⊗Success • 3⊗

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J E O N G G U K
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»Du scheinst eine unheilbare Krankheit zu haben, womöglich schon seit der Geburt.«
Natasha legte das Stethoskop beiseite und sah mich mit demselben mitleidigen Blick an, die auch meine Familie mir immer zugeworfen hatte.

Wie auch immer sie das herausgefunden hatte, es erinnerte mich nur erneut daran, was für eine Last und Schande ich war - und dass nicht nur für meine Familie, sondern auch für Natasha. Niemals hätte sie das herauskriegen dürfen und doch hatte sie es. Vielleicht war eine Diagnose dazu auch relativ leicht zu stellen.

»Ich kann leider nur nicht sagen, was für eine Art Erkrankung das tatsächlich ist, aber deine Blutwerte sehen ganz sicher nicht gut aus, vielleicht kann ich ... «

»Nein, ich will deine Hilfe nicht!«, gab ich trotzig zurück und entzog mich ihren Händen. So schnell wie möglich kletterte ich von der Liege und schlang meine Arme um den Körper, als könnte ich diesen damit vor jeglichen kritischen Blicken beschützen. Anscheinend fiel es Ärzten ja leicht, durch meinen Körper zu schauen, als sei er nur Glas.

Mit einem traurigen Lächeln hockte Natasha sich zu mir herunter und nahm vorsichtig meine Hand in ihre. Sie waren warm, erneut konnte ich die dünnen und eleganten Finger spüren. Und sie wirkten so sauber und rein, so weich. Verwirrt blickte ich ihr in die Augen.

»Ich denke auch nicht, dass ich dir helfen kann, so sehr ich das auch möchte. Mir fehlen die gewissen Instrumente zur richtigen Diagnose und Behandlung hier unten. Aber hör, junger Mann. Diese Krankheit scheint nicht ganz ungefährlich. Und sie könnte eines Tages dein Leben kosten«, versuchte sie es mir so schonend wie möglich beizubringen, auch wenn mir die Informationen keinesfalls neu waren.

»Ich weiß das schon«, gab ich nur knapp zurück und entriss ihr meine Hand. Dann rannte ich rüber zu meinem Bett - Behandlungszimmer und Patientenbetten befanden sich schließlich alle im selben Raum - und versteckte mich unter der Bettdecke. Wieso mussten sie auch immer davon erfahren? Und dann die mitleidigen Blicke. Ich war es leid, so angesehen zu werden und dass mein Körper ständig in den ungünstigsten Momenten nachließ sowieso.

Mir kamen aufgrund der Überforderung langsam die Tränen auf. Ich kroch nur tiefer unter die Decke.
»Ich will allein ein Heilmittel finden«, schniefte ich leise unter dem Stück Stoff und raschelte ein wenig damit. Die Matratze unter mir senkte sich. Wahrscheinlich hatte Natasha sich zu mir gesetzt. Ich wich nicht von ihr weg.
Ein liebliches Lachen erklang. Ich wusste nicht genau, ob sie mich auslachte oder nicht, doch es ließ mich ein wenig wütend werden.

»Das kann ich gut verstehen. Ich bin mir sicher, dass du dieses Heilmittel auch bestimmt finden wirst. Nur ...« Die Ärztin machte eine kurze Pause. Nun doch von der leichten Neugierde gepackt, steckte ich meinen Kopf unter meiner Decke hervor und blickte in eine nun mehr niedergeschlagen aussehende Natasha.

»Jeongguk ... Hier unten in den Ghettos wirst du schwer eine Antwort finden. Die medizinische Versorgung ist nicht weit genug fortgeschritten als dass ich oder jemand anderes dir gut helfen könnte. Wenn du mir jedoch erlaubst, dann würde ich dir etwas vorschlagen.«

Für einen Moment war ich tatsächlich gepackt von ihrem Angebot und ich sah die Chance darin. Gleichzeitig bekam ich es auch mit der Angst zu tun. Schließlich wollte ich andere Menschen nicht belasten. Außerdem konnte ich mir noch immer nicht ganz sicher sein, ob sie nicht tatsächlich versuchte, mich zu betrügen, um am Ende doch nur Geld aus meiner Tasche zu ziehen. Schnell zog ich mich unter meine Decke zurück.

