2 || Come as you are

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Shelby's POV:

Total in meinen Gedanken gefangen, sitze ich immer noch auf diesem Stuhl. Mittlerweile sind mehr Leute in das Haus gekommen und Rick stellt sie mir vor. Ich war noch nie ein Freund davon, viele Menschen auf einmal kennenzulernen, auch vor der Apokalypse nicht, doch jetzt musste ich da durch. Anfangs tat ich mich sehr schwer damit. Ich wollte um keinen Preis zu viel von mir erzählen, doch sie sind alle sehr einfühlsam und ich will mich wirklich in diese Gemeinschaft integrieren. Man merkt allen an das sie sehr vorsichtig sind, und niemand irgendwem zu schnell sein Vertrauen schenkt, dennoch ist es sehr angenehm und ich merke wie ich mich schnell ziemlich wohlfühle. Einige von ihnen faszinieren mich von der ersten Sekunde an. Glenn's Frau Maggie zum Beispiel, oder Rick's Freundin Michonne, und dann war da noch Carol. Schon als ich mit Glenn aus dem Keller kam, fiel sie mir sofort auf. Sie erinnerte mich direkt an meine Mutter, was mich etwas traurig stimmte. In diesen Zeiten hat Trauer einfach keinen Platz und so verdrängt man seine Gefühle immer weiter. Ich vermisse sie.
Carol hieß mich sofort willkommen, und ich merkte direkt, dass sie durch und durch diese Mutterfigur ist. Unbewusst wünsche ich mir mehr von ihr zu erfahren.

Sie sind alle wirklich sehr freundlich, was es mir etwas leichter macht. Wir sitzen alle in der Runde und tauschen uns aus, nur Daryl lehnt abseits am Treppengeländer und sagt kein Wort. Mein Blick fällt kurz zu ihm. Er mustert mich immer wieder mit strengem Blick, doch als meine Blicke seine treffen, sieht er weg. Was hat er nur gegen mich? Er ist vorsichtig, was angesichts der Tatsachen völlig okay ist, aber dennoch bin ich keine Bedrohung, vor allem gerade nicht, denn mein Körper streikt schon bei den kleinsten Bewegungen. Eigentlich habe ich beschlossen ihn einfach zu ignorieren, doch als Rick mir sagte, dass Daryl für mich zuständig sein wird und ich bei ihm bleiben soll, musste ich diesen Gedanke leider begraben. Mir ist klar, dass sie mich in der Anfangszeit nicht aus den Augen lassen, schließlich taten wir das in meiner alten Gruppe auch nicht mit neuen, aber warum konnte ich nicht Glück haben und zu Glenn und Maggie kommen, oder Carol. Warum ausgerechnet Daryl?

Es scheint fast so, als hätte er bemerkt, dass ich über ihn nachdenke, denn er kommt zu mir und sieht zu mir runter, mit demselben grimmigen Blick. „Hör zu, ich habe heute noch besseres zu tun, deshalb schlage ich vor dir deinen Schlafplatz zu zeigen". Ich sehe ihn an und nicke nur kurz. Ich möchte diese Runde ungern verlassen, denn zum ersten Mal in Wochen habe ich so etwas wie Normalität verspürt. Auch wenn ich es nicht wahrhaben will, fehlte mir die Gesellschaft anderer Leute. Zu gerne wäre ich eines dieser Menschen, die alleine besser zurechtkommen, aber ich bin durch und durch ein Herdentier. Zugegeben, ich kam gut alleine klar da draußen, aber ich habe jeden Augenblick am Alleinsein gehasst.

Langsam rutsche ich auf dem Stuhl nach vorne und versuche aufzustehen, doch meine Beine machen noch nicht so mit wie ich will. Die tagelange Flucht steckt mir in den Knochen. Ich bin fasziniert von meinem Körper. Tagelang hatte ich kaum gegessen und getrunken. Ich war fast durchgängig unterwegs und hatte kaum geschlafen, dazu noch die unzähligen Begegnungen mit Walkern. Es grenzt an ein Wunder, dass ich mit einem gebrochenen Arm, ein paar Wunden und einer Unterkühlung davon gekommen bin.

Aus meinen Gedanken werde ich gerissen, als Daryl plötzlich eine Hand unter meinen Arm legt. Gefolgt von einem genervten Stöhnen, zieht er mich mit einem Ruck von dem Stuhl nach oben. Ich schreckte kurz auf. Ich reagiere nicht gut auf Berührungen, vor allem wenn sie unangekündigt kommen. Ich sehe ihn etwas perplex an. Eigentlich will ich protestieren und ihm klarmachen, dass er mich nicht anzufassen hat, aber ohne fremde Hilfe wäre ich da nicht runter gekommen, und so schweige ich einfach nur. Mein Blick fällt nochmal zu den anderen. Ich verabschiede mich kurz. Carol verspricht morgen nach mir zu sehen.

Wortlos stützt Daryl mich durch den Raum. Draußen angekommen sehe ich das erste Mal wo ich eigentlich gelandet bin. Es ist dunkel, aber dank der Außenbeleuchtung sehe ich alles, und was ich sehe gefällt mir. Sehr schöne aneinander gereihte Häuser mit ordentlichen Vorgärten, in der Mitte eine Straße und überall dazwischen vereinzelte Grünflächen, Strom dank Solarzellen, und das alles geschützt durch hohe Zäune drumherum. Wenn man die Zäune ausblendet, scheint es, als wäre in den letzten Jahren nichts passiert. Verrückt, das die Welt außerhalb dieser Wände in Schutt und Asche liegt. Daryl merkt, dass ich abgelenkt bin und erhöht das Tempo, was mich zwingt auch schneller zu werden. So viele Fragen zu diesem Ort brennen in meinem Kopf, aber keine davon möchte ich ihm stellen.

Exile || Daryl DixonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt