16. Kapitel

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Als ich eine Stunde später die Anwaltskanzlei verlasse und am Straßenrand auf ein Taxi warte, legt sich die schwüle Sommerluft wie ein schwerer Mantel auf meine Haut.
Aber ich fühle mich im Herzen frei.

Ich weiß, dass ich die richtige Entscheidung getroffen habe. Und ich bereue meinen konsequenten Entschluss keine Sekunde.

,,Ms. Baker?"

Überrascht drehe ich mich zu der fremden Stimme. Der Mann, der mich angesprochen hat, scheint obdachlos zu sein. Zumindest sind seine Haare sehr fettig, sein Bart ein gutes Stück zu lang und die Kleidung so unscheinbar, dass er problemlos in einer Menschenmenge von Austin verschluckt werden kann. Und er riecht streng.

,,Ms. Baker, ich muss dringend mit Ihnen sprechen", sagt er und schaut sich gehetzt um.

Er macht den Eindruck, als ob er paranoid ist.. oder sogar schizophren.

,,Wie kann ich Ihnen helfen?", frage ich mit hochgezogenen Augenbrauen.

,,Sie müssen mit mir kommen, wir werden bereits beobachtet", nuschelt er und kommt einen schwerfälligen Schritt auf mich zu, sodass ich automatisch zurückweiche.

Ich fühle mich zwar nicht direkt bedroht, weil um uns herum viele Leute entlang laufen, aber trotzdem fühle ich mich unwohl. Es ist nichts Neues, dass ich von jemanden kontaktiert werde, weil ich einen seiner Freunde oder Familienangehörigen hinter Gitter gebracht habe.. Aber ich wurde noch nie mitten auf der Straße angesprochen.

,,Ich werde nicht mit Ihnen gehen, Mr..?", frage ich.

,,Verdammt, mein Name ist egal, Ms. Baker. Ich bin zu Ihnen gekommen, weil ich denke, dass Sie als Einzige das Zeug dazu haben, den Untergang der Menschheit aufhalten zu können!"

Ich kann das Glucksen nicht runterschlucken und lache abgehackt. ,,Sie brauchen Hilfe."

,,Sie sind unsere Hilfe!", entgegnet er jammernd und sein bohrender Blick jagt mir eine Gänsehaut über den ganzen Körper. Er kommt wieder näher und ich greife schon in meine Tasche, um mein Pfefferspray rauszuholen, als er sagt:,,Ich war in dem Pharmakonzern Devrelam angestellt, bis ich erfahren habe, was die gesamte Pharmaindustrie versucht zu planen. Sie stecken alle unter einer Decke, Ms. Baker!"

,,Dann sind sie unrechtmäßig gekündigt worden?", erkundige ich mich. ,,Und deswegen wollen Sie Klage einreichen?"

Der Mann schüttelt schnell den Kopf, so schnell, dass einzelne Schweißtropfen von seiner Stirn und den Haarspitzen durch die Gegend fliegen.

,,Nein, nein, nein! Sie verstehen nicht!"

,,Wenn Sie niemanden verklagen wollen, kann ich Ihnen nicht helfen", stelle ich entschieden klar und winke einem Taxi zu, das sofort in meine Richtung fährt.

,,Ms. Baker", er fasst plötzlich nach meinem Arm und hält mich in einem eisernen Griff fest. ,,Sie sind Anwältin, Sie haben Kontakte! Hacken Sie sich in die Datenbank der Devrelam und recherchieren Sie zu dem Cordyceps-Pilz! Ihnen wird man glauben, wenn Sie damit an die Öffentlichkeit gehen! Sie werden mich dafür umbringen, weil ich mit Ihnen geredet habe..!"

Ich reiße meinen Arm los und beiße die Zähne fest aufeinander. Sein Griff war so fest, dass ich bereits rote Abdrücke seiner Finger auf meinem Arm habe und mir sicher bin, dass daraus noch blaue Flecken entstehen werden.

,,Lassen Sie mich in Ruhe und holen Sie sich Hilfe, bevor jemand anders Sie einweist", schnappe ich aufgebracht und reibe mir den Arm.

Das Taxi hält neben dem Gehweg und ich lasse mich schnell auf die Rückbank sinken. Ich drücke meine Tasche fest an mich und unterdrücke mein Zittern.

the fire within usWo Geschichten leben. Entdecke jetzt