeischnellen, ohne sie zu blocken, lasse mich immer mehr zurückdrängen. Schließlich tritt mein Fuß über den Kämpfring und ich halte ergeben die Hände hoch und lasse meine Waffe fallen.
„Guter Kampf", sagt er, doch wir wissen beide, dass das gelogen ist. Seit Wochen ist er besser im Kämpfen als ich.
„Ja, gut gekämpft", nuschle ich, nehme meine Waffe und stapfe in die Umkleiden davon. Dort stürze ich Wasser herunter und schnappe mir meine Tasche, um sofort zum Schwimmbecken auf zu brechen. Ich wechsle den schwarzen Trainingsanzug gegen einen schlichten Badeanzug und stelle mich unter das prasselnde Wasser der Dusche. Doch selbst das kalte Wasser kühlt mein aufgeheiztes Gemüt nicht ab.
Riven wird nie verstehen, dass es für mich um Leben und Tod geht. Ein starker Partner und seine Konkurrenz treiben mich stetig voran, trotzdem würde ich ihn sofort gegen jemanden tauschen, der mir aktiv hilft, besser zu werden. Vom Teamwork hat er noch nie gehört.
Viele der Kinder hier haben sich nie für Tesserasteine eintragen müssen. In der Akademie gibt es Mahlzeiten für die, die sie wahrnehmen wollen, zum Morgen, Mittag und Abend. Doch ich habe spät begriffen, dass man mir in der Akademie nichts böses will, dass meine Tante mich ehrlich bei sich aufnehmen wollte. Mit dreizehn dachte ich, ich könnte mich alleine gegen die Welt stellen und begriff nicht, dass diese Tesserasteine meine Zukunft so sehr beeinflussen konnten. Zehn Zettel in der Glaskugel hören sich erstmal nicht so schlimm an, wenn sie zwischen hunderten, tausenden anderen liegen, aber trotzdem habe ich die Chance gezogen zu werden durch meinen eigenen Stolz verdoppelt.
Ich nehme mein Handtuch und gehe tropfend hinaus zum Pool. Einige Mädchen aus meinem Jahrgang sitzen am Beckenrand. Als sie mich sehen, winken sie mich lächelnd zu sich. „Hey, Cass, wie war das Training?", fragt mich eines der Mädchen. Thy ist ihr Name sie trägt ihre langen Haare in Cornrows, die sie jetzt in einen dicken Dutt geschlungen hat. Sie ist nett, beinahe zu nett, aber die Leute im Kapitol würden sie gerade deswegen vergöttern. Ihre Freundinnen Taylor und Payron sitzen neben ihr und lassen ihre Beine im Becken baumeln.
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Die Tribute von Panem - Eisige Wellen
Fanfiction„Wagen wir es, uns auch in der Arena nahe zu sein, oder werden wir uns wieder hassen?", fragt Riven mich mit rauer, schlaftrunkerner Stimme. Es ist der Morgen vor den 72. Hungerspielen. Ich schließe die Augen und spüre die ersten Sonnenstrahlen dur...