Kapitel 4.3

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»Dann setz dich und lass mich dir davon erzählen«, sagte er und deutete auf den Tisch. Dieser Einladung konnte Sezuna nicht widerstehen.

»Damals, als in der Welt nur reiner Sternenstaub existierte, begann dieser sich zu bündeln und schuf ein Gedächtnis«, begann Nemesis zu erzählen, während Sezuna lauschte, sich aber gleichzeitig über das Essen hermachte. Der Raum war irgendwie gemütlich, auch wenn er mehr einem Arbeitszimmer glich. Die Stühle waren einfach und in der Ecke stand ein Schreibtisch. Ob der Höllenfürst hier arbeitete? Was war überhaupt seine Arbeit?

Gedankenverloren knabberte Sezuna auf einem Stück Brot herum, das schmeckte wie gerade erst gemacht. Es war sogar noch warm, dabei hatte sie geglaubt, dass Dämonen solche Nahrung gar nicht zu sich nahmen. Woher kam das Getreide für dieses Lebensmittel? Sie hatte keine Felder gesehen. Das hieß wahrscheinlich, dass die Dämonen Handel trieben.

Nemesis ruhige Stimme holte sie aus ihren Gedanken und sorgte dafür, dass sie ihre Ohren wieder spitzte, um ihm zuzuhören. Was er über das Gedächtnis erzählte, war faszinierend.

»Jedes Element, das heute noch im Sternenstaub vorhanden ist, wurde zu einem Wesen, das wir heute als Alt- oder Urdrachen bezeichnen. Sie waren die ersten aller Lebewesen und so mächtig, wie die Zeit selbst«, erzählte Nemesis, während Sezuna lauschte. Drachen. Die ersten Wesen waren Drachen? Das hatte sie nicht gewusst. »Doch alles, was das damalige Nichts an Sternenstaub aufbringen konnte, vereinte sich in diesen Drachen, so dass ein sternenstaubleerer Raum entstand.« Sezuna dachte für einen Moment nach, als Nemesis eine Pause machte und sie fragend ansah. Sie selbst konnte sich einen sternenstaubleeren Raum nicht wirklich vorstellen, nickte aber, dass er weiter machen konnte. Es war einfach zu interessant, weshalb sie sich auch dazu zwingen musste, weiter zu essen und sich nicht zu sehr ablenken zu lassen.

»Es verging viel Zeit, bis die Drachen, die immer mehr zu denkenden, lebenden Wesen worden und nicht mehr nur bloße Energieansammlungen waren, entschieden, dass es an der Zeit war, ihre Macht zu nutzen. Darum erschufen sie den ersten aller uns bekannter Planeten. Den Planeten Yama.«

Überrascht sah Sezuna auf. Yama war der erste Planet, der erschaffen wurde? Sie hatte bisher geglaubt, dass man das nur so sagte. Sie selbst kannte immerhin nicht einmal andere Planeten und hatte deshalb keinen Vergleich. Aber, wenn der Höllenfürst das so erzählte, klang es irgendwie bedeutend.

»Geschaffen aus der Macht aller Sternenstaubdrachen bildet dieser die Mitte unserer Galaxie«, erzählte Nemesis und Sezuna konnte seiner dunklen, vollen Stimme einfach nur lauschen. Es war, als würde er ihr ein Märchen erzählen. Ein sehr interessantes Märchen.

»Als dieser Planet geschaffen war, lösten sie ihre Kooperation auf. Warum sollten sich alle von ihnen um diese Dinge kümmern, wenn sie doch auch allein den Planeten bevölkern könnten? Während die meisten Drachen solche Wesen wie Fische, Tiere oder Pflanzen schufen, wollte der Blitzdrache etwas Anderes. Etwas Mächtigeres. Er erschuf das erste menschenähnliche Wesen und stattete es mit der Macht der Blitze aus. So wurde der Mikito geboren. Im Volksmund nennt man sie auch Blitzgötter, da sie die uralte Macht des Blitzdrachen verkörpern.«

Sezuna hielt in ihrer Bewegung, die Frucht zu essen, inne und starrte Nemesis überrascht an. Die Mikitos waren die ersten erschaffenen Wesen? War das der Grund, warum man sie sogar Blitzgötter nannte? Gebannt von seiner Stimme hielt sie die Frucht in der Hand und konzentrierte sich nur noch auf das, was Nemesis erzählte. Dass ihr der Saft über die Hand lief, störte sie kaum.

»Allerdings ging etwas schief. Sie waren so unbändig und gefährlich, dass sie die Kreationen der anderen Drachen bedrohten. Sie zerstörten, was überhaupt nicht Sinn ihrer Existenz hätte sein sollen.« In Nemesis Stimme lag keinerlei Wertung, dafür aber etwas, das klang, als würde er versuchen Spannung aufzubauen.

Neugierig und unruhig über die kleinen Pausen, die er immer wieder einlegte, damit sie darüber nachdenken konnte, begann Sezuna auf ihrem Stuhl herumzuwackeln und ihre Beine zu bewegen. Das ließ Nemesis schmunzeln, bevor er weitererzählte.

»Um das einzudämmen, damit der Planet, der doch ihre Kreation war, nicht ganz zerstört wurde, entschieden sich die Drachen erneut dazu, zusammenzuarbeiten. Sie erschufen eine junge Frau, die in der Lage sein sollte, das Chaos, das die Mikitos angestellt hatten, zu richten. Sie wurde von allen Sternenstaubdrachen geschaffen und war sehr stark. Sie sollte als erste Hüterin in die Geschichte der Mittleren Galaxie eingehen«, erklärte Nemesis und nahm einen Schluck einer roten Flüssigkeit, die verdächtig nach Blut roch, aber auch eine Weinnote hatte.

Statt ihn zu unterbrechen, lauschte Sezuna und warf ihm immer wieder neugierige Blicke zu. Ihr war aufgefallen, dass er immer wieder kleine Pausen machte und sie musterte. Wahrscheinlich, um herauszufinden, ob sie folgen konnte.

Er schien scheinbar damit zufrieden, weshalb er gleich darauf weitererzählte: »Weil die Drachen Angst hatten, dass die Frau genauso durchdrehen würde, wie die Mikitos, entschieden sie sich dazu, ihr einmal im Monat ihre Kräfte zu rauben und sie verletzlich zu machen. Zudem musste sie sich in dieser Zeit regenerieren, denn viel Macht schadet dem Körper.

Man munkelt, dass diese erste Hüterin eine Itari war. Sie vereinte die Tiere, die von allen anderen Drachen geschaffen worden waren, in sich. Aber der Schattendrache entschied für sie, dass sie ihre Magie und Kraft aus dem Blut anderer ziehen sollte.« Das waren sehr interessante Informationen. Ihre Rasse entstammte also einer viel längeren Linie, als sie angenommen hatte. Sie waren zwar nicht die ersten, doch sehr bedeutend, wie es schien.

»Zuerst ging alles gut, doch bald schon schwebte die Hüterin in Gefahr. Die Mikitos nutzten es aus, dass sie verletzlich war, und so schufen die Drachen die ersten Lycaner. Auch wieder nach dem Bild der Tiere, die sie so liebten. Wölfe, die jedoch in der Lage waren, eine menschliche Form anzunehmen. Sie waren es, die man als erste Krieger bezeichnete. Sie sollten in der Lage sein, so wie die Drachen, die Mikitos und auch die Hüterin, Magie zu verwenden. Man gab ihnen die Gabe, den Sternenstaub zu formen. So wollten sie das Kräftegleichgewicht auf der Welt erhalten.« 

Sezuna - Kind der Hölle (Die Mittlere Galaxie 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt