Verliebt?

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(Johns POV)

Etwas ist anders. Anders als beim letzten Mal, aber vor allem anders als eben noch. Der kühle, distanzierte Ausdruck fällt förmlich aus Sherlocks Gesicht, zusammen mit dem überheblichen Glitzern in seinen Augen. Er tritt wieder nah an mich heran, sieht mit gerunzelter Stirn auf mich herab, sein Atem trifft warm auf mein Gesicht. In seinem Blick liegt etwas Unsicheres, Fragendes, seine Augen bohren sich eindringlich und tief in meine. Still sehen wir uns an, unsere Blicke halten aneinander fest, so wie ich ihn gerne mit meinen Händen halten würde. Der Gedanke irritiert mich und löst gleichzeitig ein warmes Kribbeln in mir aus, welches sich rasch in ein heißes Brennen auf meiner Haut verwandelt.

„Zeigen Sie es mir", flüstert Sherlock und seine Stimme ist plötzlich seltsam belegt. Seine Augen springen hektisch zwischen meinen hin und her.
„Was?", frage ich ebenso leise zurück. Mein Herz rast. „Was soll ich Ihnen zeigen?"
„Wie ich Sie Ihren Namen vergessen lasse."

Sherlocks Stimme jagt als hitziger Schauer über meinen Rücken und meine Hände zucken in seine Richtung, aber ich verbiete es mir, ihn zu berühren. Das haben Sie doch schon längst geschafft, denke ich, sagen tue ich nichts. Zu überfordert bin ich von diesem Gedanken und der verlangenden Hitze in mir. Dabei würde ich nur zu gern etwas sagen, was die Situation entschärfen, bestenfalls beenden würde, etwas wie Ich bekomme bei Männern sowieso keinen hoch, aber das stimmt nicht, und das weiß Sherlock mittlerweile fast noch besser als ich.

„Sherlock", sage ich bemüht beherrscht. Meine Stimme klingt kratzig und gar nicht nach mir. „Was erwarten Sie von mir?"

Beinahe hätte ich wollen gesagt und habe mich gerade noch rechtzeitig dagegen entschieden. Das Gespräch soll keine noch kompliziertere, eindeutigere Richtung einschlagen als es das sowieso schon längst getan hat. Sherlock legt scheinbar überlegend den Kopf schief, aber ich sehe ihm an, dass er die Antwort darauf schon längst weiß. Seine Mundwinkel zucken, sein Blick huscht kurz zu meinem Mund, nur ganz kurz, als wäre er gestolpert. Er macht einen Schritt auf mich zu und ich noch einen zurück, spüre die Wand in meinem Rücken und seine anziehende Wärme. Sherlocks Duft steigt mir in die Nase, als er sich vorbeugt und seine Arme rechts und links von meinem Kopf platziert, und ich beiße mir auf die Zunge, um mich von dem quälenden Verlangen in mir abzulenken. Erfolg habe ich keinen.

„Dass Sie mir zeigen, wie ich es Ihnen zurückgeben kann."

Es. Bilder zucken durch meinen Kopf, Bilder, die mich seitdem verfolgen und die ich dort nicht haben will. Sherlock, wie er unter mir liegt, den Mund atemlos geöffnet, ein stilles Seufzen auf den rotgeküssten Lippen, Sherlock, wie er sich mir entgegendrängt, Sherlock, wie er sich auf den Unterarmen abstützt, mich dabei beobachtet, wie ich meine Lippen tiefer wandern lasse, Sherlock, der sich noch im selben Moment stöhnend nach hinten fallen lässt, Sherlock, wie er kommt. Dieses Bild quält mich mit Abstand am meisten. Dieser freie Fall auf seinem schönen Gesicht.

„Sherlock ...", hauche ich und dieses Mal bemühe ich mich gar nicht erst darum, meine bebende Stimme fest klingen zu lassen. „Wir wollten das doch sein lassen."

Gleich hat er mich. Das weiß ich. Und er weiß es auch. Weil das elektrische Knistern zwischen uns zu laut wird, um es zu überhören. Weil die Spannung kurz davor ist, zu reißen, wie ein bereits angerissener Faden, der zwischen uns gespannt ist. Weil ich meine Selbstbeherrschung in der Art verliere, wie Sherlock mich ansieht. Weil die Hitze zwischen uns unerträglich wird. Weil die Stimmung plötzlich umschlägt.

„Ich zwinge Sie nicht, zu bleiben", erwidert Sherlock und ich schließe verzweifelt die Augen, weil seine tiefe, raue Stimme mir den Verstand raubt. „Wollen Sie gehen?"

Ich beiße mir auf die Unterlippe, um das überwältigte Keuchen zu unterdrücken, welches sein Blick in mir auslösen will. Sherlock sieht unwiderstehlich aus. Seine schwarzen Locken fallen ihm zerzaust in die Stirn und wecken das Verlangen in mir, sie zurückzustreichen. Seine Augen sind groß und dunkel, seine Pupillen stark geweitet, sein Atem trifft schnell und flach auf mein Gesicht. Ich schlucke schwer, befeuchte nervös meine Lippen, meine Augen zucken kurz zu seinen, mein Herz stolpert daraufhin unkontrolliert in meiner Brust umher. Und vielleicht ist es auch eben dieser Anblick, der mich nicht gehen lässt. Der mich zwischen ihm und der Wand stehen bleiben lässt und mich in ein zitterndes, gefühlsgesteuertes Wrack verwandelt.

PROMISE ME || LemonleliWo Geschichten leben. Entdecke jetzt