Kapitel 10.

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Vorsichtig hob Till mich hoch, gut darauf bedacht mir nicht weh zu tuen.

Der Typ hatte schon längst das weite gesucht. Im Moment war mir aber herzlich egal was mit ihm war. Halt suchend klammerte ich mich mehr an Tills Brust.

Dieser war bereits ein Stückchen entfernt, von dem Ort des Geschehenen. Stumm fielen Tränen meine Wange hinunter und landeten auf Tills schwarzen Pulli. Till flüsterte mir beruhigende Worte zu.

Vorsichtig hob er mich in sein Auto und setzte mich auf dem Beifahrersitz ab.

Ich fühlte mich elendig, dreckig und missbraucht. Was ich ja auch wurde. Ich wollte nur noch weinen. Mein ganzer Körper war wie taub. Als hätte er sich einfach abgestellt um der Realität zu entkommen. Als wolle er eine Schutzhülle errichten die mich vor alles und jedem schützt.

Meine Haut fühlte sich an als wäre sie mit etwas umhüllt. Warum war ich auch so dumm gewesen und hatte nicht auf mein Bauchgefühl gehört? So böse es auch klingt, etwas gutes hatte es ja auch. Wäre ich nicht nach Berlin geflogen, hätte ich Till wahrscheinlich nie wieder gesehen.

Aber wollte ich das wirklich? Wollte ich wieder so für ihn fühlen, wie ich es noch vor ein paar Jahren getan hatte? Konnte er mich mit dem gerade geschehen überhaupt noch so akzeptieren?

Stop.

Was dachte ich hier eigentlich?

Mein verlobter lag daheim wahrscheinlich in unserem Bett und schlief. Und ich machte mir hier gerade wirklich Gedanken darüber ob Till meine gefühle von damals erwiderte?

Eine mir bereits bekannte Stimme holte mich zurück aus meinen Gedanke. „Soll ich dich ins Krankenhaus bringen?" fragte mich Till. Seine Stimme war getunkt in Fürsorglichkeit. Zaghaft schüttelte ich meinen schmerzenden kopf.

„Nicht ins Krankenhaus. Bitte." zu mehr war ich nicht im Stande. Ich wollte nicht ins Krankenhaus. Zu viele Geräusche. Zu viele Menschen. Von dem grässlich hellem Licht ganz zu schweigen.

„Okay.", antwortete Till nur leise und fuhr stumm weiter. Es dauerte nicht lange da hielt der Wagen vor einem riesigen Haus. Tills Haus. Staunend beobachtete ich das Backstein Gebäude.

Der Vorgarten war sehr säuberlich und gefleckt. Ein paar einzelne Buschskulpturen hatten ihren Platz vor den Fenstern des Wohnzimmers gefunden.

So eingenommen von dem schönen Anblick merkte ich nicht das Till ums Auto herum gekommen war und nun meine Tür aufhielt. Mit ausgestreckten Armen hob er mich an und ging mit mir Richtung Haustür. Sachte ließ Till mich auf einem Sessel im Wohnzimmer nieder. Mein Kopf war so schwer wie Blei. Nur mit großer Mühe konnte ich das Geschehene um mich herum wahrnehmen.

Till war nicht mehr in meinem Sichtfeld, aber ich hatte auch nicht die Energie um nach ihn zu sehen. Genau dieser kam mit einem Glaswasser in der Hand wieder in den Raum. Besorgt kniete er vor mir nieder und hielt es mir unter die Nase. „Hier, trink bitte was."

Seine warme Stimme verleitete mich dazu nach dem Glas zu greifen. Unsicher schwankte ich die klare Flüssigkeit umher. Ich war mir nicht sicher ob ich sie hinunter bekommen würde. Tills stechender Blick wollte aber anderes. Langsam führte ich das Glas an meine Lippen und nippte an dem Wasser. Mit großer Mühe bekam ich ein wenig hinunter.

„Kann ich vielleicht eine Hose haben?", flüsterte ich unbeholfen. Till schien einen Moment zu brauchen ehe er zu verstehen schien das ich noch immer keine Hose anhatte. Bevor ich mich versah hatte er mich wieder im Arm und ging mit mir Richtung Schlafzimmer.

Sanft setzte er mich auf seinem Bett ab und wendete sich seinem Kleiderschrank zu. Till überreichte mir eine Jogginghose und verließ kurzerhand den Raum.

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