[Kapitel 12] - Chan -

340 20 2
                                    


Felix atmete ganz ruhig neben mir. Ab und zu zuckten seine geschlossenen Augenlider. Was er wohl träumte? Ich hatte ihm angeboten, bei mir zu übernachten und er hatte nicht lange darüber nachgedacht und eingewilligt. Am liebsten wäre ich noch heute zu ihm gefahren, hätte all seine Sachen gepackt und dafür gesorgt, dass er bei mir einzieht. Ich war besessen von ihm. Ich wollte ihn um mich haben, rund um die Uhr. Ich zählte einige seiner Sommersprossen und musste mich selbst davon abhalten, mit den Fingern über seine Wange zu fahren. Er war erschöpft und hatte sich den Schlaf mehr als verdient. Immer wieder blitzten Bilder von ihm in meinem Kopf auf. Seine Augen vorhin waren so wunderschön. Glasig, weil sich einzelne Tränen darin gebildet hatten, während ich seinen Kopf immer wieder an mich heran drückte. Und so geil ich in diesem Moment auch war, ich fühlte noch so viel mehr.

So langsam wie möglich schob ich mich an den Rand der Matratze. Ich konnte nicht schlafen. Meine Gedanken drehten sich nur um ihn. Ich legte meine Hand auf meine Brust und versuchte, meinen Herzschlag zu fühlen. Ich strich ein paar mal über meinen Brustmuskel und schloss die Augen. In meinem Kopf hämmerte mein Puls von innen gegen meine Schläfen. Ich würde Felix nie wieder gehen lassen. Ich würde ihm jeden Tag zeigen, wie wichtig er mir war, wie viel er mir bedeutete. Klang schon fast wie der Anfang einer Horrordokumentation über einen Stalker.

Ich ließ meine Beine über den Rand der Matratze gleiten und richtete mich auf. Ich verharrte, als Felix ein leises Stöhnen von sich gab. Er schlief. Ich stemmte mich ruhig vom Bett auf und schlich nach nebenan. Meine Schritte führten durch Küche und Esszimmer und ich ließ mich auf eines der Ledersofas fallen. Ich brauchte kein Licht, der Mond erhellte alles soweit, dass ich mich orientieren konnte.

Ich musste Felix noch viele Dinge erklären. Das sollten wir die nächsten Tage unbedingt machen. Ob er auf Rollenspiele stand? Vielleicht sollte ich ihm alles als Professor vortragen. Wenn er falsch antwortet oder nicht zuhört, könnte ich ihn bestrafen. Sehr reizvoll. Vielleicht sollte ich das lieber bei einem anderen Thema machen. Es war wichtig, ihm grundlegende Dinge des BDSM zu erklären. Aber vielleicht konnte ich ihn alles in einem anschließenden Rollenspiel wiederholen lassen.

Es war bereits 1:52 Uhr. Ich schlich zurück ins Schlafzimmer und kletterte ins Bett. Ich rückte nahe an den hübschen jungen Mann neben mir und legte sanft meinen Arm um ihn. Er bewegte sich hin und her, also sprach ich ihm leise zu: "Das ist nur Daddy. Schlaf weiter.". Er wurde sofort ruhiger. Ich stützte meinen Kopf auf meinem aufgestellten Arm ab und sah auf ihn herab. Es kam mir so vor, als hätten wir schon immer im selben Bett geschlafen. Es kam mir überhaupt nicht komisch vor. Es fühlte sich so verdammt richtig an. Endlich spürte ich, wie mein Körper immer schwerer wog. Ich legte meinen Kopf ab und schloss sanft die Augen. Ein letztes mal sog ich Felix' Geruch ein und mein Körper entspannte sich vollends.

****************

Um halb sechs endete meine Nacht. Mein erster Gedanke war Felix. War er noch da? Ich tastete neben mir die Matratze ab und stieß leicht gegen seinen warmen Körper. Beruhigt ließ ich mich noch kurz zurück in mein Kissen sinken, dann stand ich so leise wie möglich auf. Fast lautlos zog ich ein paar frische Kleidungsstücke aus dem kleinen Schrank heraus. Ich würde einen Größeren kaufen müssen, sollte Felix hier einziehen. Würde das funktionieren? Er müsste seinen Mitbewohnern erklären, wohin er zieht. Das wäre riskant, er müsste sie wohl anlügen. Und so wie ich Felix einschätzte, war er nicht gut im Lügen. Dafür würde es bestimmt eine Lösung geben, ich sollte auch darüber mit ihm sprechen.

Nachdem ich geduscht und angezogen war, schrieb ich Felix schnell einen kleinen Zettel, auf dem stand, dass ich uns Frühstück holen würde. Ich fuhr zu dem kleinen Café, in dem er arbeitet. Hatte er heute eigentlich frei? Ich hatte ihn gar nicht gefragt. Die Liste mit Dingen, die ich ihn fragen wollte, wurde immer länger. Sollte ich ihm anbieten, dass er nicht mehr im Café arbeiten musste? Finanziell könnten wir uns das leisten. Andererseits tat es ihm gut, zu leben, wie jeder andere. Das Leben spielte nicht immer fair und man musste lernen, in der Welt klarzukommen. Ich glaube, er arbeitete gern hier, vielleicht wollte er gar nicht aufhören. Ich sollte nicht überfürsorglich werden. Solange sich seine Noten nicht verschlechterten, war alles in Ordnung.

Tell me that you like it! ||ChanLixWo Geschichten leben. Entdecke jetzt