Kapitel 38

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Nachdem Seremus Luna in der folgenden halben Stunde mit deutlichen leichteren Themen wieder hatte etwas ablenken können, berichtete sie noch von ihren seit Wochen andauernden Träumen. Sobald das Wort Drache mehrfach gefallen war und dieser immer näher zu kommen schien, bestand der Bibliothekar darauf, mit Tian zu reden, sodass sich Luna schnellstmöglich auf die Suche ihres Drachen machte.

„Da die Träume sehr deutlich zeigen, dass sich Euch ein Drache nährt, braucht ihr in jedem Fall die Unterstützung Eures eigenen Drachen", schlussfolgerte er und gab in der Zwischenzeit Luna den Zettel mit der Prophezeiung zurück.

Verwundert hob diese den Kopf und sah Seremus an. „Wieso bedeutet der näherkommende Drache, dass er mir etwas antun will? Vielleicht ist es ja ein Drache, der mit wohlgesonnen ist? Ich meine, er stand neben mir gegen den Schatten in dem einen Traum oder hat die Wölfe vertrieben. Angegriffen hat er mich nie."

„Das kann nur eine Frage der Zeit sein und bis wir nicht sicher sagen können, wer dieser Drache ist oder wen er darstellen soll, müssen wir leider von der nicht so schönen Möglichkeit ausgehen", stellte Seremus klar. „Wenn Ihr wirklich die Mondprinzessin seid, dann müsst Ihr genau überlegen, wem Ihr vertrauen könnt. Und Drachen können uns ja leider nicht erklären, was sie vorhaben. Sie sind über die Maßen intelligent, verstehen, was wir Menschen sagen, und können mit uns auf andere Weise, wie Körpersprache, kommunizieren, aber sprechen gehört leider nicht dazu."

Luna biss sich auf die Zunge, um nicht auszuplaudern, dass eine tiefere Kommunikation möglich war. Nicht mit Sprache, aber mit Gefühlen und Bildern. Genug, um Beweggründe oder Gedanken dieser magischen Wesen zu verstehen.

Eine Frage wollte sie aber trotzdem loswerden: „Aber Reiter und Drachen können eine Verbindung eingehen, sind füreinander bestimmt, oder nicht? Zumindest sprechen alle davon."

Seremus nickte zustimmend. „Das stimmt. Jeder Reiter hat einen Drachen, der perfekt zu ihm passt oder andersherum, jeder Drache hat einen Menschen, der ihm am besten versteht. Dann entsteht eine Verbindung, die über das normale Verhältnis hinausgeht, aber miteinander ‚sprechen', das geht trotzdem nicht. Zusammen sind beide dann stärker und ein besseres Team als eine Person, der einen Drachen reitet, mit dem er nicht diese Beziehung hat. "

„Woher weiß ich, ob ich den Drachen gefunden habe, der mit mir harmoniert?"

„Das spürt man. Für jeden ist es anders, aber man bekommt es auf jeden Fall mit", lächelte Seremus nun. „Und genau deshalb ist es so wichtig, dass du so schnell wie möglich deinen Partner findest. Nur so hast du eine Chance, dich im Zweifelsfall verteidigen zu können."

Irgendwie hatte Luna das Gefühl, dass Seremus einmal jemandem vertraut hatte und diese Person ihn hintergangen hat. Als wollte er in ihren Träumen nur das Negative sehen. Er hatte aber auch recht, sollte dieser Drache ein Feind oder ein Symbol für nahende Gefahr sein, musste sie trainieren und dazu mithilfe ihres Drachens stärker werden. Sollte ein Krieg anstehen, konnte sie jede Hilfe gebrauchen.

Da sich der Himmel schon seit längerer Zeit rötlich eingefärbt hatte, verabschiedete sich Luna und ging zu ihrem Zimmer. Auf dem Weg versuchte sie, zu verarbeiten, was sie eben alles erfahren hatte und ob sie wirklich die Mondprinzessin sein konnte. Was ihr am wenigsten klar wurde, war, dass der Drache in ihren Träumen böse sein sollte. Das konnte nicht stimmen, da war sie sich sicher!

***

Als Cari, wie schon am Tag zuvor, die Vorhänge um halb sieben aufzog, war Luna froh, keinen anstrengenden Traum gehabt zu haben. Während sie gähnte, setzte sie sich auf und war erstaunt, keinen Muskelkater zu haben. Immerhin eine gute Sache.

Nach der Trainingseinheit mit Tian ging es für zwei Stunden ans Lernen, sich als Prinzessin zu benehmen und dann hatte sie weitere zwei Stunden Unterricht bei Amay, um ihre Tanzfertigkeiten zu verbessern. Cari hatte am Morgen noch gemeint, es gehe das Gerücht unter den Bediensteten umher, dass der Ball schon recht bald stattfinden soll, zu Ehren der Prinzessin. Noch mehr Stress! Das hatte Luna gerade noch gefehlt.

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