29 | Unerwartete Hilfe

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„Inspektor, haben Sie einen kurzen Augenblick?" Inspektor Cotta sah von seinem Schreibtisch auf und blickte die junge Polizistin an, die im Rahmen seiner halboffenen Bürotür stand.

„Sicher, kommen Sie rein, Officer Johnson." Cotta räumte ein paar Papiere zusammen, in denen er gerade vertieft gewesen war und sortierte sie wieder in die Akte.
„Immer noch der Fall ‚Skinner Norris?'", fragte die junge Frau interessiert, als sie auf dem Stuhl Platz nahm, den Inspektor Cotta ihr anbot. Der Inspektor nickte und räumte noch ein paar Seiten in den Pappordner, während er seine Gedanken sortierte.

Officer Johnson war noch nicht lange auf ihrem Revier angestellt. Sie war erst vor kurzem aus Las Vegas hierher versetzt worden und daher kannte Cotta sie noch nicht sehr gut. Rein äußerlich war sie der perfekte Cop. Groß, sehr sportlich und auffallend selbstbewusst. Trotzdem verlor sie nie den Respekt vor ihren Vorgesetzten. Sie hatte ein paar Jahre in der Armee gedient. War sogar mehrmals bei Auslandseinsätzen dabei gewesen. Gehorsam lag ihr und Cotta hätte sich glücklich schätzen sollen, solch eine gut ausgebildeten Polizistin in seinem Team begrüßen zu dürfen.

Allerdings waren die Umstände, die sie nach Rocky Beach geführt hatten, ein wenig nebulös. Man hatte Cotta anfangs weismachen wollen, dass Officer Johnson nach ihrer Versetzung gebeten hatte, um in Santa Monica ihre kranke Mutter zu pflegen. Nach ein paar Anrufen bei alten Kollegen stellte sich jedoch schnell heraus, dass der Umzug an die Küste wohl eher Johnsons zweite Wahl gewesen war. Ursprünglich hatte sie die Stelle in Pines Creek antreten sollen. Und diese, wie Cotta schnell herausfand, auch nicht ganz freiwillig.

Johnsons Fürsprecher, ein Kollege, den Cotta nie hatte wirklich leiden können, beteuerte, dass sie eine fähige Polizistin und nette Person sei. Aus seiner Lobrede hörte Cotta allerdings heraus, dass man sie in Las Vegas nicht mehr beschäftigen wollte.  „Es gibt für alles eine Zeit", hatte Kommissar Carter gesagt. „Und für Johnson ist nun die Zeit gekommen, weiterzuziehen."

Cotta wollte jedem eine zweite Chance geben. Auch wenn Officer Johnson in Las Vegas nicht mehr gern gesehen war, so wollte er sie nicht im Vorhinein verurteilen. Trotzdem blieb er skeptisch und vorsichtig, als sie ihn zu offensichtlich nach Skinners Fall fragte. Ein so deutliches Interesse an Skinner Norris, den sie ja nicht kannte, verwunderte ihn. Etwas widerwillig hatte er sie heute Morgen mit dem Kollegen Goodween zum Schrottplatz gehen lassen. Als sie danach mit Justus hereingekommen war, wäre sie wohl gerne mit in Cottas Büro gekommen, um zu hören, was man dem Jungen vorwarf.

Der Inspektor war sich sicher, dass er die junge Kollegin vor der Tür gesehen hatte, als Justus ihm durch die Blume gesagt hatte, dass Skinner noch lebte. Auch wenn er Justus Ehrlichkeit in dieser Sache schätzte, war es ein denkbar schlechter Zeitpunkt für diese Offenbarung gewesen. Nun musste Cotta all seine Worte in diesem Fall ihr gegenüber mit Bedacht wählen. Denn auch wenn er ahnte, dass Justus dem Flüchtigen in irgendeiner Weise half, so wollte er seinen guten Freund doch auch beschützen. Sicherlich hatte er einen guten Grund für sein Verhalten.

„Ich bin eben noch einmal durch die Akten gegangen", erzählte Cotta bereitwillig, ohne groß Details zu verraten. „Dabei habe ich leider nichts Neues herausgefunden", bluffte er. „Aber deshalb sind sie sicher nicht hier. Wie kann ich Ihnen helfen?" Johnson saß Kerzengerade in dem Stuhl vor Cottas Schreibtisch und sah etwas enttäuscht aus. Vielleicht hatte sie tatsächlich mit Neuigkeiten gerechnet.

„Ich wollte Sie nur darüber informieren, Inspektor, dass ein Streifen-Polizist Mrs. Jonas gesehen hat, wie sie auf den Schrottplatz zurückgekehrt ist. Da ich meine Arbeit hier im Revier bereits erledigt habe, würde ich mich anbieten, noch einmal hinzufahren und den jungen Mister Jonas zu den Fingerabdrücken zu interviewen. Seine Tante wäre ja nun dabei. Wenn das okay ist, Inspektor."

Drei ??? (3) - EscapeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt