4 Wochen später
Die letzten Wochen waren ziemlich unspektakulär, aber ich will nicht meckern, denn mein Körper und meine Psyche brauchten das nach all den Jahren Überlebenskampf mal. Mittlerweile habe ich mich wirklich gut integriert und vor allem erholt. Ich verbringe viel Zeit mit Carol, aber auch mit Michonne, Rosita und vielen anderen, nur mit Daryl ist es nach wie vor schwer. Zum Glück hat er endlich eingesehen das ich es Ernst meine, aber wir reden immer noch nur das Nötigste miteinander, was das Zusammenleben nicht einfacher macht. Ich weiß, dass ich Rick bitten könnte mir einen anderen Schlafplatz zu geben, aber irgendwo tief in mir drin tut Daryl mir leid. Ich weiß nicht mal warum, aber ich kann mich schwer damit abfinden, dass es Menschen gibt, die wirklich alleine sein wollen, gerade in dieser Zeit.
Mal davon abgesehen, dass er mir leidtut, brennen Carols Worte noch immer in meinem Kopf, sowie die Tatsache dass sie ihn buchstäblich in den Himmel hob. Bis jetzt merke ich da noch gar nichts von. Selbst wenn wir mal so etwas wie ein Gespräch führen, fällt er schnell in diese unfreundliche Art zurück. Ich muss einfach mehr über ihn herausfinden. In all der Eintönigkeit und Langeweile, die gerade meinen Alltag ausmacht, ist das meine kleine dumme Mission geworden, und so bleibe ich einfach bei ihm. Wenn es ihm nicht passt, kann er selbst zu Rick gehen und ihn bitten mir einen anderen Schlafplatz zu geben.Erneut sitze ich auf der Liege in Denise provisorisch eingerichtetem Arztzimmer und lasse mich untersuchen, mit einer Besonderheit: heute kommt endlich dieser lästige Gips ab. Seitdem ich weiß, dass es bald so weit ist, kann ich es kaum erwarten, denn das ist das letzte große Überbleibsel meiner Verletzungen, und bedeutet hoffentlich das Rick sein Versprechen wahr macht und ich wirklich an einer Tour zum Plündern teilnehmen darf. Die Ruhe der letzten Wochen war sehr schön, aber das Kämpfen fehlt mir, sowie meine Waffen, denn die habe ich immer noch nicht wieder.
Denise schneidet vorsichtig den Gips auf, gespannt fixiere ich den Gang der Schere, bis es plötzlich „knackt" und er offen ist. Langsam zieht sie das lästige Teil ab. Das Gefühl von frischer Luft an meinem Arm beschert mir eine Gänsehaut und ich muss lächeln. „Fühlt sich toll an, was?" höre ich Glenn von der Tür aus sagen. Er begleitet mich. „Unbeschreiblich", entgegnet es mir. Auch Glenn ist in den letzten Wochen ein wahrer Freund geworden, so wie fast alle hier.
„Heb mal dein Shirt an", unterbricht Denise dieses schöne Gefühl. Ich tue sofort, was sie sagt. Kritisch beäugt sie die Wunde an meinem Bauch. „Schmerzt sie noch?" „Nur, wenn ich daran denke", antworte ich. „Sie ist gut verheilt, aber sie entzündet sich leicht. Du musst sie besser pflegen. Benutz die Salbe, die ich dir gegeben habe", sagt sie und wendet sich von mir ab. Ich lasse mein Shirt wieder sinken. „Meinst du, ich bin wieder bereit zum... naja rausgehen?" Frage ich sie. Denise muss schmunzeln und weiß sofort, was ich meine. „Sobald deine Hand sich daran gewöhnt hat, wieder arbeiten zu müssen, ja, aber sei vorsichtig. Unterschätz nicht, wie schwer du verletzt warst und was dein Körper in den vergangenen Wochen geleistet hat". Ich nicke und stehe auf. „Werde ich nicht. Vielen Dank", sage ich und widme mich Glenn. Wir verabschieden uns von ihr und gehen raus.
„Warum hast du es so eilig rauszukommen?", fragt Glenn mich. Wir laufen ein Stück die Straße entlang. „Nenn es verrückt, aber es fehlt mir. Versteh mich nicht falsch. Ich war noch nie so sicher wie jetzt, und ich bin dankbar, aber ich habe das Gefühl und den Drang der Realität mal wieder ins Auge blicken zu müssen, außerdem möchte ich nützlich sein und meinen Teil dazu beitragen", sage ich. „Ich verstehe dich", antwortet er. „Trotzdem solltest du nichts überstürzen. Du musst hier niemandem etwas beweisen", fügt er hinzu. Das ist leichter gesagt als getan. Ich weiß das Rick viel Hoffnung in mich und mein Können setzt, und das verringert in keinster Weise meine Erwartungen, die ich eh schon immer an mich selbst hatte. Meine größte Charakterschwäche ist wahrscheinlich meine Selbstkritik.
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Exile || Daryl Dixon
Fanfiction„Junge Liebe..." Negan lacht und deutet auf Lucille. „Hätte ich das früher gewusst, hätte ich nicht euren Freunden den Schädel eingeschlagen, sondern euch." Er nimmt den Baseballschläger und drückt ihn gegen meinen Hals. Der Stacheldraht bohrt sich...