Raserei

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Maedhros saß neben ihm. Das Gesicht in den Händen verborgen.

„Morgen," murmelte er immer und immer wieder, „morgen. Bitte Kano. Lass mich dich noch ein letztes Mal hören. Bitte, sprich mit mir."

Seine Stimme versagte ihm den Dienst, also spielte Maglor.

Die Musik stürzte immer tiefer hinab in diesen alles verschlingenden, bodenlosen Abgrund aus Noten.

Ich vermisse sie.

Erzeugten einen unaufhaltsamen Strudel aus Melodien und Rhythmen, die sich überschlugen, sich verworren, ineinandergriffen.

Ich kann nicht mehr, Nelyo. Ich kann mich nicht dagegen wehren. Ich... Ich will das nicht tun, aber ich kann nicht-

Für eine Weile verstummte er, bevor seine Finger erneut über die Saiten glitten.

„Zwei," murmelte Maedhros tonlos, als er die vibrierende, leicht in die Höhe strebende Tonfolge vernahm, „zwei Bäume. Die zwei Bäume Valinors."

Maglors Augen wurden leer, als er sich an das alte spiel ihrer Kindheit erinnerte, nun auf eine verdrehte Art und Weise wieder lebendig. Es war falsch. Es stimmte nicht, alles war schiefgegangen und jetzt... nichts blieb mehr.

Also spielte er. Spielte er all die Takte, die seine Familie beschrieben. Die warmen, beruhigenden Töne, die Zuhause waren, während Nelyo sie mit dumpfer Stimme beschrieb, nicht einmal mehr auf Kanos Bestätigung wartend. Weil er die Töne kannte. Weil er tausende von qualvollen Jahren Zeit gehabt hatte, sie zu lernen. Weil er wusste, dass Kano all das spielte, was ihre Welt zerrissen hatte.

Am Ende saßen sie nebeneinander in der Stille. Zwei Kinder, die naiver Weise gehofft hatten, sie könnten die Dunkelheit für eine Weile vertreiben.

Die silberne HarfeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt