NEUNZEHN - RegenClan

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NEUNZEHN
Haferjunges, RegenClan


»Das ist aber nicht das Lager«, stellte Brombeerjunges das Offensichtliche fest.

Was Haferjunges eben noch für die Lagerlichtung gehalten hatte, hatte sich beim Näherkommen als der Waldrand herausgestellt. Sie mussten an der Grenze angekommen sein. In jedem anderen Moment hätte die Weite, die sich vor ihnen auftat, Haferjunges fasziniert. Wie hoch das Gras hier wuchs, wie schroff die Felsen in der Ferne, wie riesig die Berge, die er nun zum ersten Mal in seinem Leben erblickte. Doch es war kein gewöhnlicher Tag. Nur eine knappe Baumlänge entfernt kämpften die Krieger ihres Clans gegen den FelsenClan. Die Jungen kauerten in einem Flecken von hohem Gras beisammen und spähten zu den Katzen hinüber, die aufeinander einschlugen. Staub und tote Blätter wurden aufgewirbelt, als Körper auf den Boden geschleudert wurden. Blut tropfte aus Wunden. Zähne und Krallen blitzten im Licht. Der Wind heulte mit den Verletzten um die Wette.

»Wir haben erwartet, dass du uns ins Lager zurückbringst«, miaute Haferjunges aufgebracht und ohne den Blick von dem Kampf abzuwenden. »Du hast behauptet, du würdest dich auskennen.«

»Tu ich ja auch.«

»Dann bist du uns aber eine Erklärung schuldig, warum wir jetzt hier sind.« Nun traute sich Haferjunges doch, für einen Augenblick zu seiner Schwester hinüber zu schauen. Er fragte sich, welche ihrer Versprechungen gelogen gewesen war. Dass sie den Weg kannte, oder dass sie vorgehabt hatte, sie zum Lager zurückzuführen. Was auch immer zutraf, es machte ihn wütend. Er verabscheute Lügen.

»Jetzt tu nicht so beleidigt«, fauchte Goldjunges und schnippte ihm mit dem Schweif vor der Nase lang. »Ohne mich hättest du den ganzen Tag gelangweilt neben der Kinderstube gesessen.«

»Gelangweilt?«, empörte sich Haferjunges. »Besser das, als in Gefahr zu schweben! Man könnte fast meinen, dass du es darauf anlegst, möglichst viel Ärger von Bernsteinwind zu bekommen. Und gelogen hast du auch noch.«

»Sonst wärt ihr ja nicht mitgekommen. Was hätte ich denn machen sollen?«

Haferjunges öffnete sein Maul, wollte widersprechen, als ein weißer FelsenClan-Kater eine knappe Fuchslänge vor ihrem Versteck vorbei stürmte. Schnell duckte er sich, hoffte, dass das hohe Gras sie alle verbergen würde. Ein kurzer Seitenblick verriet ihm, dass die übrigen Jungen seinem Beispiel gefolgt waren. Sein Herzschlag dröhnte laut in seinen Ohren, seine Muskeln verkrampften und die Wut auf Goldjunges stieg an, während Haferjunges den fremden Krieger mit dem weißen Pelz beobachtete. Der blieb einige Schritte weiter stehen und sah sich wild um, zeigte jedoch mit keinem Schnurrhaarzucken, dass er die Jungen entdeckt haben könnte.

Der Boden erzitterte. Pfoten, nur eine Kaninchenlänge von Haferjunges entfernt, wirbelten Dreck auf, als eine Katze an ihnen vorbei preschte. Sie waren zwar ebenfalls weiß, gehörten aber jemand anderem als dem fremden Kater. Nur mit Mühe konnte Haferjunges ein Niesen unterdrücken, Erdkrümel und Teile alten Laubes auf ihn herabregneten und auf seine Schnauze platschten. Er hob seinen Blick und erkannte einen schwarzen Kater mit weißem Pelz an Brust und Bauch. Der Zweite Anführer seines Clans, Sturmschweif.

Sturmschweif preschte auf den fremden Krieger zu und stürzte sich auf ihn. Schläge wurden ausgeteilt, Krallen sausten durch die Luft, Fell wurde ausgerissen, aber wenigstens entfernten sich die beiden Kämpfenden von den Jungen, statt sich weiter zu nähern. Die Krieger vollführten Kampftechniken, die so viel schneller aufeinander folgten als das, was Glutpfote und Fliederpfote den Haferjunges und seinen Baugefährten einmal vorgeführt hatten. Und viel blutiger waren sie auch. Allerdings schien der fremde Kater etwas langsamer als Sturmschweif. Soweit Haferjunges das beurteilen konnte, war sein Clangefährte der bessere Kämpfer. Daher verwunderte es ihn, als der FelsenClan-Krieger Sturmschweif mit einer besonders geschickt und gleichzeitig kraftvoll anmutenden Bewegung umstieß und auf den Boden drückte.

Zersplittert - MMFFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt