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Ich komme langsam wieder zu mir. Ich befinde mich im Krankenhaus. Es ist zwar dunkel, aber ich weiß es durch das Piepsen der Monitore. Ich erinnere mich an nichts, nur dass ich einkaufen war. Mir tut alles höllisch weh. Ich taste mit der linken Hand meinen Bauch ab, als Panik in mir steigt. Erleichtert atme ich aus, als ich merke, dass es gleich dick ist wie vorher. Hoffentlich ist dir nichts passiert. Mein rechter Arm wurde vergipst und mein Oberkörper schmerzt wie die Pest. Ich habe Durst. Mein Hals ist trocken wie eine Wüste.

"Hallo?", versuche ich zu rufen, aber es kommt nur ein Krächzen heraus. Zum Glück sehe ich etwas Grünes neben mir leuchten. Ein Knopf, damit ein Arzt oder eine Krankenschwester kommt, wenn man drauf drückt. Ich drücke den kleinen Knopf und warte. Gleich stürmt eine Krankenschwester herein. Sie schaltet das Licht an und lächelt.

"Kann ich etwas zu trinken haben bitte?", frage ich heiser. Ich will sie erst dann mit Fragen bombardieren, wenn ich meine Stimme zurück bekomme. Sie nickt und schenkt mir Wasser in ein Glas ein. Ich trinke es in zwei Zügen aus und bitte sie noch einmal das Glas zu füllen. So vielen Durst hatte ich noch nie.

Als ich auch mein drittes Glas fertig getrunken habe, kommt ein Arzt herein. Hinter ihm Henry. Seine Augen sind gerötet und er hat Tränensäcke. Und du meine Güte...

"Was ist mit deinen Haaren passiert?", flüstere ich. Er hat eine Glatze. Ich versuche, nicht zu weinen. Wie lange war ich weg? Er setzt sich neben meinem Bett auf ein Sessel und hält meine Hand fest. Ich kann nicht aufhören, ihn anzuschauen. Zum einen, weil er total anders ausschaut und zum anderen weil ich ihn vermisst habe.

"Chloe, schön, dass Sie aufgewacht sind. Sie werden sicherlich einige Fragen haben. Keine Sorge, ihrem Baby geht es gut. Sie haben ein paar gebrochene Rippen, weshalb Sie noch für ein paar Tage hier bleiben müssen. Ihr Arm ist ebenfalls gebrochen. Sie sind eine starke Frau, es wird schnell wieder heilen."

Ich freue mich, dass Henry bei mir ist und dass es dem Baby gut geht. Meine Knochen sind mir egal.

"Wie ist das passiert?", frage ich.

"Ein Mann hat beim Autofahren plötzliche einen epileptischen Anfall bekommen und ist mit Ihrem Auto zusammengestoßen", erklärt er ruhig. Seine Miene ist aber bemitleidend.

"Was ist mit dem Mann passiert, geht es ihm gut?"

Der Arzt blickt zu Boden und schüttelt den Kopf. Mir kommen die Tränen hoch. Das kann einfach nicht wahr sein.

"Wenn Sie was brauchen, drücken Sie bitte den Knopf."

Der Arzt und die Krankenschwester verlassen den Raum.

"Wie geht es dir?", fragt Henry und streichelt meine Wange.

"Gut. Wie geht es dir? Du scheinst schlaflos zu sein."

"Ich habe auch seit Tagen nicht geschlafen."

"Seit Tagen? Warum?"

"Du hast drei Tage lang geschlafen, Chloe. Ich war jeden Tag hier, musste aber früh wieder gehen. Ich dürfte nicht lange bei dir sein", erklärt er traurig.

"Es tut mir leid." Wäre ich nicht einkaufen gegangen, würde ich jetzt daheim sein und Henry würde es gut gehen.

"Was tut dir denn Leid? Es ist nicht deine Schuld." Er drückt meine Hand fester.

"Ich weiß es nicht. Du solltest nach Hause gehen und dich ausruhen."

Er schüttelt den Kopf.

"Ist das eine Nebenwirkung der Medikamente?", frage ich und zeige auf seine Glatze. Reflexartig fasst er sich am Kopf.

Secret Desire - Das Einzige was zähltWo Geschichten leben. Entdecke jetzt