Wir verbrachten Stunden damit, durch diesen Wald zu ziehen und zu jagen. Noch nie hatte es mir Spaß gemacht, Walker zu töten. Es war einfach eine Notwendigkeit um zu überleben, aber mit Daryl ist es anders. Schon seit wir hier sind, seit der Fahrt fühle ich mich lebendiger denn je, was aber auch wirklich an ihm liegt. Ich traue es mich kaum zu sagen, aber es ist gerade wirklich angenehm in seiner Nähe zu sein, und ein Teil von mir wünscht sich, dass es so bleibt.
Erschöpft lasse ich mich an einem Baum nieder. Ich möchte weiter machen, aber meine Kräfte verlassen mich, und ich bin es meinem Körper schuldig auf ihn zu hören, wenn ich die Möglichkeit habe. Daryl stößt wenig später zu mir. Er setzt sich und legt die Armbrust ins Laub. „Wie fühlst du dich?", fragt er und sieht mich an. Ich atme durch. „Gut, aber körperlich bin ich geschafft". Wir schweigen einen Moment. „Ich hätte nie gedacht, dass es Spaß machen kann", breche ich die Stille irgendwann. Daryl sieht mich an und gibt einen Laut von sich, den ich als Schmunzeln deute. „Hauptsächlich komme ich hier hin, um mich fit zu halten und um den Kopf frei zu kriegen. Ich habe es noch nie aus dieser Perspektive betrachtet, aber ja, Spaß macht es manchmal schon etwas", sagt er. „Danke, dass du mich mit hierher genommen hast. Ich weiß, dass du eigentlich keine Lust darauf hattest". Ich sehe ihn an, unsere Blicke treffen sich. „Du hast genervt. Es blieb mir ja nichts anderes übrig". Ich breche den Blickkontakt ab und sehe etwas peinlich berührt auf meine Finger. „Es war halb so schlimm wie ich dachte, dass es wird", fügt er hinzu. Ich muss lachen. „Vielen Dank".
Eine Weile sitzen wir einfach nur da und lauschen den Klängen des Waldes. Daryl lehnt seinen Kopf irgendwann gegen den Baum und schließt die Augen. „Ich habe dich unterschätzt. Wir können dich wirklich gut gebrauchen", beginnt er. Ich sehe zu ihm. Er öffnet seine Augen wieder und erwidert den Blick. „Danke. Es bedeutet mir irgendwie viel es von dir zu hören. Du warst der einzige, der mir misstraute, und der einzige, der mir tatsächlich sogar Angst machte". „Hab ich dir mehr Angst gemacht als Negan?", fragt er plötzlich. Seine Frage überrascht mich, weshalb ich einen Moment zum Sammeln brauche. „Negan selbst hat mir keine Angst gemacht, nicht mal als er nacheinander die Menschen meiner Gemeinschaft abschlachtete oder abschlachten ließ. Angst macht mir die Macht, die er hat und immer mehr kriegt. Die Leute folgen ihm und das nicht nur aus Angst. Sie glauben an ihn und sind ihm hörig". Ich beende den Satz, da ich plötzlich etwas schmunzeln muss. „Um deine Frage zu beantworten: ja, hast du. Als ich auf dieser Pritsche lag, hatte ich richtig Angst. Nicht unbedingt durch das, was du getan hast, sondern eher durch deine Ausstrahlung. Vor dir muss man Angst haben, was keineswegs negativ gemeint ist". Daryl bricht den Blickkontakt und gibt wieder diesen laut von sich. Jetzt bin ich die, die ihren Kopf gegen den Baum lehnt und die Augen schließt. „Denkst du, seine Leute sind noch hinter dir her?", fragt er irgendwann. Ich schüttle den Kopf, ohne ihn anzusehen. „Nein. Ich glaube nicht das ich so interessant für ihn war, das er noch immer nach mir suchen lässt. Ich denke eher, das er damit versucht hat mir Angst einzujagen. Wenn ich Glück habe, glaubt er ich bin im Wald verreckt". „Ich hoffe er verreckt. Wenn ich die Möglichkeit hätte, würde ich sie ohne zu zögern nutzen", antwortet Daryl. Ich öffne die Augen und blicke in den Himmel. Wir sind schon so lange hier, dass die Sonne langsam beginnt unterzugehen, und dennoch verspüre ich nicht das Bedürfnis gehen zu wollen. „Ich auch Daryl, aber so schwer wie es mir fällt, ist das beste, was man tun kann, sich von ihm fernzuhalten und ihm bloß keinen Grund zu geben aufmerksam auf uns zu werden, zumindest so lang es keine Schwachstelle an ihm und seinem System gibt". Daryl gibt eine Art grummeln von sich. In der Beziehung scheinen wir gleich zu sein. Wir sind Macher. Herumsitzen und bloß keinen Ton sagen, gehört nicht zu unseren Lieblingsbeschäftigungen.
Eine Weile sitzen wir noch dort und schweigen, doch als die Sonne schon fast vollkommen untergegangen ist, steht Daryl auf und reicht mir seine Hand. „Wir sollten gehen". Ich nicke, nehme seine Hand und stehe auf. Daryl nimmt noch seine Armbrust, dann gehen wir los Richtung Bike. „Nimmst du mich das nächste Mal wieder mit?" Frage ich. „Vielleicht", antwortet er. An seiner Stimme kann ich hören, dass er grinst, weshalb ich es auch tue. „Rick sagte mir, dass ich auch mal mitkommen kann zum Plündern. Gibt es überhaupt noch was zum Plündern? Alle Städte sind doch komplett überlaufen und geplündert". Daryl läuft voran. Mittlerweile ist es fast vollständig dunkel. Mit einer Taschenlampe leuchtet er den Boden ab. Er scheint genau zu wissen, wo wir lang müssen. Ich für meinen Teil könnte jetzt nicht mehr sagen, wo es lang geht.
„Das stimmt, aber wir gehen auch nicht mehr in Städte. Wir fahren in andere Orte und halten Ausschau nach verlassenen Häusern oder Unterschlüpfe in denen sich vielleicht vor kurzem Menschen noch aufhielten. Die Ausbeute wird immer kleiner, aber dennoch findet sich manchmal noch etwas Nützliches", beantwortet er meine Frage.
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Exile || Daryl Dixon
Fanfiction„Junge Liebe..." Negan lacht und deutet auf Lucille. „Hätte ich das früher gewusst, hätte ich nicht euren Freunden den Schädel eingeschlagen, sondern euch." Er nimmt den Baseballschläger und drückt ihn gegen meinen Hals. Der Stacheldraht bohrt sich...