02. Kapitel

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Die Sekunden vergehen..

Fünf..

Zehn..

Zwölf..

,,Miller", meldet er sich und klingt etwas außer Atem, als wäre er gerade zu seinem Handy gerannt.

Ich blinzle und drücke instinktiv meine Hand auf die Brust, weil mein Herz durch den Klang seiner Stimme so heftig gestolpert ist, dass ich kurz glaube, einen Herzinfarkt zu bekommen.

Scheiße, oder holt mich langsam der Kaffeekonsum ein? Ich war auch lange nicht mehr beim Arzt, vielleicht sollte ich mich mal wieder durchchecken lassen..

,,Miller", wiederholt er, diesmal gehetzt und genervt.

,,Hi, hier ist Adeline Baker", stelle ich mich zum zweiten Mal innerhalb der letzten Viertelstunde vor, diesmal aber nicht im Geringsten so souverän. ,,Ich habe Ihre Nummer von Ms. Gomez. Sie sagte, Sie könnten mich eventuell noch zwischen ein paar Ihrer Aufträge schieben."

,,Worum geht's?", fragt er, aber bevor ich antworten kann, raschelt es, als würde er sein Handy gegen Stoff drücken. Dann höre ich ihn gedämpft brüllen:,,Johnson, das ist die falsche Nagelmaschine. Fuck, nein, ganz rechts. Sag mal, bist du bekloppt? Das andere rechts." Es raschelt wieder, dann seufzt Joel Miller in den Hörer und klingt furchtbar müde. ,,Sorry, Ms. Baker. Jetzt bin ich für Sie da."

Ich lache leise und beobachte fasziniert, wie meine Augen strahlen, als ich mich in meinem dunklen Monitor betrachte. Irritiert wende ich den Blick ab. Ich muss dringend wieder ein paar Freunde treffen..

Ich schildere ihm mein Problem und er hört schweigend zu. Nach meiner Erklärung warte ich hoffnungsvoll auf seine Antwort und sehe schon vor mir, wie meine Treppe morgen repariert ist..

,,Das klingt nach einer Menge Arbeit", meint er nachdenklich.

,,Ich bin heute noch den ganzen Tag zuhause, also wäre es auch nicht schlimm, wenn Sie erst gegen Nachmittag kommen würden", versichere ich ihm.

Jetzt ist er derjenige, der lacht - trocken und rau. ,,Heute wird das sowieso nichts mehr, Ms. Baker."

,,Bitte, ich würde auch das Doppelte bezahlen", flehe ich.

,,Tut mir leid, aber mein Bruder kann heute nicht so lange auf meine Tochter aufpassen, also wird das nichts." Ich kann deutlich hören, wie er sich über das stoppelige Kinn reibt.. ,,Morgen könnte es klappen. Passt Ihnen das? So gegen 11 Uhr?"

Ich bin ein bisschen abgelenkt von diesem ungewohnten Geräusch und auch davon, wie attraktiv allein eine so tiefe Stimme sein kann, sodass ich stottere, als ich antworte:,,J-Ja. Das passt g-gut."

Scheiße, was ist nur los?

,,Gut, schicken Sie mir Ihre Adresse und dann sehen wir uns morgen. Ich muss erst einmal selbst sehen, wie hart es die Treppe getroffen hat."

,,Danke, bis morgen", murmle ich inzwischen nur noch. Im selben Moment legt er auf - keine Ahnung, ob er meine Verabschiedung überhaupt abgewartet hat oder schon nach seinen Worten das Handy vom Ohr genommen hat.

Ich runzle die Stirn und bleibe noch ein paar Minuten wie versteinert stehen.. Dann beschließe ich, mir zwar noch einen Kaffee zu machen, aber mir demnächst einen Termin beim Arzt zu reservieren.

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Am nächsten Morgen

,,..Beweise vorlegen, ansonsten müssen sie ihn sowieso in ein paar Stunden gehen lassen", beeile ich mich gerade zu sagen, weil jemand geklingelt hat.

,,Du erwartest wohl Besuch?", fragt Matthew und Samantha kichert im Hintergrund. Die zwei sind meine "Work-Besties" und wissen, wie miserabel mein Privatleben läuft seit.. Naja, seit immer eigentlich.

Hin und wieder gehe ich zwar mal feiern, aber wirklich nur, wenn ich von den beiden dazu gezwungen werde. Ich vergrabe mich sehr viel lieber in meiner Arbeit, mische mir meine eigenen Cocktails und entspanne mich bei einer Runde Netflix. Alleine.

Meine letzte Beziehung ist schon ein Jahr her, seitdem habe ich keinen Mann mehr getroffen. Samantha zieht mich damit gerne auf, aber ich kann damit leben. Ich brauche keinen Mann, weil ich mein eigenes Geld habe. Und einen aufladbaren Vibrator in meiner Nachttischschublade.

Die SMS von meinem Ex nerven mich nur, statt mir zu schmeicheln. Ich habe klare Regeln für eine Beziehung und ganz oben steht Treue. Nur waren Jackson diese Regeln offensichtlich nicht klar - ich habe mich sofort von ihm getrennt und seitdem läuft er mir wie ein räudiger Hund hinterher.

,,Ich muss Schluss machen, ihr Hübschen", informiere ich die Beiden über unseren Videoanruf.

,,Ja, ja, Addie. Wir wissen genau, was du so treibst", blufft Matthew.

,,Und das auch noch während der Arbeitszeit, du bist wirklich knallhart, Süße. Den Mut hätte ich ja nicht", stimmt Samantha ein.

Ich lache, während ich mit dem Handy in der Hand zur Tür jogge und die Haustür unten öffne, indem ich den Schalter drücke. ,,Das müsst ihr gerade sagen. Solltet ihr nicht eigentlich eure Klienten betreuen?", feixe ich.

,,Viel Glück mit der Treppe", wechselt Samantha schnell das Thema und grinst von einem zum anderen Ohr.

Wir verabschieden uns und ich lege mein Handy auf die Flurkommode. Ich wohne im 2. Stock und es dauert nicht sehr lange, bis mein bestellter Handwerker vor mir steht.

the fire within usWo Geschichten leben. Entdecke jetzt