Nur wenige Stunden nachdem Nemesis ihr erklärt hatte, wie sie ihren Sternenstaub in das Land leiten konnte, fand sich Sezuna draußen im roten Sand wieder. Direkt hinter dem Knochenschloss.
Sezuna ging langsam auf dem Dämon zu, den sie in den Gängen schon einmal gesehen hatte. Er sollte ihr, laut Nemesis, den Kampf mit den Waffen lehren. Dabei hatte sie angenommen, dass sie mit Nemesis zusammen die Magie erlernen würde, aber scheinbar war Bel'shamaroth der Meinung, dass sie vorher mit ihm die Grundlagen der Kampfkunst üben sollte. Nicht, dass sie etwas dagegen hatte, doch Kampfkunst lag ihr ähnlich schlecht, wie die Grundlagen der Magie.
Sezuna verstand, warum das wichtig war, doch so richtig konnte sie sich nicht mit der Umgebung und ihren Kleidern abfinden. Sie wusste, dass diese magisch waren, denn sie spürte den Sternenstaub, doch irgendwie fühlte sie sich ungeschützt. Nicht für einen Zweikampf geeignet. Was wohl an der starken Aura lag, die ihr Gegenüber abgab. Sie war dunkel und einschüchternd.
Zudem umrundete der Dämon sie wie ein Raubtier, was Sezuna nur noch mehr das Gefühl gab, die Beute zu sein. Gleichzeitig spürte sie aber auch ein aufgeregtes Kribbeln. Dieses hatte sie bisher nur in der Gegenwart von Allan gespürt und sie wusste, dass es mit Macht zusammenhing. Bel'shamaroth strömte eine Kraft aus, die sie anzog. Ähnlich, wie es Allan tat. Nur, dass sie bei ihrem Adoptivbruder unterdrückt war.
»Ich denke, wir fangen erst einmal mit der richtigen Stellung an«, begann der Dämon, und der feurige Blick aus seinen violetten Augen musterte sie abschätzig. Dass er sich nicht vorstellte, wunderte Sezuna nicht. Zum Glück hatte Nemesis ihr bereits alles gesagt, was sie wissen musste.
Bel'shamaroth war ein Dämon und der Stellvertreter des Höllenfürsten. Damit war er sein engster Vertrauter. Was für Sezuna hieß, dass sie ihm ebenfalls vertrauen konnte. Dennoch war sein Blick so durchdringend und kalt, dass sie sich Sorgen machte.
Ein Schauer rann ihr über den Rücken, weshalb sie lediglich ein leichtes Nicken zustande brachte.
Als Bel'shamaroth nach ihr griff, war sie zuerst ängstlich, doch obwohl sein Griff fest war, tat er ihr nicht weh, während er ihr zeigte, wie sie zu stehen hatte, wenn sie nicht sofort auf der Nase landen wollte. Zudem erklärte er ihr, wie ihr Stand ihre Standfestigkeit beeinflusste.
Alles wirkte sehr theoretisch, doch für Sezuna war das gerade gut. Mit dem Praktischen hatte sie, zumindest bei körperlichen Aktivitäten, immer größere Probleme. Daher hoffte sie sehr, dass sie durch seine Erklärungen verstand, warum sie wie dastehen musste.
Nachdem er die Unterschiede und wichtigen Aspekte genannt hatte, holte er einen Langstab hervor. Zuerst glaubte Sezuna, dass sie nun Stabkampf üben würden, doch Bel'shamaroth befahl ihr, sich in eine Position zu begeben, die er ihr gerade gezeigt hatte.
Nur mit Mühe stellte sich Sezuna so hin, wie sie glaubte, dass es richtig war. Nur lag sie dabei falsch. Mit einer Bewegung, die elegant, aber deutlich langsamer war, als sie erwartet hatte, zog der Dämon ihr die Beine weg und sie landete im Dreck. Sezuna japste nach Luft und drückte sich wieder nach oben.
»Verstehst du jetzt, warum es so wichtig ist?«, fragte er, als hätte sie es vorher nicht verstanden.
Etwas beleidigt nickte Sezuna, beschwerte sich jedoch nicht und stand wieder auf. Würde das jetzt so weiter gehen?
Erneut befahl er ihr, sich hinzustellen und nannte eine Gegnerart. Es gab so viele Varianten und für jeden Gegner eine passende, stabile Körperhaltung. Es war wichtig, wie groß der Gegner war, was seine Waffe war und ob er mit Armen oder Beinen angriff.
Da der Dämon ihr alles nur einmal erklärt hatte, war es wirklich schwer, immer alles zu reproduzieren und so landete sie mehrere Male auf dem Boden.
Ihr war bewusst, dass sie danach sehr viele blaue Flecken haben würde, doch gleichzeitig hatte sie auch das Gefühl, etwas zu lernen. Diese Art der Übung war ihr sogar lieber, denn das erinnerte sie an Yui. Diese schlug eigentlich immer recht heftig zu. Damit wurde ein richtiger Kampf simuliert, was Sezunas Kampfgeist zumindest in den meisten Fällen weckte.
Sezuna kam das Zeitgefühl abhanden und als der Dämon endlich die Übungsstunde beendete, wusste sie nicht, wie spät es eigentlich war. In der Hölle herrschte permanentes Zwielicht, weshalb sie sich nicht einmal am Stand der Sonne orientieren konnte. Hatten sie eine Stunde oder sogar mehr geübt?
Es war egal, ihr Körper schrie nach Ruhe und sehr viel länger hätte sie diese Art von Übung wohl nicht durchgehalten. Vor allem nicht, da sie sicherlich keine einzige Stelle mehr hatte, an der sie nicht blau war.
Leicht humpelnd und die Arme reibend, aber nicht meckernd, machte sie sich auf den Weg zurück in die Räume, die ihr zugeteilt worden waren. Am besten wäre jetzt wohl ein heißes Bad.
In den Fluren begegnete sie Eve, deren Augen groß wurden, als sie Sezuna sah. »Ach du Schreck«, brachte sie geschockt hervor.
Sezuna konnte nicht sagen, was das Mädchen hier wollte oder warum sie so entsetzt reagierte.
Eve musterte Sezuna eingängig. »Du solltest dich waschen«, sagte sie zögerlich. »Wer hat dich so verprügelt?«, fragte Eve mit einem Unterton, den Sezuna von Allan kannte. Das sorgte dafür, dass sie die Augen verengte. Warum reagierte Eve so ... so beschützend? Als würde sie gleich in den Kampf ziehen, sobald Sezuna ihr einen Namen sagte.
»Niemand hat mich verprügelt. Ich habe mit Bel'shamaroth Kampfkunst geübt«, sagte sie vorsichtig, als würde jedes Wort Eves Ärger schüren. Sie wollte wirklich nicht, dass Eve sich mit Bel'shamaroth anlegte, auch wenn sie nicht glaubte, dass sie das tun würde. Sicher war sicher. Sie kannte Eve nicht gut genug, um sie richtig einschätzen zu können.
»Das erklärt es«, meinte Eve, die noch immer angespannt wirkte. Gleichzeitig musterte sie Sezuna, als würde sie versuchen, ihre Gefühle zu erspüren.
Soweit sich Sezuna erinnern konnte, hatte Nemesis etwas in diese Richtung gesagt. Höllendämonen konnten Gefühle erspüren und sich von diesen nähren. Ähnlich, wie es Vampire mit Blut taten. Allerdings hatten die Dämonen so auch Einblicke in die Gefühlswelten ihrer Gegenüber. Das hieß wohl, dass Eve wirklich ihre Gefühle fühlte, weshalb sie versuchte, möglichst ruhig zu bleiben. Sezuna war nicht wütend, traurig oder verärgert. Vielleicht ein wenig enttäusch darüber, dass sie nicht so gut gewesen war.
Ihre Gefühle schienen Eve zu beruhigen und langsam konnte Sezuna sehen, dass diese sich entspannte.
»Sehe ich wirklich so schlecht aus?«, wollte Sezuna wissen. Die Übungsstunden mit Yui waren ebenfalls immer sehr anstrengend und nicht selten war sie dabei verletzt worden. Sie war es also gewöhnt. Das konnte jedoch keiner hier wissen, da sie bisher nicht von Yui erzählt hatte.
»Vielleicht liegt es am Dreck«, murmelte Eve und deutete, dass Sezuna ihr folgen sollte.
Das tat sie auch, während sie das Mädchen von hinten musterte. Eve war eine Schönheit. Sezuna bemerkte, wie sie sogar etwas neidisch wurde. Solche langen Haare wünschte sie sich auch. Auch mit diesem wunderschönem Farbverlauf. Es war nicht so, dass sie ihr rotes Haar nicht mochte, doch es war sogar in ihrer Heimat ein sehr eindeutiger Indikator darauf, mit wem sie verwandt war. Das war nicht immer sehr praktisch.
Eve führte sie in einen Bereich, in dem unterschiedliche Bäder lagen. Sie schien entschieden zu haben, dass beide die heißen Quellen nutzten. Eve drückte Sezuna ein Handtuch aus einem Vorraum in die Hand und führte sie dann zu einem Zimmer, in dem sie begann, sich auszuziehen. Dabei kam sehr helle Haut zum Vorschein, die Sezunas Aufmerksamkeit auf sich zog.
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Sezuna - Kind der Hölle (Die Mittlere Galaxie 1)
FantasyNach einem schief gelaufenen Zauber ihrer besten Freundin, einer Hexe namens Yui, landet die junge Itari Sezuna an einem Ort, der sich sehr bald als Hölle herausstellt. Neben dem Cerberos trifft sie auch auf ihren neuen Mentor. Keinen geringerem, al...