Kapitel 6 - Ein Date im Schloss

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"Dieses BD ... habe ich aus meinen eigenen Erinnerungen machen lassen. Ich würde es dir gerne zeigen." Verblüfft blickte Veit dem schwarzhaarigen Todesboten in die Augen. Ein BD aus seinen eigenen Erinnerungen?

Jetzt bin ich gespannt!

"Einverstanden!"

Shiro reichte Veit eine BD-Brille, mit denen die Braindances abgespielt und sie in das Innere von Shiros Erinnerungen eintauchen konnten. Die beiden legten sich nebeneinander auf das Bett, setzten sich die BD-Brillen auf und starteten den Braindance.


Als Veit die Augen wieder öffnete, befand er sich nicht mehr in Shiros Zimmer, sondern auf einem großen Grasfeld, umgeben von einigen Hügeln. Veit kannte diese Gegend. Sie waren in Arken!

"Dreh dich mal um", verlangte Shiro und Veit folgte der Anweisung. Das Schloss von Arken ragte vor ihm auf in all seiner damaligen Pracht. Wie lange schon war er nicht mehr in Arken gewesen? Viel zu lange.

"Willkommen in meiner Heimat!", lächelte der schwarzhaarige und führte Veit die Treppen zum Eingangstor hinauf. "Hier bin ich aufgewachsen."

Veit kam kaum aus dem Staunen raus. All das war lediglich eine Erinnerung, die auf ihre Netzhäute projiziert wurde, aber es fühlte sich so echt an. Kaum zu glauben, dass ihre Körper eigentlich noch in Shiros Schlafzimmer in Night City auf dem Bett lagen.

"Schicke Hütte", erwiderte Veit und trat mit Shiro durch das Eingangstor ins Innere des Schlosses. "Kad war vor vielen Jahrhunderten der König von Arken, weißt du?" Wieder spielte Veit einfach mit. Dass Shiro bereits von Kad erfahren hatte, dass er und Veit sich bereits kannten, wusste der Todesbote schließlich nicht. "Dann bist du also ...?"

"Ich war damals der Prinz von Arken, ja. Streng genommen sind wir es immer noch, aber naja ... Arken fiel vor langer Zeit. Wir sind also quasi ein König und ein Prinz ohne Reich. Im Übrigen hat mir Kad erzählt, dass ihr euch kennt, also musst du nicht mehr so tun, als wäre dir all das fremd." Verlegen rieb sich Veit den Nacken. "Aber wenn du weißt, dass wir uns kennen ... warum zeigst du mir dann dieses BD, wenn du doch weißt, dass wir uns kennen und ich deine Heimat entsprechend ebenfalls kenne?"

Das Lächeln auf Shiros Lippen wirkte beinahe verlegen. "Vielleicht hoffe ich ja, dass sich dadurch auch etwas in meinem Hirn tut. Womöglich sogar, ohne dieses ..." Er mimte mit seinen Händen eine Explosion neben seinem Kopf, um den Funkenflug seiner Implantate nachzuahmen. "Du verstehst?"

"Total. Jedoch verstehe ich nicht, warum du dir die Implanate nicht entfernen lässt, wenn du doch solche Probleme damit hast?" Für einen Moment herrschte Schweigen. "Hast du schonmal erlebt, dass ein Ripperdoc, die Körperteile und Organe, die er durch Cyberware ersetzt, aufbewahrt und bereithält, falls jemand doch kein Cyberpunk mehr sein will?"

"Äh ... nein."

"Siehst du. Und downgraden würde ebenso wenig etwas bewirken, da ich die Abstoßungsreaktionen nach wie vor hätte, also macht es kaum einen Unterschied", erklärte Shiro schulterzuckend. "Wie lange weißt du das schon, dass es dir nichts bringen würde, zu downgraden?"

"Schon eine Weile ... ich glaube, es war noch vor meinem ersten Anfall, da spürte ich bereits, dass mein Körper die Implantate nicht gut annimmt. Also habe ich mich mit dem Ripperdoc getroffen und nachgefragt. Der hat mir all das erklärt."

"Und warum hast du das deinem Bruder und Yasu nicht genauso erklärt, anstatt ihnen zu sagen, dass du nicht als schwach gelten willst?" Shiro biss sich auf die Lippe. "Kad macht sich schon genug Sorgen um mich und kämpft immer noch mit massiven Schuldgefühlen, weil er im Grunde zwei Mal für meinen Tod verantwortlich war. Wenn ich ihm sage, dass ich mit Entfernung der Implantate ebenfalls nicht mehr überlebensfähig wäre, würde das seinem Gewissen kein bisschen helfen ... immerhin hatte er mich ja quasi dazu überredet, ein Cyberpunk zu werden. Kad tut zwar auch so stark und standhaft, aber er hat immer noch schwer mit den Ereignissen von damals zu kämpfen."

Cyberpunk TodesbotenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt