NEUN - FelsenClan

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NEUN
Kaltpfote, FelsenClan


»Du bist ja auch selber schuld«, hörte Kaltpfote eine Stimme direkt vor dem Heilerbau. Sie wandte ihren Blick von Gewitterjunges ab, der zitternd in seinem Nest lag, und schaute hinaus. Doch die Katze, die gesprochen hatte, musste irgendwo neben dem Höhleneingang an der Felswand stehen, denn von ihrer Position aus sah sie niemanden.

Kaltpfote spitzte die Ohren, um nicht zu verpassen, was draußen geschah, während sie Gewitterjunges einen Haufen zerkleinerter Kräuter vor die Nase schob und ihn anwies, sie zu essen.

»Schon wieder?«, beschwerte sich Gewitterjunges und gähnte. »Die schmecken aber nicht.«

Draußen vor dem Heilerbau hatte eine zweite Katze etwas geantwortet, doch es war in Gewitterjunges Miauen untergegangen. Kaltpfote seufzte innerlich. Sie hoffte, dass es keinen Streit gab, den sie schlichten müsste, nachdem sie Gewitterjunges versorgt hatte.

»Sie werden dir helfen, wieder zu Kräften zu kommen«, erklärte sie dem Jungen. »Dann kannst du bald wieder draußen im Lager mit Bleichjunges spielen.«

Gewitterjunges streckte sich etwas, bis er an die Blätter herankam und leckte sie auf. Kein Kommentar darüber, dass Bleichjunges doch sowieso langweilig war, kein weiterer Protest. Kaltpfote wünschte, sie wäre auf mehr Widerstand getroffen. Gestern noch hatte Gewitterjunges wegen dem bitteren Geschmack der Kräuter mit einer Vehemenz protestiert, die selbst Kaltpfote an den Rande der Verzweiflung gebracht hatte. Dabei nahm sie sich gern viel Zeit für ihre Patienten, um ihnen den Aufenthalt im Heilerbau so angenehm wie möglich zu gestalten. Ein paar Mal war Gewitterjunges auch aus seinem Nest ausgebrochen von Schwalbenfeder, einem der Krieger oder Kaltpfote selbst im Kriegerbau aufgegabelt worden. Einmal hatte man ihn sogar im Anführerbau gefunden. Erst als Adlerherz in den Heilerbau gekommen war und dem Jungen Geschichten erzählt hatte, hatten Schwalbenfeder und Kaltpfote sich um ihre anderen Aufgaben kümmern können. Heute hingegen hatte Gewitterjunges den Großteil des Tages verschlafen und wenn er einmal wach war, dann lag er mit geschlossenen Augen in seinem Nest und sprach kaum ein Wort.

»Bist du sehr wohl.« Das Miauen lenkte Kaltpfotes Aufmerksamkeit wieder auf das Gespräch, das vor dem Heilerbau geführt wurde.

»Kann ich dir sonst noch irgendetwas gutes tun? Hast du Hunger, oder Durst?«, fragte Kaltpfote Gewitterjunges, doch der gab nur ein leises Murren von sich. So beschränkte sie sich darauf, das zerwühlte Nestmaterial wieder zu richten und näher an den kleinen Körper des Jungen zu schieben, damit er es schön warm hatte. Dann trat sie aus dem Heilerbau hinaus.

Draußen standen sich Herbstwind und Nachtbriese gegenüber. Während Herbstwinds dunkelroter Pelz gesträubt und seine Krallen ausgefahren waren, blickte Nachtbriese auf ihre Pfoten.

»Wie mäusehirnig kann man eigentlich sein, einen Zweibeiner bekämpfen zu wollen?«, miaute Herbstwind gerade. »Ich habe dir doch gleich gesagt: Die sind nicht nur gefährlich, sondern auch unbesiegbar! Einmal, da habe ich gesehen, wie einer von ihnen mit so einem Ding auf ein Reh gezielt hat. Es gab einen Knall und zack! Das Reh lag in einem See aus seinem eigenen Blut! Und du meinst, diese Wesen angreifen zu müssen.« Er schnaubte. »Bist du ein dummes, übermütiges Junges, oder was?«

Nachtbriese hob ihren Kopf. »Die Zweibeiner waren Eindringlinge. Ich habe nur versucht, den Clan zu verteidigen, eben weil ich eine Kriegerin bin und kein Junges.«

Zersplittert - MMFFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt