Niederlage

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Lennox wartete auf den Schmerz, doch seltsamerweise blieb er aus. Zumindest in den ersten Sekunden. Danach schlug er urplötzlich wie eine Bombe ein und hüllte Lennox' ganzen Körper in Feuer. Sein Kopf tat unfassbar weh und er zitterte. Das waren die Symptome vom Virus! Was hatte der Doktor ihm da gerade injiziert?

„Das ist eine konzentrierte Form des Meermenschen-Virus, mein Lieber. Wenn ich dieses Mittel perfektioniere, kann wirklich niemand mehr dem Virus entgehen, auch nicht durch Rofus. Dass es bei dir den Schutz zerbricht, ist wunderbar! Das bedeutet, dass es nur noch ein paar Schritte bis zur Vollkommenheit sind! Ich will nicht, dass jemals wieder so etwas passiert, wie mit deiner kleinen Freundin. Immunität! Pah! Nichts und niemand entkommt mir! Auch wenn sie keine Gefahr mehr ist, könnte jemand anderes auftauchen. Und das wollen wir schließlich nicht. Aber dieses kleine Mittelchen ist ja nur ein Nebenprojekt, das hat also Zeit. Erstmal werde ich mich dem Magischen-Virus widmen. Das wird einfach grandios, wenn mir diese lästigen Viecher nicht mehr im Weg stehen!", sagte der Doktor selbstgefällig.

Lennox schloss die Augen und stöhnte genervt. Man merkte dem Mann wirklich an, wie gern er redete. Die Schmerzen ließen nach und Lennox öffnete die Augen wieder. Am liebsten würde er dem Doktor sagen, dass er mal weniger reden sollte, aber der Knebel hinderte ihn daran.

Orion grinst ihn an.

„So, dann lass uns mal deine Selbstheilungskräfte testen, mein Freund!", säuselte der Doktor voller Vorfreude.

Lennox Augen weiteten sich. Sein Zorn wuchs weiter an. Dieser Mörder war bestimmt nicht sein Freund! Orion griff nach einem Skalpell. Bevor Lennox auch nur mit der Wimper zucken konnte, zog sich der Doktor einen Hocker heran, stützte den Ellenbogen auf den Tisch und fuhr beinahe verträumt mit dem Messer über seinen Oberkörper.

„Wieso musst du denn so an deinen Idealen festhalten? Stell dir doch mal vor, wie leicht es wäre, stündest du an meiner Seite. Ich wäre unaufhaltsam.", wagte der Doktor einen erneuten Versuch, Lennox auf seine Seite zu ziehen.

Eigentlich sollte der Mann doch mittlerweile wissen, dass er damit niemals Erfolg haben würde. Aber vielleicht erfreute er sich auch bloß daran, Lennox zu nerven.

Orion wirkte Druck auf das Skalpell aus und hinterließ einen tiefen Schnitt in Lennox Schulter. Der Oblivion knurrte gedämpft als sein Feind weitere blutige Spuren auf seinem Körper erschuf. Allerdings nahm Lennox den Schmerz kaum wahr. Er spürte bloß seinen Hass, der mit jedem Schnitt weiter geschürt wurde. Lennox versuchte an die Zeit zu denken, als alles noch gut gewesen war. Als die Alpha Cru noch vereint am Bug der Crucis gestanden hatte und mit dem Wind im Rücken über die Meere gesegelt war. Doch der Anblick des Doktors und der dumpfe Schmerz der Wunden erinnerten ihn stetig an den Moment, in dem seine Feinde ihm alles genommen hatten.

Der Doktor schmierte eine grüne Substanz auf die Schnitte und holte eine Taschenuhr aus einer Schublade hervor.

„Mal schauen, wie lange es dauert. Du solltest dankbar sein, ich gewähre dir jetzt etwas Schlaf. Also genieße die Zeit, in der ich den Heilungsprozess deiner Wunden beobachte, danach brauche ich deine Mithilfe.", sagte der Doktor und zog eine nahezu durchsichtige Flüssigkeit in eine Spritze.

Er versenkte die Nadel in Lennox Hals. Sofort spürte der Oblivion, wie seine Sinne nachließen und ihm die Realität entglitt. Er sank in die Dunkelheit des Schlafes und war froh, zumindest ein bisschen Erholung zu erhalten.

Ein leises Raunen weckte Lennox und er blinzelte gegen das helle Licht im Raum an. Zunächst fiel ihm auf, dass er nicht länger geknebelt war. Dann registrierte er neben Orion die finster blickende Gestalt von Jinx und eine besorgte Nelani. Lennox' Blick wanderte zu seinen Verletzungen und stellte fest, dass die Heilung bereits weit vorangeschritten war.

Korsika - Hölle des Kriegers des VergessensWo Geschichten leben. Entdecke jetzt