Kapitel 23

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Mehr tot als lebendig lag ich auf der Auffahrt von Bens Haus und gab mich ganz dem Regen hin, der unaufhörlich auf mich einprasselte. Es war mir egal, dass ich klitschnass war und hätte krank werden können. Irgendwie brauchte ich das jetzt einfach.

Heute war wieder einer dieser Tage, an dem es bei der Arbeit völlig hektisch war. Ein Notfall nach dem anderen kam rein und liess mir praktisch keine Minute zum durchatmen. Ich liebte meinen Job und war auch belastbar, sonst könnte ich das nicht tun, aber nach solchen Tagen wollte ich einfach nur ausspannen und zur Ruhe kommen.

Ben hatte mir heute morgen noch geschrieben, dass er mich nach der Arbeit sehen wollte. Scheinbar musste er mir etwas wichtiges sagen und genau deshalb war ich nun hier, doch weil er selbst noch nicht hier war, obwohl wir es bereits sieben Uhr hatten, entschloss ich mich kurzerhand dazu mich auf diese Art auszuruhen. Für Aussenstehende sah es wohl so aus, als wäre ich völlig bekloppt mich im Regen auf die Auffahrt zu legen, aber für mich war das hier Entspannung pur. Ich konnte mich einfach dem Wetter hingeben und an gar nichts denken.

Ich drehte meinen Kopf zur Seite, als ein Wagen neben mir zum Stehen kam. Für einen Moment sah mich Ben belustigt an, ehe er irgendetwas im Wagen herumhantierte und schliesslich ausstieg. Er begrüsste mich nicht und fragte mich auch nicht, wieso ich hier lag, sondern trat auf meine andere Seite und legte sich ohne zu zögern neben mich.

Mit einem Lächeln auf den Lippen sah ich wieder hoch in den dunklen Himmel und spürte gleich, wie Ben nach meiner Hand griff. Einmal mehr wurde mir klar, dass er der Mann war, den ich nie wieder hergeben würde. Wieso hätte ich das auch tun sollen? Er war genau so verrückt wie ich und war für jeden Unsinn zu haben, aber wenn es ernst wurde, war er immer für einen da. Er war einfach nur perfekt.

Wenn möglich, wurde mein Lächeln noch breiter, als Ben meine Hand zu seinen Lippen führte und einen hauchzarten Kuss auf meinem Handrücken hinterliess. „Wie war dein Tag?“ „Siehst du ja und deiner?“ schulterzuckend sah er um sich. „Siehst du ja.“ gab er mir die gleiche Antwort wie ich ihm gerade, aber im Gegensatz zu mir war er nicht entspannt. Auch wenn er lächelte, konnte ich an seinen Augen sehen, dass etwas nicht in Ordnung war.

„Was ist los?“ mit einem Seufzen schüttelte er seinen Kopf und stand auf, wobei er mich gleich auf die Füsse zog. „Ben.“ besorgt legte ich meine Hand in seinen Nacken und sah in seine grünen Augen, die dunkler zu sein schienen als sonst. „Du weisst, dass ich für dich da bin.“ „Wir sollten reingehen, sonst erkältest du dich noch.“ ging er meinem Versuch etwas aus ihm heraus zu bekommen aus dem Weg und ging zu seinem Wagen.

Stumm sah ich ihm dabei zu, wie er seine Schlüssel und Handy aus dem Wagen nahm und folgte ihm anschliessend ins Haus rein. „Du weisst ja wo alles ist.“ ich öffnete meinen Mund um ihn erneut zu fragen was los war, aber er liess mich einfach stehen und ging die Treppe nach oben. Kurz zögerte ich, folgte ihm dann aber doch zum Schlafzimmer, wo er, ohne mich überhaupt anzusehen oder etwas zu sagen, mit frischen Klamotten im Bad verschwand.

Enttäuscht darüber, dass er einfach nicht mit mir reden konnte, obwohl ich für ihn da sein wollte, wie er es immer für mich war, nahm ich mir Shorts und Shirt von ihm und ging damit in eines der Gästezimmer, wo ich mich gleich meiner nassen Klamotten entledigte und unter die Dusche ging.

Ich verstand nicht, wieso Ben nicht einfach mit mir reden konnte. Es war offensichtlich, dass ihn etwas beschäftigte, aber anstatt mir zu erzählen was es war und sich danach vielleicht etwas besser zu fühlen, zog er sich völlig zurück und ging mir dabei auch noch aus dem Weg. Vielleicht musste ich ihm auch einfach einen Moment Zeit geben, bis er darüber reden konnte.

Nachdem ich geduscht und mich angezogen hatte, ging ich runter zum Wohnzimmer, aber Ben war nicht hier und so nahm ich an, dass er wohl immer noch im Schlafzimmer war. Da ich langsam aber sicher doch Hunger hatte, vor allem kam ich heute nicht wirklich zum Essen, entschloss ich mich dazu in die Küche zu gehen und für uns etwas zu kochen.

Nathalie - Leben und LügenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt