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Ich liege jetzt schon seit zwei Stunden wach. Es hat keinen Sinn, weiter im Bett zu liegen. Ich will aber schlafen. Also gehe ich leise in die Küche und trinke ein Glas warme Milch. Ich weiß nicht, warum sein Traum mich so geschockt hat. Ich habe wirklich keine Ahnung. Ich hoffe ich kann, nachdem ich die Milch getrunken habe, einschlafen.
Ich gehe zurück ins Bett und schlafe endlich nach einer halben Stunde ein.

Am nächsten Tag beschließe ich Trevor anzurufen. Ich habe schon lange nichts mehr von ihm gehört und vermisse ihn.
"Hallo, Liebes. Wie geht's dir?", fragt er, als er nach dem zweiten Klingeln abhebt.
"Hallo! Ganz gut, wie geht es dir?"
"Auch gut. Ich habe schon lange nichts mehr von dir gehört."
"Ich vermisse dich so sehr."
"Ich dich auch, Chloe. Wir sollten uns bald mal wieder treffen. Ich melde mich bei dir, wenn ich Zeit habe."
"Ist gut. Ich werde auf deine Nachricht warten."
"Ich muss jetzt los. Die nächste OP wartet. Pass auf dich auch."
"Du auch."
Das war ja mal ein langes Gespräch. Ich bin glücklich, dass ich seine Stimme wieder hören konnte. Ich wünschte, er wäre jetzt bei mir. Ich muss ein meine Mutter denken. Sie wäre gleich hierher gekommen, da sie nichts zu tun hätte.
"Guten Morgen", sagt Henry und ich zucke zusammen. Ich war zu tief in Gedanken bei meiner Mutter.
"Guten Morgen. Hast du gut geschlafen?", frage ich ihn, um mich abzulenken.
"Ja, besser als sonst. Und du?" Er gießt sich etwas von dem schwarzen Kaffee in eine Tasse.
"Ja, auch gut", lüge ich. Ich habe kaum Schlaf bekommen. Die Milch wirkte nur für zwei Stunden. Dann wachte ich wieder auf und starrte die Decke an.
"Hast du schon Pläne für den heutigen Tag?", fragt er und trinkt einen Schluck Kaffee.
"Nein, nicht wirklich."
Er setzt sich neben mich und grinst mich an. Ich weiß nicht warum er grinst, aber er bringt mich zum Lächeln.
"Was ist?", frage ich und muss kichern.
"Ich hätte da einen Vorschlag. Wir räumen eines der Gästezimmer aus und machen ein Kinderzimmer daraus", erzählt er aufgeregt.
Also damit hätte ich nie gerechnet. Die Idee ist nicht einmal so schlecht, aber sie hat einen Hacken.
"Keine schlechte Idee. Aber wir wissen nicht, was für ein Geschlecht es hat."
"Das ist doch egal. Wir müssen das Zimmer ja nicht in blau oder rot einrichten. Ich hätte da an etwas elegantem gedacht. Farben der Natur. Alles in grün, braun, weiß, die Farben der Natur. Was denkst du?"
"Das ist eine tolle Idee! Wir können sofort anfangen!", quietsche ich. Die Idee gefällt mir wirklich sehr gut. Und ich hatte mich schon gefragt, ob ich wieder einen langweiligen Tag verbringen würde. Aber Henrys geniale Idee hat meinen Tag erhellt.
Er lacht und hustet hinterher. "Ich rufe gleich ein paar Jungs an, sie sollen das Zimmer ausräumen."
Mein Lächeln verebbt. "Hast du deine Medikamente genommen?", frage ich besorgt.
"Mache ich gleich", sagt er und lächelt mich an.
"Bitte, tu es jetzt."
Er nickt und gibt mir einen Kuss, bevor er aus der Küche verschwindet.
Ich darf nicht negativ denken. Bis jetzt läuft ja alles gut. Und es wird auch alles gut werden. Es muss einfach.

Später am Nachmittag stehen wir vor einer weißen Wiege in einem großen Möbelgeschäft.
"Was meinst du? Die Wiege ist weiß. Das Baby hätte das Gefühl auf Wolken zu schlafen", meint Henry achselzuckend.
"Ja, du hast recht. Nehmen wir die."
Später suchen wir uns eine kleine braune Kommode aus. Sowie einen Wickeltisch, ein Regal, eine Lampe und eine Menge von Plüschtieren.
"Wir brauchen noch Kleidung und den anderen Babykram", sagt Henry als wir im Auto sitzen. Das Mobiliar wird zu uns nach Hause gebracht.
"Das können wir doch morgen kaufen", schlage ich vor. Es ist schon spät und mir tun die Beine weh.
Er antwortet nicht und dreht das Radio lauter. Es läuft klassische Musik. Ich merke, dass wir gar nicht nach Hause fahren. Ich möchte ihn aber nicht fragen, wo er hinfährt. Er blickt angestrengt auf die Straße. Ich habe das Gefühl, er würde mir irgendetwas verheimlichen.
"Ist alles in Ordnung?", frage ich schließlich, da ich das Gefühl nicht los werde.
"Ja, alles gut", sagt er und lächelt mich breit an. Vielleicht werde ich nur paranoid. Wir halten schließlich vor einem Restaurant an. Gut, ich wäre schon fast verhungert. Wortlos steigen wir aus und gehen ins Restaurant. Drinnen steigt mir der wundervolle Geruch von Essen in die Nase und mein Magen knurrt noch stärker. Ein Kellner bringt uns zu einem Tisch in der Ecke und bringt die Speisekarten.
"Was nimmst du?", frag Henry und kratzt sich am Kinn.
"Alles."
Er lacht herzhaft. "Da hat jemand heute aber mal Hunger."
Schließlich entscheide ich mich für Salat, Lasagne und einen Schokoladenkuchen. Henry bestellt sich nur ein Steak mit Gemüse.
"Wie fühlst du dich?", fragt er, als der Kellner in die Küche verschwunden ist.
"Fett", gebe ich zu und bereue meine Bestellung. Aber ich habe nun mal Hunger.
"Ich kann dir versichern, dass du das nicht bist", kichert er.
Ich habe ihn schon seit langem nicht mehr so fröhlich gesehen. Hoffentlich bleibt seine Stimmung so. Ich lächle ihn an. Mein Handy vibriert in meiner Jackentasche. Es ist eine Nachricht von Trevor.
Ich habe mir für nächste Woche zwei Tage freinehmen können. Passt es da für dich? - T
Ich bin froh, dass wir uns schon sehr bald treffen können. Lächelnd antworte ich ihm, dass es sehr gut passt und stecke das Handy zurück in meine Jackentasche.
"Wer war das?", fragt Henry neugierig.
"Trevor. Ich habe ihn heute Morgen gefragt, ob wir uns nicht bald treffen könnten, weil ich ihn so vermisse. Er hat geschrieben, dass er nächste Woche kommen kann", erzähle ich ihm glücklich.
"Das freut mich."
Der Kellner kommt mit unser Essen und ich stopfe mir gleich Lasagne in den Mund. Es schmeckt so verdammt gut.
"Ich sollte mal morgen wieder zur Arbeit", sagt Henry mit vollem Mund.
"Ich auch. Ich war-"
"Oh nein."
"Oh doch."
Er schaut mich mit zusammengekniffenen Augen an.
"Mir ist so langweilig zu Hause. Bitte, lass mich arbeiten", bettle ich und mache einen Schmollmund. Er versucht sich ein Lächeln zu verkneifen.
"Na gut."
"Danke", grinse ich.

Als wir am Abend daheim sind gehe ich ins Schlafzimmer um mir bequeme Sachen anzuziehen. Danach gehe ich zu dem neuen leeren Kinderzimmer. Als ich die Tür aufmache, bleibt mir der Atem weg.
Die Wände sind schon gestrichen und das Mobiliar aufgebaut. Es ist wunderschön. Die Wände toppen aber alles. Die Wände sind so bemalt, als ob man das Gefühl hätte, mitten in der Natur zu stehen. Bäume, Pflanzen, Berge, Wasserfälle und süße kleine Insekten schmücken jede Wand.
"Überraschung." Ich erschrecke mich und drehe mich zu Henry um, der im Türrahmen steht und mich beobachtet.
"Wann hast du... Wie? Ich war doch die ganze Zeit bei dir." Ich gehe zu ihm und umarme ihn fest.
"Ein Mann hat seine Geheimnisse."
Ich muss vor Freude kichern. "Danke", flüstere ich und stelle mich neben ihm. Wir betrachten gemeinsam das wunderschöne Zimmer.
"Es wird traurig werden, wenn wir in den späteren Jahren die Wände übermalen müssen", gebe ich zu.
"Allerdings."
"Waren die Wände deine Idee?"
"Vielleicht." Er lächelt schief. Es war seine Idee. Die tollste Idee, die er je hatte.

Secret Desire - Das Einzige was zähltWo Geschichten leben. Entdecke jetzt