Erstaunt sah ich das grosse Gebäude vor mir an. Ich hatte mit einer kleinen Firma gerechnet, aber niemals mit einem Hochhaus, dass mindestens vierzig Etagen hatte. Ich war hier auch nicht im normalen Teil von Orlando, sondern eher im nobleren Viertel. Kein Wunder, hatte Ben soviel Geld.
Für einen Moment war ich wirklich verunsichert, ob ich überhaupt reingehen sollte, aber ich wollte Ben überraschen und ging somit auf die Glastür zu, die mir auch gleich von einem Portier geöffnet wurde. „Guten Tag, Miss.“ „Guten Tag.“ gezwungen lächelnd sah ich ihn an und betrat die riesige Empfangshalle, die mehr als edel aussah.
Nicht nur der gesamte Boden bestand aus Marmor, sondern auch die Tresen, hinter denen Männer und Frauen standen, die einem Unterwäschekatalog hätten entspringen können. Auf einen Schlag fühlte ich mich wie ein Penner in meiner Jeans und dem lockeren Top, wenn ich mir die Kleider und Anzüge von den Angestellten ansah.
„Kann ich Ihnen helfen?“ sprach mich eine Frau an, die hinter dem Tresen stand und mich so ansah, als würde ich absolut nicht hierher gehören. Mit dem grössten Selbstbewusstsein, das ich hatte, ging ich auf sie zu und blieb vor dem Tresen stehen. „Ich möchte zu Ben Anderson.“ „Ich sehe kurz nach.“ falsch lächelnd sah sie mich an und blickte gleich auf den Bildschirm vor ihr. Sie war wohl nur hier um den Wert der Firma zu verdeutlichen, wenn sie keine Ahnung hatte, dass Ben der stellvertretende CEO war.
„Sagten Sie Ben Anderson?“ „Ja, er ist stellvertretender CEO der Firma.“ stirnrunzelnd nickte sie und liess sich meine Worte durch den Kopf gehen, ehe sie ihre Augen verdrehte und mich wieder ansah. „Sie meinen Ben Everett.“ „Nein, Ben Anderson.“ war ich jetzt so dumm oder verstand sie nicht, zu wem ich wollte?
„Gibt es ein Problem?“ kam ein Mann in einem teuer aussehenden Anzug zu uns. „Ich möchte einfach nur zu meinem Freund, aber sie sagt mir gerade, dass er nicht hier arbeitet.“ „Sie sucht einen Ben Anderson, aber das is-“ „Du kannst gehen.“ unterbrach er sie harsch. „Aber-“ „Geh jetzt!“ irritiert von diesem Gespräch zwischen ihnen, sah ich dabei zu, wie sie kopfschüttelnd zur Seite trat und schliesslich weg ging und hinter einer Tür verschwand.
„Ich bitte Sie um Entschuldigung.“ lenkte der Mann meine Aufmerksamkeit wieder auf sich. „Sie ist noch nicht so lange hier. Mister Anderson ist zurzeit nicht im Haus, tut mir leid.“ seufzend stiess ich die Luft aus. Jetzt ging ich extra in meiner Pause hierher und dann war er nicht hier, obwohl er mir das vor zwei Tagen noch versichert hatte. „Können Sie ihm ausrichten, dass Nathalie Noon hier war?“ „Natürlich.“ sagte er mit einem perfekten Lächeln, worauf ich ihm dankend zunickte und ging.
Enttäuscht darüber, dass ich ihn nicht überraschen konnte, blieb ich vor dem Gebäude stehen und zog mein Handy aus meiner Tasche. „Noch eine halbe Stunde.“ murmelte ich und ging zu meinem Wagen. Ich sollte nicht darüber enttäuscht sein, dass mein Freund keine Zeit für mich hatte, denn immerhin hatte er auch ein eigenes Leben.
Ich war aber froh, dass er in der letzten Woche soviel mit mir unternommen hatte. Praktisch jeden Tag gingen wir Essen und unternahmen danach noch etwas. Entweder gingen wir zum Bowling, sahen uns im Kino einen Film an oder spazierten einfach durch den Park. Ehrlich gesagt war es mir völlig egal was wir unternahmen, denn er hatte mir auch so den schönsten Urlaub bereitet, den ich je hatte.
Es fühlte sich irgendwie immer noch so surreal an, dass dieser Mann, der wohl jede Frau in der Stadt haben könnte, ausgerechnet mit mir zusammen war. Es war aber so, wie ich gesagt hatte: zwischen uns passte es perfekt und es war mir auch egal, wenn es Menschen gab, die sagten, dass das zwischen uns viel zu schnell ging. Für mich war es nicht so und für Ben auch nicht. Mit ihm hatte ich einfach die beste Zeit meines Lebens und ich würde jede weitere Minute mit ihm vollends auskosten.

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Nathalie - Leben und Lügen
RomanceTeil 5 der Everett-Reihe Ben Everett wird als fröhlicher und aufgedrehter Mensch beschrieben, der aber auch eine völlig andere Seite hat. Nathalie Noon verzaubert jeden mit ihrer freundlichen und sympathischen Art, doch niemand weiss, dass viel mehr...