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Meine Füße berührten kalten Boden. Der weiße sterile Gang erstreckte sich unendlich lang vor mir, fand schier kein Ende. Wohin mich meine Beine auch trugen, ich schlenderte mit leisen Schritten durch den Trakt. Jede Ecke glich der anderen, verschlossene Türen reihten sich aneinander. Nur Schilder mit Nummern hingen davor. Es war einsam, still.

Ich war mir sicher, dass es mir nicht erlaubt war, hier draußen herumzuirren. Schon jetzt hatte ich vergessen, wo genau ich mich überhaupt befand. Mich hatte nur dieser leise und doch so präsente Ruf der Freiheit hierher gelockt. Ohne zu wissen, was ich nun tun sollte, hatte ich mich hier im Gang wiedergefunden. Ich hielt vor einer großen metallenen Tür an. Selbst nach mehrerem Drücken und Schieben ließ sie sich nicht öffnen. Nicht wirklich verwunderlich, man hatte womöglich damit gerechnet, dass ich versuchen würde von hier zu entkommen - auch wenn es nicht ganz meine Intention war.

Ich war neugierig wie ein kleines Kind, mehr nicht. Als ich einen Schritt von der Tür zurücktrat, erkannte ich den komisch aussehenden Hand-Scanner, den Tae zuvor genutzt hatte. Zur Probe legte ich meine Hand ebenfalls drauf, doch das einzige, was ertönte, war ein lautes Tröten, gefolgt von einem roten Symbol mit der Aufschrift 'Nicht kompatibel'.

Das wäre natürlich viel zu einfach gewesen. Also drehte ich mich, wie bei der Übung mit Hoseok, wieder um und trottete in die andere Richtung - an meinem Zimmer und den etlichen vielen Türen vorbei - , bis ich wieder vor einer metallenen Tür zum Stehen kam, verschlossen und nur mit dem richtigen Handabdruck zu öffnen. Seufzend und beinahe schon frustriert trat ich gegen die Tür und machte wieder kehrt.

Man ließ mich allein hier, ohne jegliche Kontakte oder andere Beschäftigungen, mit denen ich meine Langeweile vertreiben könnte. Noch immer verstand ich nicht ganz, was ich hier überhaupt tat, was meine Bestimmung war und was Tae überhaupt genau mit Wiedergeburt meinte. Eine Kreation, eine Erschaffung seiner selbst. Ich war ein Symbol für die Unsterblichkeit und Macht, ein Beweis dafür, dass Menschen auf ewig leben konnten.

Nachdenklich starrte ich gegen die weiße Wand vor mir und erwartete eine Antwort. Nichts. Nein, mir war einfach nur langweilig. Und ich wollte verstehen. Verstehen, was hier los war, was meine Existenz für eine Bedeutung hatte und vor allem, wer ich war. Wenn ich eine Wiedergeburt war, dann musste ich schließlich auch ein vorheriges Leben gehabt haben. Bis auf einige Erinnerungsfetzen, die in meinem Kopf weniger Sinn ergaben, als die Situation, in der ich mich befand, wusste ich absolut nichts über das Leben zuvor.

»Jeongguk ... «, wiederholte ich meinen Namen, mehr abgehackt und mit kratziger Stimme. Womöglich hätte mich ein Außenstehender nur schwer verstanden. Ich schlurfte langsam den Trakt entlang und fuhr mit der Hand über die sauberen weißen Wände. »Jeongguk.«

Vor einer Tür blieb ich stehen und schloss meine Augen. Als würde dahinter eine Antwort, ein Puzzlestück meiner Erinnerungen, stecken. Ich streckte meine Fühler aus, tastete die Umgebung ab und nahm sie in meinen Gedanken auf. Der Geruch von Desinfektionsmittel war wahrzunehmen, ein vertrauter Geruch, der mit Liebe und Wohlsein gefüllt war. Ich konnte Tae sehen, sein Lächeln, die leuchtenden dunklen Augen. In seinen Händen hielt er ein Gänseblümchen.

Ungewöhnlich.

Ich streckte meine Hand weiter aus und spürte die weichen Haare von ihm durch meine Finger gleiten. Der Duft von Sommer stieg mir in die Nase, warme Sonnenstrahlen trafen auf meine Haut. Tae nahm meine Hand und führte mich zu einem Ort, an dem die Schmetterlinge ihren Frühjahrstanz vollführten. Weiches Gras kitzelte meine Zehen.

Meine Hand berührte etwas Kaltes. Die Wände waren heruntergekommen, die Straßen stanken nach Abfall, Fäkalien und Urin. Meine Füße standen in dreckigen Pfützen, das Gesicht war verschmiert mit Öl und Ruß. Ich sah auf die schmalen Straßen, an denen sich tuckernde Mopeds und kleine Autos durchdrängten. Mein Blick ging weiter in die andere Richtung. Ein anderer Junge stand da, etwas älter als ich und er rief mir verzweifelt zu. Ich konnte anfangs nicht hören, was er schrie, doch als ich einen Schritt näher auf die Straße tat, schallte mein Name laut und klar zu mir rüber.

Ich erstarrte, sah mal links, dann rechts, schaute nach hinten, ging einen Schritt zurück. Als ich auf die andere Straßenseite sah, war mein Bruder weg.

Ich öffnete meine Augen. Weiß strahlte mir entgegen. Die Tür stand sperrangelweit offen. Ohne zu hinterfragen, wie sie aufgegangen war, trat ich hinein. Es piepte leise, Maschinen gaben tuckernde Laute von sich. Es hatte etwas Hypnotisierendes an sich, etwas Beruhigendes. Der Anblick sprach jedoch das Gegenteil. Jemand lag im Bett, das sich in diesem Raum befand, der Körper versehen mit Kabeln und Schläuchen. Die Augen waren geschlossen, der Gesichtsausdruck war friedlich.

Mir war es nicht möglich zu erkennen, wer da lag. Die Sauerstoffmaske verwehrte es mir. Vorsichtig streckte ich meine Hand aus, wollte erfahren, wer darunter war, stoppte jedoch kurz davor. Tae stand mir gegenüber. Seine Augen waren rot, die Lippen komplett ausgetrocknet. Irgendetwas schien in ihm zerbrochen zu sein, das verrieten seine dunklen Iriden, die so leer und leblos schimmerten.

»Bitte verlass mich nicht...«

Erschrocken riss ich die Augen auf. Meine Hand berührte immer noch etwas Kaltes. Die Tür vor mir, sie war verschlossen. Ich sah mich um, versuchte etwas wahrzunehmen, doch da war nichts. Ruhe, Einsamkeit. War das Einbildung gewesen? Ich versuchte die Türklinke runterzudrücken, doch die Tür selbst ließ nicht nach. Abgeschlossen.

Erneut sah ich mich um, versuchte zu verstehen, was ich eben gesehen hatte. Doch alles blieb dasselbe. Weiß und steril. Nach geschlagenen Minuten setzten meine Füße sich wieder in Bewegung und trugen mich zurück in mein Zimmer, diesmal mit mehr Fragen als zuvor.

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𝐄𝐫𝐫𝐨𝐫 𝐑𝐗37ᵏᵒᵒᵏᵛWo Geschichten leben. Entdecke jetzt