Elektrisiert

Kapitel 9: Neuer Anfang

Das Wochenende verging schneller als erwartet. Die Mädchen verbrachten viel Zeit miteinander, genossen  die Herbsttage, denn sie wussten, dass ab dem kommenden Montag eine von ihnen fehlen würde. Diaval hatte schlaflose Nächte gehabt, jedes Mal wenn sie die Augen schloss, sah sie diesen Mann in rotem Mantel. Und es war immer die gleiche Szene: Diese weiße Ewigkeit, Diaval sitzend auf dem Boden und der Mann im rotem Mantel direkt vor ihr.  Und dieses Grinsen, es hing ihr tagsüber in den Gedanken und verfolgte sie nachts in den Träumen. Dementsprechend war es nur logisch, dass Diaval am Montagmorgen völlig erschöpft und müde, zum Kombatt erschien. Noch dazu war sie eine halbe Stunde zu spät, da sie zu spät wach geworden ist. 

Sie schlurfte in die Trainingshalle, wenigstens hatte sie ihre schneeweißen Haare noch in einen Zopf bekommen und hatte Trainingssachen an. Sie rieb sich die Augen vor Müdigkeit, was würde sie für ein paar Stunden erholsamen Schlaf geben. 

"Ach sieh einer an, hast du es auch endlich hierher geschafft?", Lady Lesso lehnte gegen einer der Wände am Rande des Kampfrings. Auch sie trug Trainingskleidung, ein eher ungewohnter Anblick für Diaval. Sie hatte Lesso vorher nur ein ihrem üblichen Anzug gesehen, selbst als sie mit den anderen trainiert hatte. Diaval wurde von Lesso aus ihren Gedanken gerissen. "Kommst du nochmal zu spät, wartet der Doom Room auf dich, verstanden?", es war eine Frage, welche eher wie ein Befehl klang. Diaval nickte nur, im Moment war ihr nicht nach streiten zumute. Sie wollte einfach diese Stunde hinter sich bringen und dann schlafen gehen. 

Lesso musterte Diaval für einige Momente, sah die dunklen Augenringe unter ihren grauen Augen. Die rothaarige schlussfolgerte schnell, dass Diaval Schlafprobleme hatte, jedoch würde sie warten bis Diaval ihr genug Vertrauen entgegenbrach um es selbst anzusprechen. Jetzt wollte sie jedoch wissen, wie sehr sie ihre Schülerin unter Stress setzen konnte, im Sinne von Kampftraining natürlich. "Diaval, eine einfache Kampfeinheit dürfte für dich ja nicht schwierig sein, oder? Ich kann mich entsinnen, dass due vor wenigen Wochen Hester geschlagen hast. Wollen wir doch mal sehen, wie lange du gegen mich durchhältst." Lesso öffnete ihre Trainingsjacke und zum Vorschein kam ein graues Top, und, zu Diavals Überraschung, eher durchtrainierte Oberarme. Die Schülerin seufzte und zog ebenfalls den eher störenden Pullover aus. Sie warf ihren Pulli unachtsam auf die nächste Bank und begab sich in den Kampfring, ebenso Lesso. Zugegeben, Diaval war nicht wirklich in Bestform. Die Wochen in Trance hatten ihre Muskeln schwinden lassen und das jetzt noch mit dem Schlafentzug, war eine eher miserable Mischung um einen Kampf durchzuführen - Training hin oder her. Sie versuchte ein wenig Müdigkeit abzuschütteln und klopfte ihre noch vorhandenen Muskeln warm um keine Verletzung zu riskieren.  Sobald sie ihre Grundstellung einnahm, griff Lesso sie an. Diaval konnte gerade so ihrem Schlaf ausweichen, mit solch einer Geschwindigkeit hatte sie definitiv gerechnet. Doch viel Zeit zum Überlegen blieb der jungen Schülerin nicht, da Lesso sie nun von hinten grätschte. Diaval verlor das Gleichgewicht und landete auf den Knien und ihrer Brust. Sie unterdrückte ein Schmerzgeräusch und rappelte sich schnell auf, etwas was ihre Müdigkeit nicht gerade wunderbar fand. Mit einer mehr defensiven Haltung drehte sich Diaval wieder zu Lesso, welche gewartet hatte bis Diaval wieder stand. Um ihre Lippen lag ein überhebliches und eher fieses Lächeln. "Ich hoffe du bist jetzt wach.", kaum hatte sie den Satz beendet, folgte der nächste Angriff in rasender Geschwindigkeit und mit einer Stärke, welcher Diaval nichts entgegenbringen konnte, Der Schlag traf sie mitten auf ihr Brustbein und ließ sie zurücktaumeln, nach Luft schnappen. Sie konnte in ihrem Zustand nicht vernünftig kämpfen, und was sie eher wütend machte, war das Lesso sie eigentlich gerade verprügelte. Nachdem sie wieder zu Atem kam, sprach Lesso sie an. Diaval hatte nicht mitbekommen, dass Lesso bereits wieder ihre Trainingsjacke anhatte. "Deine Koordinierung ist katastrophal. Dein Stand nicht fest, du gleichst eher einem Grashalm als einer Eiche, wenn wir von Stabilität sprechen.", Diaval konnte nicht anders als mit den Augen zu rollen. Ja, sie wusste, dass sie abgebaut hatte. Aber musste Lesso ihr das so auf dem Silbertablett servieren? "Noch was? Oder kann ich gehen?", Diaval konnte nicht ganz ihren verärgerten Ton unterdrücken und Lesso hörte dies sehr wohl heraus. Zu Diavals Glück, sprach Lesso nicht ihren Ton an. "Du kannst gehen, aber ich erwarte morgen eine bessere Form, Diaval."

Sie ließ sich dies nicht zweimal sagen und schnappte ihren Pullover und verließ die Trainingshalle. Auf den Fluren der Schule, checkte Diaval schnell ihre Knie. Wie sie vermutet hatte, waren diese bereits rot und würden demnächst vermutlich blau werden. Sie seufzte und rieb sich die Knie, unwissend dass erneut ein Paar rote glühende Augen sie vom Giebel des Ganges aus beobachteten.  Diaval setzte ihren Weg fort, in die Bibliothek. Sie wusste, dass sie dort sich jetzt aufhalten musste, um Lernstoff nachzuarbeiten und außerdem würde Professor Sader sie dort sowieso aufsuchen. 

Gegen 9.30 Uhr kam auch Professor Sader, welcher sie persönlich in Geschichte der Schurkerei unterrichten würde. Er machte sich mit einem Räuspern bemerkbar und Diaval hob den Kopf von ihren Notizen. Er hielt seine Hand für sie aus, zur Begrüßung. "Diaval, schön dass du es geschafft hast. Professor Sader. Ich glaube wir hatten noch nicht das Vergnügen mit einander.", er hatt silbernes Haar und leuchtende, haselnussbraune Augen. Er trug einen kleeblattgrünen Anzug, welcher auf seine Stellung in der Schule für Gut hinwies. Dennoch unterrichtete als mit einer der einzigen beide Schulen. Diaval lächelte ein wenig, Sader sah durchaus sehr nett aus und nicht wie jemand, der sie verprügeln würde. Nicht wie ihre Dekanin, dachte Diaval für sich. Sie gab Sader die Hand, welcher sich danach zu ihr setzte. "Wie geht es dir, du siehst etwas müde aus.", das war Diaval nun wirklich nicht gewöhnt. Schurken wurden nie mit Nettigkeit behandelt und nun wurde sie fast damit von Sader, ihrer Meinung nach, zugehäuft. "Äh, ja. Ich habe nicht viel geschlafen in letzter Zeit.", warum auch immer sie sich Sader sofort öffnete, war Diaval selber nicht mal bewusst. Sie schob es auf ihren Schlafentzug, dass sie ihre sonst gut aufgestellte Mauer vernachlässigte. "Ach das wird schon. Sollen wir anfangen? Ich dachte wir fangen mit deiner Familiengeschichte an, immerhin ist deine Mutter ein Vorzeigebeispiel wenn es um Schurken geht." Diaval atmete tief aus. "Oh Sie haben ja keine Ahnung, Professor." Und so zog sich der Geschichtsunterricht über knapp eineinhalb Stunden. Diaval mochte diesen Unterricht jedoch, Sader war ihr sympathisch und er konnte gut unterrichten. Der Unterricht wirkte eher wie ein tiefgründiges Gespräch über, in diesem Fall, ihre Mutter Königin Ravenna. Sader entließ sie pünktlich zum Mittagessen und Diaval hatte nun auch gemerkt, dass ihr Körper nach Essen verlangte, da sie das Frühstück ausgelassen hatte. Sie lief zügig in den Speisesaal, da alle anderen erst um 11.30 Schluss hatten, war sie vorerst allein. Es störte sie aber nicht, so konnte sie den bisherigen Tag erst einmal verarbeiten, in aller Ruhe.

Sie schnappte sich was zu essen und setzte sich an den Stammtisch, welchen sie mit ihren Freundinnen so oft schon besetzt hatte. Gerade als sie sich über ihr Hähnchen hermachen wollte hörte sie ein entferntes Flüstern. "Diaval... Komm.", es verschwand für einen Moment und tauchte dichter hinter Diaval auf, was der jungen Hexe kalt den Rücken hinunter lief. "Diaval...", das Flüstern war so nah und Diaval drehte sich schnell um, doch hinter ihr stand niemand. Sie schüttelte den Kopf, war es Einbildung gewesen? Spielte ihr übermüdeter Geist nun Tricks? Die Tür des Speisesaals ging auf und die anderen Schüler beider Schulen traten ein um ebenfalls Mittag zu essen. Schon bald saßen Dot, Hort, Hester und Anadil neben Diaval, welche jedoch ein wenig in ihren eigenen Gedanken verschwunden war. Hester bemerkte dies und nahm eine recht schützende Haltung ein, gab fiese Blicke an die, die es auch nur wagten Diaval anzusehen. Diaval schnitt dies nicht wirklich mit und war recht froh, dass sie einen Moment an Hesters Schulter ruhen konnte. Diese Enge jedoch passte einer gewissen rothaarigen Lehrkraft jedoch nicht. Lessos Gesicht war auf Diaval fixiert, welche an Hester lehnte und auf Hester, welche Diaval an sich drückte. Die Dekanin wusste nicht wieso, aber es passte ihr überhaupt nicht, dass die beiden so eng miteinander umgingen. Sie musste dies ändern.

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ein neues Kapitel ist fertig, ich hoffe es gefällt

bald fängt die Prüfungszeit für mich an und ich bitte um Geduld zwecks eines neuen Kapitels, danke 

<3