SECHZEHN - RegenClan

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SECHZEHN
Efeupfote - RegenClan


Im selben Augenblick, in dem Mohnrose aus dem Heilerbau und auf die Lagerlichtung stürzte, überkam Efeupfote ein ungutes Gefühl. Das Nackenfell der gefleckten Kriegerin war gesträubt, ihre Augen weit aufgerissen. Irgendetwas stimmte nicht. Irgendetwas Schreckliches war geschehen. Angst und Verzweiflung packten Efeupfote, ohne dass er sagen konnte, was der exakte Grund dafür war. Sein Atem ging schneller, als er beobachtete, wie Mohnrose in den Kriegerbau stürmte. Selbst als einige Äste in ihrem Fell hängen blieben und mit einem Knacken zerbrachen, wurde sie nicht langsamer. Einen Herzschlag später ertönte aufgeregtes Miauen. Ein schmerzerfülltes Jaulen zerriss die Luft.

Auf seinem Platz neben dem Schülerbau, wo er darauf wartete, dass Sturmschweif ihn zur nächsten Patrouille abholte, sackte Efeupfote in sich zusammen. Mit zunehmender Verunsicherung beobachtete er, wie nun auch Lehmpfote aus dem Heilerbau kam und mit hängendem Kopf zum Kräuterlager hinüber ging. Diese völlige Erschöpfung, dieses fehlen jeglicher Zuversicht, woher kamen sie nur?

Es dauerte nicht lange, bis alle im Lager anwesenden Katzen wussten, was geschehen war. Muschelsplitter war gestorben. Die Krankheit hatte ihn am Ende zu sehr geschwächt. Pfützenstern trug den toten Körper gemeinsam mit Mohnrose auf die Lichtung hinaus. Dicht hinter ihnen lief Lehmpfote, Kräuter hingen aus seinem Maul.

Stille herrschte. Nur hier und dort hörte man vereinzeltes Flüstern, einzelne Wortfetzen. Der Wind, der über ihnen in den Bäumen heulte, schien auf einmal laut wie Donnergrollen. Langsam tapste Efeupfote über die Lichtung und setzte sich in der Nähe des toten Kriegers. Eine tiefe Trauer überkam ihn, als er beobachtete, wie Sturmschweif ebenso wie Muschelsplitters Schwester Dünenbriese sich neben den Toten legten und ihre Nasen in seinem Pelz vergruben. Unterdessen hatte Lehmpfote seine Kräuter grob zerkleinert und rieb sie vorsichtig auf Muschelsplitters Fell.

Efeupfote hatte dem Krieger nie besonders nahe gestanden und dennoch war es, als hätte er gerade selbst ein Familienmitglied verloren. Einen Moment erwog er, sich in sein Nest im Schülerbau zurückzuziehen und sich zu einem winzigen Fellball zusammenzurollen, als würde der Schmerz ebenfalls schrumpfen, wenn er sich möglichst klein machte. Doch konnte er seine Clangefährten jetzt allein lassen? Könnte er nicht irgendetwas für sie tun, ihnen helfen, damit sie sich wenigstens ein bisschen besser fühlten?

Er hatte sich noch nicht von der Stelle gerührt, hatte nur Muschelsplitters reglosen Körper betrachtet, als sich donnernde Schritte näherten. Ein Luftzug fuhr durch Efeupfotes Fell, als eine kleine, dunkelrote Gestalt mit einigen grauen Flecken an ihm vorbei stürzte. Es war Glutpfote, eine von Muschelsplitters Töchtern.

Die Schülerin jaulte auf. Die Verzweiflung in ihrer Stimme war wie ein Dorn, der sich direkt in Efeupfotes Brust bohrte. Er wünschte, er könnte ihr irgendwie helfen. Doch Muschelsplitter war fort, würde für immer fortbleiben, ebenso wie Efeupfotes eigener Vater Nebeldunst. Er und Krabbenpfote hatten damals genauso getrauert, wie Glutpfote jetzt.

Krabbenpfote. Beim Gedanken an seine Schwester sank Efeupfote kraftlos in sich zusammen. Wie ein verängstigtes Junges, das die Welt um sich herum nicht mehr verstand, saß er neben den anderen Trauernden. Sie würde es hart treffen, wenn sie von dem Tod ihres Mentors erfuhr, das wusste er.

***

»Pfützenstern!« Panik lag in dem Miauen der Katze, die nach der Anführerin rief.

Eine schlimme Vorahnung schlich sich zwischen die Gefühle der Trauer. Efeupfote wandte sich um, konnte aber nicht herausfinden, wem die Stimme gehört hatte. Der Baumstamm der umgekippten Eiche, unter dem sich die Kinderstube befand, versperrte ihm den Weg. Einst musste der Baum mitten im Lager gestanden haben, denn wie ein deformiertes Gerippe ragten seine aus der Erde gerissenen Wurzeln dort in die Luft. Auf der anderen Seite lehnte der tote Stamm auf der Felskante, in der auch Heilerbau und Kräuterlager lagen. Dahinter wurde er vom Unterholz des Waldes verschluckt.

Zersplittert - MMFFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt