Kapitel 9

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Jisung POV:

"Das ging aber verdammt schnell, dass sie sich zu ihren Artgenossen gesellt hat", murmelte Hyunjin vor sich hin, während wir uns mühsam durch die dichte Menschenmenge im Speisesaal hindurchzwängten und schließlich in eine abgelegene Ecke gelangten. "Hast du davon gewusst?", fragte er aufgeregt Felix und warf einen genervten Blick auf Minho, der meine Hand förmlich zerquetschte, bis der Schmerz langsam anfing, sich einzunisten. Ich konnte seine Krallen deutlich spüren, und ein leises Wimmern entglitt meinen Lippen, als ich ihn sanft hinter mich zog.

Was ich gerade gesehen hatte, gefiel mir wirklich überhaupt nicht. "Ich bezweifle, dass sie ihr etwas gesagt haben. Diese eingebildeten Deppen würden sich ja nicht einmal gegenseitig helfen", grummelte Felix vor sich hin. "Du auch?", fragte ich überrascht, als solche Worte aus seinem Mund kamen. Ich hätte nie gedacht, dass sie alle so verärgert reagieren würden.

I mean ....Ich wusste, dass mein Geliebter gelegentlich intensive Stimmungsschwankungen hatte, aber ich hatte noch nie erlebt, dass er derartige Gefühle wegen einer anderen Frau entwickelte. Ich zog Minho sanft in meine Richtung, doch er schien immer noch mit seinen Gedanken bei ihr zu sein. Ich konnte sehen, wie er die Zähne zusammenbiss und seinen Kiefer anspannte, während er finster die Augenbrauen zusammenzog. "Ich kann das Blut in deinen Augen sehen", sagte ich leise und versuchte, seine Aufmerksamkeit auf mich zu lenken. Als das nicht funktionierte, wandte ich mich an Felix und Hyunjin.

"Wir haben sie heute Abend schließlich bei uns! Da können wir herausfinden, was sie weiß...", sagte ich, aber es gab keine Reaktion. Sie schienen immer noch in ihren Gedanken gefangen, als wären sie im Blutrausch. Frustriert fing ich an, sie leise anzuknurren und zeigte ihnen meine Zähne, damit sie endlich auf mich aufmerksam wurden. Aber Minho und Hyunjin schenkten mir nur genervte Sideeyes, bevor sie sich hinsetzten und anfingen zu essen. Großartig. Felix sah endlich zu mir, und ich hob fragend die Augenbrauen, bevor er sich wieder Hyunjin zuwandte und in ein anderes grummelndes Gespräch einstieg. "Na gut, dann werde ich eben etwas dagegen unternehmen", beschloss ich und ließ die drei stehen.

Minho sah kurz auf, bevor ich wegging, aber ich spürte nicht, dass er mir folgte. Mein Ziel war Lilly, denn mir gefiel nicht, wie sich die Stimmung durch dieses Drama verschlechtert hatte.

Ich marschierte zurück zum Tisch und bemerkte sofort, dass die Jungs dort nur noch zu dritt saßen. Ihr junger Anführer und unsere neue Freundin schienen sie kurzzeitig verlassen zu haben. Da mir nichts Besseres einfiel, setzte ich mich schnell auf Lillys Platz.

"Na", sagte ich fröhlich und lächelte gezwungen. Wieder nur finstere Blicke, aber in ihnen lag auch Verwirrung. Ich kannte die Jungs zwar, aber sie waren mir bisher nicht wichtig genug, um ihre Namen zu lernen...

Der größte von ihnen starrte mich fassungslos an, während einer der anderen mich direkter ansprach: "Was willst du? Der Platz dort ist besetzt." Ich lächelte leicht. "Das weiß ich. Ich wollte nur kurz hier sitzen, während ich auf Lilly warte", sang ich ihnen vor und setzte mein unschuldigstes Gesicht auf. Der große Typ neben mir schien immer größer zu werden und knurrte mich leise an, woraufhin ich meine Augenbraue anhob. "Was? Störe ich euch etwa bei etwas?" Je mehr ich sprach, desto mehr schienen sie aus ihrem eitlen Konzept zu fallen. Ich sah zu dem Kerl mit dem Muttermal im Gesicht hinüber. "Hey, dich kenne ich doch", begann ich, ihn zu provozieren. "Vor Monaten habe ich einen von euch durch den Wald gejagt, weil er unser Revier..." Der große Typ neben mir unterbrach mich schnell, "Steh auf und verschwinde, Han", sagte er mit einem lustig ernstgemeinten Ton. Mann, er war riesig als Mensch.
"Wie unhöflich", tat ich empört und sah mich um, in der Hoffnung, dass Lilly endlich auftauchen würde. "Wo ist euer Anführer mit ihr hingegangen? Gibt es einen kleinen Snack für zwischendurch oder so?" Sie schienen jeglichen Humor verloren zu haben.

Es sah aus, als würde ich ihnen Geister an die Wand malen, aber sie schienen dies lieber in sich hineinzufressen, anstatt im Saal eine große Szene zu machen. Dann standen sie plötzlich, fast synchron, auf und blickten in eine Richtung. Als ich ihren Blicken folgte, sah ich, dass sie zu ihrem Anführer und Lilly sahen, der seinen Arm um ihre Schulter gelegt hatte. Channie würde den Geruch an ihr sicherlich hassen... Ich wollte mich bewegen, aber da hatten Lilly und der Anführer mich bereits entdeckt, und er zog sie schnell an sich. Die anderen eilten zu ihnen und versperrten mir die Sicht, als sie sie wie in einer Traube von mir wegbrachten. "Hey, Lilly!" versuchte ich es, doch diese Riesen drängten sie den Gang entlang, als hätte ich vor, sie direkt zu verschlingen. Unhöflich... Dadurch hatte ich jetzt auch nicht viel Neues erfahren, außer dass sie tatsächlich Arschlöcher waren, die anscheinend das kleine Tigermädchen für sich behalten wollten.

Lillys POV:

Kaum hatte ich diesen Han am Tisch gesehen, kamen die anderen lachend auf mich zu und bombardierten mich von allen Seiten mit Fragen. Sie schoben mich in Richtung der Unterrichtssäle und redeten über die unterschiedlichsten Themen. Schon waren wir an einem anderen Ort.

Was war das... "Bist du böse auf uns?", fragte mich Jay plötzlich leise. Ich sah ihn kurz an und schüttelte dann den Kopf. "Ich habe wirklich zu schnell geurteilt... tut mir wirklich leid", murmelte ich. Er legte seinen Arm leicht um mich und begann erneut zu lächeln. Jungwon ging voran, und Heeseung und Sunghoon folgten uns. "Es tut mir wirklich leid", wiederholte ich mit einem Lächeln. "Ich habe wohl gelernt, Fremden eher zu misstrauen als...". Er nahm plötzlich meine Hand und drückte sie sanft. "Nenn mich nicht so", sagte er verspielt. "Wir sind jetzt Freunde und keine Fremden." Er zog mich hinter sich her und schien in bester Laune zu sein. "Es fühlt sich wirklich so an."

Doch dann wurde er langsamer und kam näher zu mir. "Aber...", begann er ruhiger, "du hast recht. Man sollte nicht jedem hier blind vertrauen. Es ist nicht einfach, die wahren Absichten all dieser Wesen zu durchschauen. Das braucht Zeit."

An einer Kreuzung der Gänge blieb Jungwon stehen und drehte sich zu uns um. "Literatur?", fragte er, und Sunghoon nickte. Heeseung sagte: "Ich bin heute fertig." Jay sah ebenfalls zu seinem Anführer. "Nein, Kultur und Geschichte." Sie teilten mit, in welche Fächer sie gehen mussten. Dann starrten sie alle zu mir. "Kultur und Geschichte", murmelte ich leise vor mich hin, und Jay freute sich neben mir. Die anderen lachten. "Nun, dann sehen wir uns später", verabschiedete sich Jungwon, und die Gruppe begann sich aufzuteilen. Sunghoon nickte und schien schüchtern Goodbye zu sagen. "Tschüss", rief Heeseung, als er an uns vorbeiging, und dann folgte ich Jay in den nächsten Unterrichtssaal. "Keine Sorge, das ist ziemlich langweilig hier", sagte er hängend und musste lachen. "Je ruhiger, desto besser..." Ich sollte mich bald eines Besseren belehren lassen, denn als ich den großen Saal betrat, sah ich, dass mich diverse genervte Blicke trafen.

Jay ging zielstrebig auf einen Platz zu und zog mich mit sich. Er begrüßte einige seiner Mitstudenten, stellte mich aber diesmal niemandem vor. Es schien, als wäre er nicht unbeliebt, was mich nicht überraschte. Seine Energie war ansteckend.

Aber ein bestimmtes Paar Augen konnte sich wieder nicht von mir lösen. Es war einer der Wölfe, der verärgert an der Wand des Raumes lehnte und auf alle wartete. Minho. Er stand ganz alleine da und konzentrierte sich immer stärker auf meine Anwesenheit. Jay schien ihn kaum zu bemerken oder zu ignorieren, aber ich konnte förmlich seinen Hass mir gegenüber spüren.

Nach einer Weile betrat Han den Saal und lächelte zu mir herüber. Auch zu Jay lächelte er, was mich etwas verwirrte. Waren sie Freunde?

Der kleinere ging sofort zu Minho und lehnte sich sanft an ihn. Der ältere zog ihn mit dem Arm näher zu sich und nahm endlich den Blick von mir. Sie küssten sich zur Begrüßung, und ich erinnerte mich daran, wie ich sie das erste Mal gesehen hatte - als Minho wollte, dass Han mich tötet. Ein kalter Schauer lief mir über den Rücken, als ich sie unbehaglich beobachtete. Mit einem breiten Grinsen im Gesicht sah Han zu mir hinüber, und Minho sah ihm nach. Schnell drehte ich mich weg und lehnte mich über den Tisch, bis endlich die viel zu lange Vorlesung begann.

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