#24 Einen Schluck

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Milo

Ein erschrockenes Keuchen entwich mir, als ich in eine Straßengasse gezogen wurde. Mit einem Unterarm auf der Brust wurde ich an die Hauswand gepresst. Der Geruch von Rauch und Alkohol stieg mir in die Nase. Die Mülltonnen neben mir taten nicht ihr bestes dazu. Spärliches Licht ermöglichte mir, dass ich die Person gegenüber von mir erkennen. Schwer schluckte ich, da ich vermutete, dass dieses aufeinander treffen nicht gut ausgehen würde.

„Milo, Milo", kam es ihm abschätzig über seine Lippen. „Was möchtest du?", fragte ich mit knapper Luft nach. „Vieles, aber du kannst mir nur eins geben. Geld", verriet Simon mir. „Warum sollte ich?", hakte ich grinsend nach. „Du möchtest einen Grund dafür? Schön, bekommst du. Bezahl mich und ich lasse dich, deine Familie und deine Freunde in Ruhe."

Das war ein guter Grund, um nachzugeben. Leider war mir bewusst, dass es nicht bei dem einem Mal bleiben würde, aber ich wollte nicht riskieren, dass irgendjemandem etwas passiert. Wenn es nur um mich gegangen wäre, wäre mir das egal gewesen, aber nicht meine Freunde und Familie.

„Jede Woche, 500", fügte Simon noch zu. „In Ordnung", stimmte ich unfreiwillig zu.

Der Druck gegen meine Brust wurde geringer, denn er gab mir die Möglichkeit, um nach meinem Portmonee zu greifen. Das war wohl der Zeitpunkt an dem ich realisierte, dass ich besser auf Severin gehört hätte. Dreckig grinsend nahm Simon das Geld an sich und zählte es durch. Anscheinend dachte er, dass ich ihn betrügen wollen würde, aber das würde ich mich in der Situation nicht trauen.

„Und wehe du erzählst jemanden etwas davon. Du kannst dir ja bestimmt denken, was sonst passiert", mit den Worten ließ er mich alleine. „Das kann doch nicht sein", murmelte ich leise, während ich die Hauswand runterrutschte.

Frustriert über meine eigene Handlung ließ ich meinen Kopf in den Nacken fallen. Ich wollte nach meinem Handy greifen und Severin schreiben, aber es war weg. Super, jetzt hatte ich mich auch noch beklauen lassen. Der Abend konnte nur noch schlimmer werden, dachte ich mir. Auf einmal erkannte ich ein Blitzlicht und hörte darauf ein Lachen. Das war wohl das nächste Bild für irgendeine Zeitung, die voll mit Klatsch und Tratsch war.

Schwer atmend legte ich meine Stirn auf die angezogenen Knie. Ich hatte das Gefühl, dass meine Brust von Sekunde zu Sekunde enger wurde. Die zittrigen Fingern drückte ich auf meine Ohren, wodurch ich meinen verschnellerten Herzschlag hören konnte. Mir wurde so warm als ob wir Sommer hätten, obwohl es fast Ende November war.

***

Anfangs war mein Plan gewesen Severin beim Club zu besuchen, aber jetzt verließ ich taumelnd die Bar. Raffael hatte mich den ganzen Abend bedient, aber kaum ein Wort mit mir gewechselt. Da ich ihn in den letzten Wochen öfter gesehen hatte, wusste ich, dass das Schweigen nicht normal für ihn war. Ihn fragen, was los war, tat ich auch nicht, denn dafür mein Kopf zu sehr vom Alkohol benebelt.

„Milo", hörte ich auf einmal Severins Stimme hinter mir, wodurch ich mich umdrehte.

Ich hatte mir seine Stimme nicht eingebildet. Mit einem angezogenen Bein lehnte er an seinem Auto. Die silbernen Haare hingen ihm wirr in der Stirn, da er sie nicht gestylt hatte. Zwischen den Lippen hatte er eine Zigarette klemmen. Mit langsamen unsicheren Schritten torkelte ich auf ihn zu.

„Kleiner Prinz", hauchte Severin mir einen Kuss gegen die Stirn. „Was machst du denn hier?", fragte ich verwirrt nach. „Dich abholen. Raffael hat mir geschrieben, dass du betrunken bist", erklärte er mir. „Ich wäre irgendwie nach Hause gekommen", stellte ich nuschelnd klar. „Kann sein, aber ich bringe dich jetzt nach Hause", lächelnd strich er mir ein paar Haarsträhnen aus dem Gesicht.

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