„Maglor," Maedhros hatte nicht erwartet, seinen Bruder so bald wieder zu sehen, hatte dieser doch seine Feste etwas weiter im Südosten errichtet und auch in Friedenszeiten wahrlich genug zu tun, „schön dich zu sehen." Eine kurze Umarmung, dann führte er ihn in eines der Zimmer, das für private Zwecke reserviert war.
„Setz dich. Was führt dich her?"
Fragend zog Maglor eine Augenbraue in die Höhe: „Kann ich nicht einfach meinen Bruder sehen wollen?"
„Könntest du, aber zufällig weiß ich," er deutete auf eine Schachtel, in der er all die Briefe seiner Brüder aufbewahrte, „dass du bis zum Hals in Arbeit steckst. Also, was gibt es?"
„Naja," Maglor überlegte einige Sekunden, „Moryo hat... etwas... gefunden. Ich weiß nicht genau, wie ich es beschreiben soll...," er fuchtelte hilflos mit den Händen. Dann schien er eine Idee zu haben.
Ein verschmitztes Lächeln huschte über sein Gesicht und er zog seine Harfe hervor: „Warte, ich beschreibe es dir."
Natürlich verdrehte Maedhros die Augen. Sie waren keine Kinder mehr, die ihre Zeit mit sinnlosen Spielen verbringen konnten. Trotzdem konnte er nicht anders, als aufmerksam zuzuhören, als die ersten Töne erklangen.
Hell und irgendwie glitzernd erinnerten sie an die Melodien, die ihren Vater und Curufin beschrieben, doch er meinte auch etwas von dem tiefen Dröhnen Aules zu erkennen.
„Handwerker," riet er und ohne, dass er es wollte, zog sich ein Lächeln über sein Gesicht. Wie lange war es her, dass sie das das letzte Mal gespielt hatten?
Die Musik wurde tiefer und erinnerte nun mehr an den Vala.
„Bergleute?"
Maglor nickte grinsend, bevor er zu einer ausgelasseneren Melodie ansetzte. Seine Finger hüpften über die Saiten, sodass es klang, als würden die Töne fange spielen.
„Kinder?"
Sofort wurde die Musik wieder ernst, beinahe grimmig und doch irgendwie... würdevoll?
„Ich glaube, ich kann es mir vorstellen," unterbrach Maedhros nach einer Weile. Irritiert blickte er seinen jüngeren Bruder an, „aber was in Arda ist das?"
Maglor zuckte nur mit den Schultern. „Moryo nennt sie Naugrim. Aber er konnte mir nicht sagen, woher sie kommen. Wahrscheinlich müssen wir uns einfach daran gewöhnen, dass sie da sind."
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Die silberne Harfe
FanfictionZwei Brüder, die kaum mehr miteinander sprechen. Eine Welt, die im Chaos versinkt. Und ein Instrument, dessen Töne allein es vermögen, die Stille zwischen den zwei ältesten Söhnen Feanors mit Worten zu füllen.