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J E O N G G U K
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»Gukie!«
Ich rannte weiter und weiter, blickte nicht zurück, ignorierte die Stimme hinter mir. Das Wasser der Pfützen plätscherte unter meinen verschlissenen Schuhen, Tropfen wurden aufgewirbelt, Schlamm spritzte in mein Gesicht. Mit einem Schlittern bog ich um die nächste Hausecke, strauchelte leicht, doch konnte mich noch gerade so fangen. Ich wollte nicht zurück und mein Bruder sollte mich erst recht in Frieden lassen. Doch im Moment wollte er nicht nachlassen. Ich konnte ihn weiterhin hören, wie er meinen Namen rief, die verzweifelte Stimme, das Platschen seiner Schritte.
In einer Gasse fand ich schließlich eine kleine Nische, bedeckt von Müllbeuteln, Tonnen und Lederresten. Ich sah dies als Möglichkeit mich zu verstecken, schlüpfte mit meiner spärlichen Größe unter die stinkend feuchten Beutel und hielt den Atem an. Es war eine Herausforderung, denn vom vielen Laufen war mir die Puste ausgegangen. Zusätzlich hielt mein Körper nicht vielen Belastungen stand. Aber in solch einer Situation musste ich jetzt nun mal den Atem anhalten. Erstens um nicht gleich laut würgend auf die Müllbeutel zu kotzen und zweitens weil mein Kopf sagte, dass mein Bruder ja meinen Atem hören könnte.
Ich nahm seine Schritte wahr, mein ganzer Körper wurde zu Eis. Kein einziger Muskel bewegte sich. Zwischen den vielen Beuteln und Lederresten konnte ich ein Paar verschlissener Schuhe erkennen, ähnlich der meinen. Sie gehörten eindeutig meinem Bruder. Wieso bewegte er sich nicht? Konnte er doch bemerken, dass ich mich hier befand? Mein Herz pochte schmerzhaft gegen die Brust, dass man denken könnte, Außenstehende würden das Schlagen ebenfalls hören.
Es war nicht so, dass es irgendwie mit großen Konsequenzen für mich enden würde, wenn ich von meinem Bruder erwischt werde, aber dann wäre mein Plan komplett umsonst gewesen.
Ich hatte schon lange vorgehabt, von Zuhause wegzulaufen. Nicht, weil meine Eltern unfair zu mir waren oder mich anderweitig misshandelten. Es waren andere Gründe. Last, Geldmangel, Hunger ... Ich wollte es ihnen nicht schwerer machen als es schon war - seit meiner Geburt. Ich war ein Fluch. Eine Schande. Selbst wenn meine Familie immer sagte, dass sie mich nicht als solche ansahen.
»Gukie!«
Ich zuckte kaum merklich zusammen, als ich die Stimme meines Bruders durch die Gasse hallen hörte. Mein Ellbogen traf dabei unglücklicherweise einen der Müllbeutel, der daraufhin ein leises Rascheln von sich gab. Mein Körper versteinerte sich noch mehr. Ich starrte mit Schock auf die Tüte, als wäre sie allein schuld daran, falls mein Bruder mich dadurch erwischt hätte. Doch anscheinend war dem nicht so. Eine weitere Minute später setzten seine Füße sich wieder in Gang und schritt weiter durch die Gasse, auf der Suche nach mir.
Selbst als mein Bruder dis Gasse verlassen hatte und ich hören konnte, wie er Richtung Hauptstraße lief, blieb ich noch lange in meinem Versteck, traute mich nicht herauszukommen. Schließlich könnte er jederzeit zur Gasse zurückkehren. Irgendwann merkte ich jedoch, dass mir langsam die Luft ausging - mir war nicht klar geworden, dass ich noch immer den Atem angehalten hatte - und so nahm ich einen tiefen Atemzug, musste jedoch gleich anfangen zu husten. Ob vom Gestank oder von der Überbelastung meiner Lunge, konnte ich nicht genau sagen.
Mir war nur so unerträglich warm und es wurde eng um mich herum, dass ich kurzerhand unter den nassen und widerwärtig stinkenden Müllbeuteln hervorkam. Das laute Husten war dabei nicht zu verbergen, so sehr ich es auch versuchte. Der Schall hallte von den Wänden wider, versetzte mich in Panik, dass ich ja eventuell die Aufmerksamkeit meines Bruders auf mich gezogen hätte.
Einige Zeit blieb ich regungslos stehen, leicht zitternd vor Kälte und Energielosigkeit, lauschte aufmerksam. Doch es war nichts zu hören. Keine Schritte, kein Plätschern, nur das leise Brummen der Fahrzeuge von der Hauptstraße aus. Mein Herz beruhigte sich langsam wieder. Dennoch war mir weiterhin schwindlig. Mein Atem ging unregelmäßig. Das war definitiv zu viel Aufregung für meinen Körper...
Es tanzten Sterne vor meinen Augen, sodass ich leicht Angst bekam, das Bewusstsein verlieren zu können. Es war schließlich nicht das erste Mal, dass so etwas passieren würde. Ich hielt mich an der Wand fest, schloss meine Augen und versuchte den Schwindel unter Kontrolle zu bekommen. In solch einer abgelegenen Gasse umzufallen, wäre alles andere als gut.
Aber selbst wenn ich auf der Hauptstraße umkippen würde, hätte mir niemand wirklich geholfen. Kein Geld, keine Zeit, nicht die nötigen Mittel dafür. In den Ghettos gab es keine medizinischen Einrichtungen. Dafür fehlten die finanziellen Mittel, die wir alle nicht hatten. Vom Staat wurde es erst recht nicht freigestellt. Wir hatten uns selber darum zu kümmern.
Glücklicherweise ließ der Schwindel langsam nach und ich konnte mich wieder aufrecht hinstellen. Mir war nur etwas schwummerig und ich konnte spüren, wie viel Energie mich das Weglaufen gekostet hatte. Ich brauchte also dringend etwas zu essen. Nur hatte ich kein Geld dafür und wenn ich zur Hauptstraße laufen würde, wäre die Gefahr hoch, dass ich auf meinen Bruder treffe. Das wollte ich vermeiden.
Damit war ich zwiegespalten, sah vom einen Ende der Gasse zum anderen. Schlussendlich entschied ich mich für die entgegengesetzte Richtung und verzichtete damit auch auf das Essen, das mein Körper eigentlich benötigte. Aber darum musste ich mich später kümmern. Wichtig war es jetzt erst, den Bezirk, in dem ich wohnte, zu verlassen, um die Chance so gut es ging zu vermindern, dass meine Familie mich finden würde. Ohne mich würden sie weniger Lasten auf den Schultern tragen. Außerdem konnten sie sich nun vollkommen auf meinen großen Bruder konzentrieren. Mir war klar, wie sehr er von unseren Eltern vernachlässigt wurde, nachdem ich auf die Welt gekommen war und dabei die Diagnose meiner ach so tollen Krankheit festgestellt wurde.
Meine Familie musste loslassen, ich ebenso. Es wäre für jeden besser. Ich hatte schon einen ungefähren Plan, wohin meine Reise gehen würde, auch wenn er schwer und beinahe schier unmöglich zu sein schien. Dennoch war ich zuversichtlich, dass es klappen würde.
Noch ein letztes Mal sah ich auf die Hauptstraße, in der mein Bruder das letzte Mal von mir gesehen wurde. Ein trauriges Lächeln bildete sich auf meinen Lippen. Ich drehte mich um und ging in die entgegengesetzte Richtung, bewusst, dass ich nie wieder umkehren würde.
»Leb wohl, Familie ... Ich gebe euch hiermit die Chance auf ein sorgloseres Leben. Bitte nutzt es ... Ich werde einen Weg für mich selbst finden. Ich liebe euch.«
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𝐄𝐫𝐫𝐨𝐫 𝐑𝐗37ᵏᵒᵒᵏᵛ
Fiksi Penggemar🅞🅝 🅖🅞🅘🅝🅖 »Sag mir, Tae, bin ich denn wirklich noch der Jeongguk, den du einst gekannt und geliebt hast, wenn ich nur seine Erinnerungen trage und sein Verhalten nachahme?« Ohne jegliche Erinnerungen erwacht Jeongguk eines Tages in einem weiß...