Steinbruch

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Eine tiefe Finsternis umgab Lennox, als die Nacht kam. In den Schatten ließ sich schwer die Hoffnung bewahren. Er starrte so lange in die Richtung, in der er die Tür vermutete, bis wieder Licht zu ihm in den Schuppen drang. Als der Tag das Lager weckte spannte der Krieger seine Muskeln jedes Mal unbewusst an, wenn er das Gefühl hatte, jemand würde sich dem Schuppen nähern.

Auch wenn das Licht die Welt erhellte, so war in ihm nichts als Dunkelheit. Vor ein paar Stunden hatte er noch Entschlossenheit besessen, als Nelani mit ihm gesprochen hatte, doch sie wurde immer mehr von einer inneren Kälte verdrängt. Er wusste weder was genau ihr Plan war noch wie Aleas Mutter überhaupt zu ihm gelangt war, allerdings hatte er das Gefühl, es schon bald zu erfahren.

Die Sonne ließ sich scheinbar zur Abwechslung mal am Himmel blicken, denn der Schuppen war um einiges erleuchteter als sonst. Beinahe wirkte es, als wollte der gigantische Stern den Krieger mit seinem schönen Schein verspotten, dem er zugleich so nahe und doch unfassbar fern war.

Solange ihn keiner von Orions Leuten aufsuchte, versuchte Lennox die Zeit zu nutzen, um seine Gedanken auf das Wesentliche zu fokussieren. Aber egal wie oft er versuchte, sich auf die Zukunft zu konzentrieren und einen Plan für Orions Untergang zu schmieden, es wollte ihm einfach nicht gelingen. Spuren der Angst und Erinnerungsfetzen seiner letzten Begegnung mit dem Doktor und seinen Handlangern unterbrachen seine Überlegungen und jagten ihm den Schweiß auf die Stirn. Jedes Mal, wenn er den Albtraum für einen kurzen Moment vergaß, rissen ihn seine schmerzenden Wunden zurück in die Realität. Aber wenigstens musste nur er leiden und keiner seiner Freunde. Die Alpha Cru segelte momentan wahrscheinlich unbekümmert von Ort zu Ort und war glücklich. Der Oblivion lächelte wehmütig.

Erneut wurden Schritte vor dem Schuppen hörbar, diesmal zogen sie allerdings nicht vorbei. Die Tür wurde aufgeschlossen und geöffnet, sodass Lennox einige Male blinzeln musste, um seine Augen an die plötzliche Helligkeit zu gewöhnen. Zeirus, Hagen und und ein kräftig gebauter Darkoner, der Lennox bestimmt um einen Kopf überragte, betraten den Raum und lösten die Handschellen. Betont langsam rieb sich der Krieger die aufgescheuerten Handgelenke und sah den Männern nacheinander ausdruckslos in die Augen. Zeirus ergriff Lennox' Oberarm, zog ihn auf die Beine und führte ihn aus dem Schuppen. Der Oblivion lief schweigend zwischen den Männern, ohne Gegenwehr zu leisten. Zeirus hatte ihm keine Fesseln angelegt, wahrscheinlich da er wusste, dass Lennox sowieso zurzeit nicht die Kraft besaß, einen Fluchtversuch zu starten. Auch wenn der Oblivion sich häufig von seinem kriegerischen Instinkt leiten ließ, so war ihm durchaus bewusst, dass ein Kampf nicht bloß aus Gewalt entstand. Er musste seinen Verstand nutzen und dazu gehörte auch, dass er wusste, wann eine Konfrontation sinnlos war. Also genoss Lennox einfach die kurze Zeit ohne Fesseln und sah sich unauffällig um. Die Männer gingen überraschenderweise nicht zu Orions Labor, sondern in die entgegengesetzte Richtung. Sie liefen ungefähr eine Viertelstunde, bis die Gegend felsiger wurde und der gepflasterte Weg in einer Grube endete. Maschinen standen zwischen den Felsen und einige Darkoner bauten den Stein ab. Lennox konnte kaum mehr gehen, jeder Schritt war eine einzige Qual und er fragte sich matt, was er hier sollte, auch wenn es ihn nicht wirklich kümmerte. Alles war besser als Orions Untersuchungen in seinem Labor.

Glücklicherweise spendete die Sonne genügend Wärme, sodass der Gefangene trotz seines entblößten Oberkörpers nicht fror. Die Verbände hielten ihn nicht warm, also war er froh über das gute Wetter. Lennox blickte zu Zeirus und fragt:

„Was soll ich hier?"

Seine Stimme war noch immer rau vom Schreien und die Hoffnungslosigkeit in ihr schockte den Oblivion selbst.

Unergründlich starrte der Darkonerchef ihm kurz in die Augen. Der Mann hatte seine ausdruckslose Maske wieder aufgesetzt und zog im nächsten Moment ein Tablet hervor und spielte ein Video ab. Orion erschien auf dem Bildschirm und lächelte motiviert in die Kamera.

Korsika - Hölle des Kriegers des VergessensWo Geschichten leben. Entdecke jetzt