»Nein! Ich brauche keine Hilfe!«, fuhr ich sie giftig an und hoffte insgeheim, dass sie mich in Ruhe lassen würde.
Für eine Weile herrschte Schweigen zwischen uns. Ich wusste aber, dass sie noch da war, sonst hätte ich gespürt, wie ihr Gewicht von der Matratze verschwunden wäre.

»Fragst du dich manchmal auch, wie die Oberwelt ist? Wie die Menschen dort oben leben? Man sagt, sie sind die Götter und baden in Luxus und Reichtum. Wahrscheinlich müssen sie sich nie Sorgen um ihre Gesundheit machen. Die Wissenschaft ist so weit fortgeschritten.«

Hellhörig spitzte ich meine Ohren und vergaß mit einem Mal meine sture Haltung Natasha gegenüber. Die Oberwelt ... Mein erster Gedanke war ebenfalls, diese anzustreben. Dort oben würde ich sicherlich Antworten finden. Gleichzeitig wusste jedes Kind hier unten, dass es ein Todesurteil war, wenn man die Grenzen des Ghettos überschritt und nach oben stieg. Unterweltler waren in der Oberwelt nicht erlaubt und wurden im schlimmsten Fall mit dem Tode bestraft. Kinder sollen dabei nicht verschont bleiben.

Damit war meine erste Idee eigentlich schon zum Scheitern verurteilt.
»Vielleicht kann dir hier unten niemand helfen und ich bin mir sicher, dass es niemand kann, wenn selbst ich nicht dazu in der Lage bin. Oben jedoch wirst du die Antworten finden, Jeongguk.«

»Aber wie?!«, schrie ich aufgebracht und warf die Decke von meinem Kopf.
»Wie soll ich da hochkommen, ohne dass ich getötet werde? Uns ist es nicht erlaubt die Ghettos zu verlassen!«
Natasha schien siegessicher zu lächeln, wohlwissend, dass sie mich aus meiner Ecke gelockt hatte. Aus geheimnisvollen Augen sah sie mich an.

»Ich kenne jemanden, der dich in die Oberwelt einschleusen könnte, Jeongguk.«

Verwirrt sah ich Natasha an, nicht ganz darauf vertraut, dass sie das, was sie mir da erzählte, auch wirklich ernst meinte. Ich kicherte nur leise und schüttelte unaufhörlich den Kopf.

»Das ist ein Witz. Wie soll das funktionieren?«

»Nein, nein, wirklich Jeongguk. Es gibt jemanden, der Waisenkinder aus der Unterwelt aufnimmt und sie in der Oberwelt großzieht. Diesen Kindern wird so gesehen eine zweite Chance in einem besseren Leben gegeben. Du musst mir vertrauen, wenn du dein Ziel erreichen willst, Jeongguk.« Ein Seufzen entkam Natasha. Nun stand sie doch auf und hinterließ dabei ein lautes Quietschen. Ich war verwundert. »Und das soll klappen?«

Sie nickte. »Du kannst gerne über das Angebot nachdenken und ich stelle dir die Erzieherin vor. Natürlich kann sie nicht jeden aufnehmen. Wenn du zu einem schlechten Zeitpunkt kommst oder nicht qualifiziert genug dafür bist, ist die Chance verspielt«, warnte mich die Ärztin vor, während sie am Tisch an irgendwelchen Medikamenten herumzuhantieren schien. Ich war immer noch nachdenklich, gleichzeitig kritisch. Und doch wusste ich, dass dies eventuell meine einzige Chance war, tatsächlich in die Oberwelt zu gelangen. Gleichzeitig konnte ich Natasha einfach noch nicht ganz vertrauen.

Überfordert drückte ich meine Hand auf die Ohren, der Schwindel begann einzusetzen. Bloß nicht umkippen ... Bitte nicht jetzt ...

Ich biss die Zähne aufeinander, meine Gedanken drehten sich umher. Dann kam es. Schließlich blieb mir nichts anderes übrig, da hatte Natasha recht: Wenn ich meinem Ziel näher kommen wollte, dann musste ich in diesem Moment vertrauen. Und doch musste da irgendein Haken dran sein.

»Ich denke darüber nach.«

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𝐄𝐫𝐫𝐨𝐫 𝐑𝐗37ᵏᵒᵒᵏᵛWo Geschichten leben. Entdecke jetzt