Kapitel 1

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Andächtig ließ er seinen Blick, durch den in schummriges Licht getauchten Raum schweifen. Ein Raum der Sinnlichkeit, ein Raum, in dem man sein könnte, wer man wollte. Ein Raum, welchen er nur zu gerne für sich beanspruchen wollte. Doch ein winziges Problem blieb. Er hatte zwar den Raum, das Gebäude gekauft, doch er war weiterhin vermietet – an eine Domina. – Esra. Er schmunzelte. Vermutlich eine „alte Koryphäe“ in dieser Branche, denn weshalb sonst hatte man ihn ausdrücklich vor ihr gewarnt.


Eilig trat die große, rothaarige Frau zurück in den Keller. Nach dem letzten Kunden hatte sie zwar schon das alte Gewölbe, in welchem, zu ihrem unfassbaren Glück, ihr Studio vor einigen Jahren einen Platz gefunden hatte, in seinen Urzustand zurückversetzt, doch in der Eile zum nächsten Termin, der außerhalb ihrer heiligen Hallen stattfinden sollte, hatte sie schlicht ihr Handy vergessen. Ohne ihr Fenster zur Welt war sie vollkommen aufgeschmissen, denn würde sie sich nicht alles darin notieren, sie würde schlicht ihren eigenen Kopf vergessen.
Vollkommen in Gedanken spürte die in gänzlich schwarzes Leder gehüllte Frau zwar unterbewusst eine fremde Präsenz in ihren Hallen, doch maß sie dem keine Bedeutung bei. So stürmte sie hastig in den großen Folterkeller und rannte geradewegs in etwas Hartes und doch unfassbar Angenehmes hinein. Erschrocken sah sie auf.


„Was zum Teufel?! Können Sie nicht aufpassen Sie….“, begann er, brach jedoch abrupt ab, als sein Blick den ihren traf. Er schluckte, bemüht seine Fassung zu waren und doch waren es ihre Augen, ihr Blick, welche ihn schlagartig seiner Sprache beraubten.


Das Erste, was die relativ junge Frau wahrnahm, als sie den Blick hob, war nach seinem unbeschreiblich angenehmen Duft, diese alles einnehmenden, ihr unvermittelt ins Innerste blickenden Augen. Sie waren von einem solch intensiven Grau, dass sie fast schon silbrig wirkten. Etwas das sie für ein Ammenmärchen gehalten hatte erfasste ihren Körper. Ein Kribbeln von unfassbarer Intensität durchfuhr sie, brachte die gestandene Domina vollkommen aus dem Konzept und ließ sie überrascht zurücktaumeln. ‘Fuck, was war denn das? ’ Schoss es ihr durch den Geist und sich brauchte einige Augenblicke, bis sie sich wieder im Griff hatte und in gewohnter Strenge die Schultern straffte. Mit sehr viel gefassterer Stimme, als sie sich selbst zugetraut hätte, fragte sie sogar schroff: “Können sie mir erklären wie sie in mein Studio kommen und was zu Teufel sie hier zu suchen haben? Wenn sie Mr. Brauer sind, dann warten sie gefälligst wie verabredet vor der Tür, sie ungehobelter Bastard!”


“Sie ungehobelter was?”, riss er sich unwirsch aus seiner Trance, schluckte nach Fassung ringend, bevor er seinen Blick offenkundig über ihren Körper wandern ließ. Wer war diese Frau und was maßte sie sich an, ihn, ausgerechnet ihn, auf eine solch unverfrorene Weise anzugehen. Tiefatmend strich er mit den Fingerspitzen über das raue Papier des Umschlags in seiner Hand, grinste überlegen, bis er ihn unbemerkt in der Jackettasche seines perfekt sitzenden dreiteiligen Anzuges verschwinden ließ. “Entschuldigen Sie, das war mir nicht bewusst”, erwiderte er ahnungslos, bevor ihm klar wurde, welch Worte grade voller Neugierde seine Lippen verlassen hatten. Zu sehr wollte er wissen, wer diese Schönheit war, was sie in diesen Räumlichkeiten zu suchen hatte.


“Bist Du nicht nur unfähig Dir den Ort zu merken, den Du selbst als Wunsch angeben hast, sondern bist Du auch noch taub, unnützer Bastard?” Forsch trat sie auf ihn zu, sofort die Rolle einnehmend, weswegen Leute wie er zahlreich ihr Studio aufsuchten, auch wenn sie für gewöhnlich bei weitem nicht so gutaussehend waren wie dieser Klient.

Nein, die Bezeichnung Rolle für ihr Handeln stimmte nicht, denn es war viel mehr als das. Sie war, was sie verkörperte, spielte es nicht, sondern fühlte es, er allerdings hatte es geschafft sie aus dem Konzept zu bringen und einen Moment des Sammelns zu benötigen eh sie nach gewohnten Mustern handeln konnte.

Zielsicher griff sie mit der Linken nach ihrer dort hängenden Tawse, während sie unvermittelt in seinen persönlichen Raum trat, seine Krawatte griff und ihn daran auf die Knie zwingen wollte.
“Auf die Knie Du ungehobelte Made! Weißt Du denn gar nicht wie Du Deiner Göttin zu begegnen hast?” Griff sie Bauers Wünsche nach Behandlung und Bezeichnung auf.

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