FÜNFZEHN - RegenClan

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FÜNFZEHN
Krabbenpfote - RegenClan


Vorsichtig, um niemanden zu wecken, schlich Krabbenpfote durch den Heilerbau. Sie war hier, um nach ihrem Mentor Muschelsplitter zu sehen, der seit letztem Sonnenaufgang auf den Patrouillen ausfiel. Rechts von ihr waren vier Nester an der Höhlenwand aufgereiht, in den hinteren dreien lag jeweils eine Katze. Nur Dämmerlieds Schlafplatz war leer. Die Kriegerin hatte sich gerade eben erst in den Eingang des Baus geschleppt, wo sie nun neben Krähenfluch saß und den leichten Regen beobachtete, der draußen fiel. Seehaar, Muschelsplitter und Möwenschrei schienen zu schlafen.

Im ersten Moment dachte Krabbenpfote, der Bau sei ansonsten leer. Doch als sich ihre Augen an die Dunkelheit im Inneren gewöhnt hatten, sah sie Lehmpfote im hinteren Teil der Höhle, wo er einen kleinen Haufen Pflanzen zu einem Brei verarbeitete.

»Hallo, Lehmpfote«, flüsterte sie, als sie neben ihm stand. »Wie geht es allen?«

Lehmpfote wandte sich von seinen Kräutern ab. »Ich denke, seit letztem Sonnenaufgang hat sich nicht allzu viel verändert.«

Das war nicht die Antwort, auf die Krabbenpfote gehofft hatte. Ja, es bedeutete, dass es ihrem Mentor und Lehmpfotes anderen Patienten nicht schlechter ging, aber eben auch nicht besser. Und zumindest wenn es um Muschelsplitter ging, hieß das, dass er noch immer ziemlich krank war.

Es war ihr am Anfang gar nicht so sehr aufgefallen, doch wenn Krabbenpfote zurückdachte, dann hatte Muschelsplitter schon in etwa seit der Nacht der Großen Versammlung Anzeichen der Krankheit gezeigt. Die darauffolgenden Sonnenaufgänge hatte er sich allerdings beständig geweigert, sich in die Obhut der Heiler zu begeben. Zuerst hatte Krabbenpfote sich nichts weiter dabei gedacht, aber inzwischen machte sie sich mehr und mehr Sorgen um ihren Mentor. Das Training mit ihm war zwar oft hart und an so manchem Sonnenuntergang war sie erschöpft in ihr Nest gefallen, doch sie schätzte ihn dafür, dass er ihr auch schwierigere Aufgaben zutraute. Ebenso wie dafür, dass er ohne Umschweife seine Meinung sagte. Man wusste stets, woran man bei ihm war, musste nicht lange raten, wie er dieses oder jenes gemeint hatte. Sein Ehrgeiz erinnerte sie an ihren Vater Nebeldunst, der kurz vor ihrer Schülerernennung an grünem Husten gestorben war. 

Ihre Mutter Dünenbriese war da ganz anders. Sie hielt immer alles für zu gefährlich und hatte Krabbenpfote und Efeupfote während ihrer Kinderstubenzeit vieles verboten, was für andere Jungen in ihrem Alter selbstverständlich gewesen war. Am Ende hatte Krabbenpfote das Gefühl gehabt, unter ihrer Fürsorge und ständiger Überwachung ersticken zu müssen. Ihre Schülerernennung war wie eine Befreiung gewesen, denn endlich hatte sie ihre Grenzen im Training austesten können, ohne wieder und wieder zurückgehalten zu werden.

Sie atmete tief durch und straffte ihre Schultern. Kein Selbstmitleid. Weiter machen.

»Kann ich dir irgendwie helfen?«, fragte sie Lehmpfote. Schon am letzten Tag war Krabbenpfote von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang damit beschäftigt gewesen, im Wald und in den Dünen jenseits des Langwalls nach Kräutern zu suchen. Es war keine besonders spannende Aufgabe gewesen, aber immerhin hatte sie etwas für die Kranken tun können.

Lehmpfote schüttelte den Kopf. »Du hast das Kräuterlager schon ganz gut aufgefüllt. Außerdem dürftest du alle Plätze, auf denen jetzt, zu Beginn der Blattleere noch etwas wächst, abgesucht haben.«

»Ich könnte auch etwas anderes machen.«

Lehmpfote wickelte das Blatt zusammen, auf dem er den Brei hergestellt hatte. »Ich komme schon klar, zumindest im Moment.« Er sah zu ihr. »Aber ich müsste da mal vorbei, Möwenschrei etwas fragen.«

Zersplittert - MMFFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt