Sie hatte eine Kammer zugewiesen bekommen, in der sich nichts befand außer einem Bett, das immerhin recht bequem erschien. Obwohl sie müde war und sich völlig zerschlagen fühlte, versuchte Veidja etwas zu finden, das sich vielleicht als Waffe eignete. Die Bettpfosten waren jedoch zu stabil und schwer, und das schwarze Laken ließ sich nur anheben, nicht aber von den Bettseiten lösen. Wollte sie bedeckt schlafen, musste sie vom Kopfende aus unter die Decke kriechen. Nicht, dass es wirklich nötig gewesen wäre, sich zuzudecken; wie in allen Gängen war es auch hier angenehm warm.
Licht und Wärme kamen von dünnen Lavaströmen, die in Kanälen in der Wand entlangflossen. Vielleicht hätte sie diese Feuerströme als Waffe benutzen können, doch einerseits wäre das wohl mit dem Verlust von Gliedmaßen einhergegangen, was nicht gerade ihrem Wunsch entsprach. Andererseits schien ein unsichtbares Energiefeld das heiße Gestein an Ort und Stelle zu halten, so dass sie gar nicht herankam. Es wäre ja auch völlig unvernünftig gewesen, es auch nur zu prüfen, nicht wahr?
Veidja saugte gedankenverloren an ihren Fingerkuppen, die noch leicht prickelten.
Nachdem sie sich mehrfach versichert hatte, dass sie die Tür nicht öffnen konnte und es auch keinen anderen Ausweg gab, hielt sie sich an eine der wichtigsten Regeln, die sie über die Zeit zwischen den Schlachten des Ewigen Kriegs gelernt hatte: Wenn du die Gelegenheit hast zu schlafen, dann tu es. Und, nun, ihr stand zwar nicht gerade eine Schlacht bevor, aber sie befand sich definitiv in feindlicher Umgebung, so dass sie jede Regeneration brauchen konnte, die möglich war.
Ein Engel in der Hölle. Veidja seufzte, als sie sich unter dem Laken ausstreckte. Sie konnte spüren, wie sich ihre Verletzungen langsam schlossen, Muskeln entspannten, ihre Haut sich regenerierte. Das Mana hatte wirklich geholfen. Und wenn sie nun etwas Ruhe bekam, würde das den Heilungsprozess noch deutlich beschleunigen.
Sobald sie wieder kampfbereit war, würde sie diesen abartigen Kreaturen zeigen, wozu ein Schlachtenengel fähig war. Vielleicht war man auch bereits auf der Suche nach ihr und sie würde in Kürze mit ihren Gefährten eine Schneise der gerechten Vernichtung durch dieses Höllenloch ziehen.
Bei dem Gedanken daran, wie dem Höllenfürsten das selbstgefällige Grinsen aus dem Gesicht gewischt wurde, musste sie lächeln. Kurz gab sie sich diesen beruhigenden Vorstellungen hin, dann fiel sie in einen traumlosen Schlaf.
Von einem Geräusch wurde sie von einem Moment auf den anderen in Wachsamkeit katapultiert. Und verhedderte sich zuerst einmal in dem unnachgiebigen Laken. Bei der gütigen Mutter, das hatte sie ganz vergessen. Dummer Engel!
Irgendwie schaffte sie es, sich aus dem Bett zu winden und festen Boden unter den Füßen zu haben, bis sich die Tür ganz geöffnet hatte. Der Ausgang wurde komplett von einem Hauptmann ausgefüllt, wahrscheinlich dem, der sie beim letzten Mal mit der Schlinge überwältigt hatte. Und er hatte dieses fürchterliche Ding wieder dabei. Immerhin hatte es ihn einen Finger gekostet und dieses Mal waren ihre Hände nicht mehr gebunden; zudem war sie gestärkt.
Aufmerksam beobachtete sie die Kreatur. Auf dem Schlachtfeld waren die Begegnungen zu kurz für eingehende Betrachtungen, doch sie hatte ja eine entsprechende Ausbildung erhalten. Wieder glich sie ihre Erinnerungen mit dem ab, was sie nun vor sich sah. Ein Hauptmann war ein Halb-Dämon, ein seinem Höllenfürsten direkt unterstellter gefallener Mensch. Er gehörte nicht zu den hohen Dämonen, wie die Höllenfürsten oder ihre Adjutanten, doch er war auch keiner der Millionen Kriecher, die verunstaltet aus dem Boden der Roten Tiefe brachen, erschaffen durch ihre Herren. Hauptmänner wurden durch Blut und Asche geboren, die noch übrigen Splitter ihrer Seelen versklavt und gebunden um ihren Dienst zu tun. Entsprechend ähnlich sah dieser hier einem Menschen, jedoch verzerrt, bulliger, als er hätte sein dürfen. Die zu großen Teilen mit ihm verwachsene Rüstung bereitete ihm fraglos ständige Schmerzen. Dazu der unausweichliche Gehorsam, welcher Befehl auch immer kam... Dieser Hauptmann war sicher nicht glücklich mit seiner Existenz, daher würde es eine Erlösung für ihn sein, wenn sie ihn tötete.

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Weltenbruch (18+)
Viễn tưởng///// Ein Engel. Ein Dämon. Zwei unter vielen. Dies ist unsere Geschichte. Manche würden sagen, sie handelt von Wut und Schmerz. Andere würden sagen, es geht um Liebe. Beides ist wahr. Beides ist falsch. Es ist unsere Geschichte. Wir sagen, es geht...