Kapitel 21 - You belong with me

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Freitag, 29. September, 23:12 Uhr

Chiara: Hey, hast du zufällig noch Zeit?

Felix: Soll das jetzt so eine Art Bootycall sein? ;)

Chiara: Nein, du Scherzkeks.

Felix: Schade.

Unweigerlich muss ich lachen.

Chiara: Oder vielleicht doch? Auf einmal bin ich mir da irgendwie unsicher...

Felix: schreibt...

Felix: Glaubst du, sexting bei der Arbeit ist verboten?

Chiara: Keine Ahnung, da musst du wohl deinen Chef fragen.

Ich grinse, während ich weiter tippe.

Chiara: Wieso, bist du um die Uhrzeit etwa noch am Arbeiten?

Felix: Ja, leider. Bin noch mit Nadja und Becci im Büro. Du kannst aber sehr gerne dazukommen, sollte nicht mehr lange dauern. Dann gehen wir danach zu mir?

Chiara: Bin schon auf dem Weg.

Keine zwanzig Minuten später sitze ich mit Nadja, Becci und Felix an einem großen, ovalförmigen Tisch. Vor uns liegen überall Autogrammkarten verteilt, ein paar mit, ein paar ohne seine Unterschrift. Amüsiert schaue ich Felix dabei zu, wie er eine Karte nach der anderen signiert. Becci tippt etwas in ihr Handy und Nadja hat sich gerade eine Tüte Mikrowellenpopcorn aufgemacht.
„Musst du die wirklich alle jetzt noch signieren?", frage ich skeptisch. Nadja lacht neben mir auf. „Natürlich nicht, eigentlich hätte er die ganze nächste Woche noch Zeit. Die Merch-Boxen, wo die Karten reinkommen, werden erst in zwei Wochen verschickt. Aber der Perfektionist hier ist der Meinung, dass er nicht nach Hause gehen kann, eher er nicht jede einzelne Karte umgedreht hat."
Ich muss lachen und schüttele den Kopf, doch Felix lässt sich von unserem Geplänkel kein bisschen beeindrucken. „Jetzt hab ich schon so viele geschafft, da mach ich den Rest auch noch fertig", murmelt er und signiert hochkonzentriert weiter. Nadja tippt sich hinter seinem Rücken an die Stirn und ich kichere.

Es ist fast halb 1, als wir endlich in seiner Wohnung ankommen. Felix hält mir die Tür auf. Mit einem kribbeligen Gefühl in der Magengegend betrete ich sein Wohnzimmer und schaue mich um. Ich war schon so oft hier, aber noch nie habe ich mich dabei so... merkwürdig gefühlt. Dabei gibt es eigentlich gar keinen Grund dafür. Wenn ich schon den Mut aufgebracht habe, hierher zu kommen, dann schaffe ich den Rest jetzt auch noch.
Nachdem ich ein paar Tage Zeit gehabt hatte, um nachzudenken, ist mir eine Sache klar geworden: wenn es etwas gibt, das mich noch nervöser macht als der Gedanke daran, was passieren könnte, falls das mit uns beiden schiefgeht, dann ist es die Frage, was passieren würde, wenn wir es gar nicht erst versuchen.
Und auf die würde ich wohl niemals eine Antwort bekommen.
„Möchtest du auch ein Wasser?" Felix hält eine leere Flasche in die Luft und deutet damit fragend Richtung Wasserhahn. Ich lächele ihn dankbar an und nicke. „Mein Hals ist eine Staubwüste!"
Grinsend geht Felix zum Wasserhahn und füllt die Flasche auf, dann dreht er sich zum Geschirrschrank um und nimmt zwei Gläser heraus. Es dauert nur den Bruchteil einer Sekunde, aber ich nutze die Chance, um einen Blick auf seinen Hintern zu erhaschen. Dann wandern meine Augen hoch zu seinem Oberarm. Als er den Arm hebt, um den Schrank zu öffnen, rutscht sein Ärmel leicht nach hinten und ich habe perfekte Aussicht auf seinen durchtrainierten Bizeps.
Atemlos schnappe ich nach Luft.
Der Moment ist schneller vorbei, als er gekommen ist. Felix kommt mit der Flasche in der einen und den beiden übereinander gestapelten Gläsern in der anderen Hand auf mich zu. Er stellt die beiden Gläser vor uns auf dem Wohnzimmertisch ab und gießt jedem von uns Wasser ein. Dann lässt er sich mit einem Seufzen neben mir aufs Sofa plumpsen und grinst mich an. Schlagartig merke ich, wie ich rot werde.
„Was ist?" Ertappt hebe ich die Augenbrauen, doch anstatt wegzuschauen, grinse ich mindestens doppelt so breit zurück. „Ich freu mich nur wirklich sehr, dich zu sehen."
Er lacht ein wenig verwirrt auf und runzelt die Stirn, doch ich verziehe keine Miene. Schlagartig macht sich Hitze in mir breit. Ich spüre, wie das Kribbeln in meinem Bauch intensiver wird und ich lasse es zu. Zum ersten Mal seit Wochen versuche ich nicht, mich vor meinen eigenen Gefühlen zu verstecken. Und es fühlt sich absolut fantastisch an.

Schnell greife ich nach meinem Glas und nehme einen großen Schluck. Felix tut es mir gleich. Anschließend stellen wir unsere Gläser gleichzeitig wieder vor uns ab und wir müssen beide grinsen. Felix lehnt sich zurück und legt einen Arm über die Sofalehne, um mich besser anschauen zu können.
„Also, was verschafft mir die Ehre?" Er grinst mich an und mir rutscht das Herz in die Hose. Ups. Wenn ich dachte, dass mir nicht noch wärmer werden könnte, habe ich mich getäuscht. Plötzlich habe ich das Gefühl, dass sämtliche Gedanken aus meinem Gehirn gelöscht worden sind.
„Ja, also...", stammele ich hervor. „Ich wollte mit dir über etwas reden. Und zwar..."
Er schaut mich abwartend an. Fast kommt es mir so vor, als ob er kein bisschen zu ahnen scheint, warum ich hier bin und das macht mich nur noch hibbeliger. Schnell wende ich meinen Blick ab und knete nervös meine Finger.
"Ich hab in letzter Zeit nachgedacht. Und ich glaube... also, eigentlich wollte ich dir sagen, dass ich... bereit bin. Für... was auch immer du möchtest." Ich sehe wieder hoch und Felix' Miene hellt sich augenblicklich auf. Er lächelt mich überrascht an, dann runzelt er die Stirn und schüttelt mit leichter Verwirrung in den Augen den Kopf. "Ich hab dir doch gesagt, dass ich dich nicht unter Druck setzen möchte, Kiki. Du musst wirklich nicht meinetwegen -"
"Ich weiß." Eindringlich erwidere ich seinen Blick. "Aber ich würde gerne. Meinetwegen."
Der skeptische Ausdruck verschwindet aus Felix' Gesicht und weicht einem breiten Strahlen. "Und du bist dir wirklich sicher?" Ich nicke schnell. "Ich bin mir sehr sicher." Verlegen grinse ich ihn an. "Vor allem bin ich mir sicher, dass ich dich so schnell wie möglich wieder küssen möchte. Und Nina hat gesagt, dass ich das erst wieder machen darf, wenn ich mich entschieden habe, was ich will."
Felix lacht und ich bekomme eine Gänsehaut. Glücklich strahle ich ihn an. Von diesem Lachen werde ich niemals genug bekommen und jetzt kann ich es endlich so oft hören, wie ich will.
"Dann steht dem ja jetzt nichts mehr im Wege", murmelt er grinsend. Vorsichtig beugt er sich zu mir vor, nimmt mein Gesicht in beide Hände und küsst mich. Nicht wild und stürmisch, sondern langsam und bedächtig und ich lasse ihn gewähren. Zum ersten Mal lassen wir uns unendlich viel Zeit dabei und es fühlt sich an, als würde die Welt nur für uns beide stillstehen. Langsam vergrabe ich meine Hand in seinen Haaren und lehne mich tiefer in den Kuss hinein. Felix stöhnt leise an meinen Lippen und ich kann nicht anders, als zu grinsen.
Die Wärme in mir breitet sich mit jeder Millisekunde, die verstreicht, immer mehr aus und ich wünsche mir, dass dieser Moment niemals enden wird.

Midnight Rain (Felix Lobrecht)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt