Kapitel 19 - Home

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„Mir war nicht klar, dass du so heiß klingen kannst", sagt Felix keuchend, als ich nackt in seinem Arm liege. Heftig atme ich ein und aus. Das, was seine Zunge mit mir angestellt hat, war so überwältigend gewesen, dass ich so laut gestöhnt hatte wie noch nie. Mir entfährt ein helles Auflachen und ich grinse ihn herausfordernd an. „Das gleiche könnte ich auch über dich sagen." Ich lasse meine Finger seinen Oberkörper entlang wandern und er lacht leise.
„Dafür, dass du nur meine Hand zu spüren bekommen hast, warst du ganz schön laut."
Felix grinst und gibt mir einen sanften Kuss auf die Stirn. "Das ist das erste Mal seit über einem halben Jahr, dass ich überhaupt mit einer Frau im Bett bin", murmelt er. "Da nehme ich, was ich kriegen kann."
Lachend kuschele ich mich noch ein wenig näher an ihn heran. Felix greift mit seiner freien Hand nach der Bettdecke und zieht sie hoch bis zu unseren Schultern. Dann schlingt er auch den anderen Arm um mich.
"Ist dir klar, dass wir ab jetzt nicht mehr befreundet sind?", murmelt er an meinem Hals. Ich drehe mich zu ihm um und schaue ihn erschrocken an, doch er grinst nur. "Freunde machen nicht das, was wir gerade gemacht haben, Kiki."
Erleichtert kichere ich und überlege. "Dann waren wir aber schon nach dem Abend in der Sauna keine Freunde mehr", sage ich nachdenklich. "Denn Freunde küssen sich nicht so, wie du mich geküsst hast."
Felix grinst und vergräbt sein Gesicht an meiner Halsbeuge. "Von mir aus kann das ab jetzt immer so sein", flüstert er.
Ich erstarre. Fieberhaft schaue ich an die Decke und denke nach. "Möchtest du denn... also... erwartest du jetzt von mir, dass ich..."
Felix richtet sich auf und sieht mir in die Augen. Er runzelt die Stirn und schüttelt den Kopf. "Ich erwarte gar nichts von dir", sagt er und streicht mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht. "Ich bin einfach der Meinung, dass wir die Grenzen zwischen Freundschaft und Beziehung gerade deutlich überschritten haben." Er lächelt mich liebevoll an. "Für mich ist es aber auch kein Problem, wenn wir uns erstmal in einer Art... Zwischenraum bewegen. So lange, bis du bereit bist. Oder eben auch nicht." Sein Blick wird ernst.
„Egal, wie du dich entscheidest, ich werde es akzeptieren." Schwach lächelt er mich an. „Okay?"
Ich schlucke und nicke langsam. Seine Worte zerreißen mir beinahe das Herz. "Womit habe ich es nur verdient, das du so verständnisvoll bist?", flüstere ich. Felix lächelt und gibt mir einen sanften Kuss auf die Wange.
„Du hast noch so viel mehr als das verdient, Chiara."

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Die nächsten zwei Wochen vergehen wie im Flug. Es kommt mir so vor, als sei die Tour schneller vorbei, als sie angefangen hat. Es ist der 24. September, als wir in Felix' Mercedes zurück nach Berlin fahren.
"Ich kann nicht glauben, dass ich morgen wieder arbeiten muss", murmele ich. Nadja grinst mich von der Seite an. "Du hast die letzten drei Wochen doch auch gearbeitet." Ich erwidere ihren Blick und schüttele lächelnd den Kopf. "Naja, aber es hat sich nicht nach Arbeit angefühlt!"
Felix lacht und dreht sich zu mir um. Grinsend schaut er mich an. "Wenn man dir das vor drei Wochen gesagt hätte." Ich muss ebenfalls lachen und zucke mit den Schultern. "Ich schätze, man wächst in alles rein, wenn man muss."
"Aber es war für dich doch kein Müssen, oder?" Nadja schaut mich fragend an. Kurz überlege ich.
„Ja und Nein. Ich wäre ja nie von selbst auf die Idee gekommen, mitzufahren und Merch zu verkaufen, aber jetzt wo ich's gemacht habe, bin ich mehr als froh, dass ich mich der Herausforderung gestellt habe."
"Ich auch", sagt Felix und zwinkert mir zu, bevor er sich wieder nach vorne dreht. Sofort merke ich, wie ich erröte und sehe schnell aus dem Fenster, damit Nadja es nicht sieht.
Selig lächele ich vor mich hin.
Felix und ich hatten uns während der vergangenen zwei Wochen in unbeobachteten Momenten immer wieder heimlich davongeschlichen und uns geküsst, aber mehr war nicht passiert. Wir hatten es tunlichst vermieden, darüber zu sprechen, wie es mit uns weitergehen würde. Felix war verständnisvoll genug, um mich nicht weiter darauf anzusprechen und ich wollte nicht darüber nachdenken. Irgendwie will ich es auch jetzt noch nicht. Aus irgendeinem Grund habe ich panische Angst davor, meinen besten Freund zu verlieren - auch, wenn ich das streng genommen schon längst getan habe. Und ich weiß genau, das ich mich darüber eigentlich freuen sollte.

In Berlin angekommen hält Julian vor meinem Wohnblock an, um mich abzuladen. Felix steigt mit mir zusammen aus dem Auto, um mir mit meinem Gepäck zu helfen. Er begleitet mich bis zur Haustür.
"Ab hier schaffe ich's allein", sage ich und lächele ihn dankbar an. Er zuckt mit den Schultern. "Wie du meinst." Er grinst mich an und stellt die Taschen vor der Haustür ab. Dann zieht er mich an sich und drückt mir einen kleinen Abschiedskuss auf die Lippen, der schnell in eine wilde Knutscherei ausartet. Es kostet mich eine große Portion Überwindung, mich von ihm zu lösen.
"Du musst los", sage ich atemlos. „Die anderen warten auf dich." Ein wenig traurig lächele ich ihn an. Gedankenverloren sieht er mich an und lehnt seine Stirn gegen meine. „Du fehlst mir jetzt schon", flüstert er. Ich schlucke. „Ich bin doch nicht aus der Welt", flüstere ich zurück und lächele ein wenig gequält. „Wir können uns doch immer noch sehen."
Felix nickt. Er löst sich von mir und sieht auf den Boden. „Ich weiß, aber ich hab mich einfach dran gewöhnt, dich Tag und Nacht um mich zu haben."
Mir rutscht das Herz in die Hose. Ich wünsche mir so sehr, dass ich ihm das geben könnte, was er sich von mir wünscht, aber ich bin einfach noch nicht soweit. Ich schlucke nochmal und hebe sanft mit meinem Daumen und Zeigefinger sein Kinn an, bis er mich wieder anschaut. Schwach lächele ich ihn an, in seinen Augen liegt ein sehnsüchtiger Ausdruck.
„Bitte verlieb dich nicht in mich", flüstere ich. Felix lacht leise auf, dann schüttelt er langsam den Kopf.
„Ich fürchte, dafür ist es schon zu spät."

Midnight Rain (Felix Lobrecht)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt