Severin
Milo kämpfte mit sich selber. Nachdem er wusste, dass Wein in der Suppe gewesen war, versuchte er sich abzulenken. Das Wissen war wohl schlimmer als der Geschmack. Wenn er nicht gefragt hätte, warum das Essen anders schmeckt, hätte ich den ganzen Abend gerätselt, warum er kämpft. Genervt warf Milo den Bleistift auf seinen Schreibtisch.
„Ablenkung ist anstrengend und bescheuert", brummte Milo. „Vielleicht anstrengend, aber nicht bescheuert", stand ich vom Bett auf. „Kann ich nicht einfach einen Drink haben? Im Grunde habe ich doch jetzt sowieso schon getrunken", mit einem Seufzen legte er seinen Kopf in den Nacken. „Kannst du, aber du kannst auch gegen den Drang ankämpfen. Ich weiß, dass du stark bist und das schaffst", versuchte ich ihm gut zuzureden.
Sachte legte ich von hinten meine Hände auf seine Schultern und gab ihm einen kurzen Kuss, da er seinen Kopf noch immer nicht aufgerichtet hatte. Ich konnte sehen, dass er über meine Worte nachdachte, da er konzentriert an die Decke schaute. Wenn er sich fürs trinken entscheiden würde, würde ich ihn nicht aufhalten, sondern aufpassen, dass ihm nichts passiert. Rückfälle sind normal, wiederholte ich in meinem Kopf wie ein Mantra.
„Magst du mich nicht ein wenig ablenken?", sanft legte Milo eine Hand auf meine Wange. „Mache ich gerne, aber es wird nur ein kurzes Hoch sein", sprach ich meine Bedenken aus.
Erneut seufzte Milo. Anscheinend wusste er nicht, wie er sich entscheiden sollte. Grübelnd zog er das Piercing zwischen seine Zähne, was mich schmunzeln ließ. Wahrscheinlich wusste er nicht wie unwiderstehlich er dabei aussah. Mit Schwung drehte ich den Stuhl um, wodurch er verwundert zu mir hochschaute. Grisend lehnte ich mich zu ihm herab, um ihn zu küssen.
***
Orientierungslos strich meine Hand übers Bett, aber ich bekam Milo nicht zu greifen. Seine Betthälfte war leer, merkte ich. Bestimmt ist er nur im Badezimmer, dachte ich mir. Müde kuschelte ich mich wieder in die Decke und schloss meine Augen. Als ich nach mehreren Minuten noch immer alleine war, beschloss ich nach ihm schauen zu gehen. Im Badezimmer war das Licht aus, wodurch ich nach unten schlurfte.
Milo saß am Küchentisch, die Stirn müde auf der Innenseite seiner Hand gestützt. Vor ihm eine halb leere Flasche Whiskey und ein volles Glas. Er murmelte irgendwas unverständliches vor sich her, während er auf dem Handy vor sich herum tippte. Nach kurzem zögern setzte ich mich zu ihm, wodurch er mich anschaute.
„Bekomme ich auch ein Glas?", fragte ich, damit ich ihm kein schlechtes Gefühl gab. „Du bist nicht sauer?", interessierte Milo sich, als er mir sein Glas zuschob. „Nein, Rückfälle gehören dazu und ich habe gar kein Recht darauf sauer zu sein", antwortete ich ehrlich. „Ich wollte keinen. Es hat mich so viel Bemühung gekostet, die jetzt so umsonst war. Da hätte ich mir das nüchtern bleiben ersparen können", jammerte er herum.
Nach einem kurzem Kopfschütteln stand ich auf, umrundete den Tisch und legte meine Arme von hinten um ihn. Er war sauer und enttäuscht von sich selber, was vollkommen verständlich war. Ich wollte dem schwarzhaarigen zeigen, dass ich für ihn da war. Seine Augen waren mit Tränen gefüllt, als er zu mir hinauf schaute. Es war schlimmer für ihn als ich es mir vorgestellt hatte, als ich über einen eventuellen Rückfall nachgedacht hatte. Ich wusste nicht genau, was ich sagen sollte, da sich alles nicht hilfreich anhörte.
„Serie und Couch?", fragte ich schließlich, um ihn abzulenken, was er leise bejahte.
Für Milo hatte mein Vorschlag zwei Vorteile: Er musste die Treppe nicht benutzen und er hatte den Alkohol nicht direkt vor seiner Nase stehen. Da ich nicht sicher war, wie gut es war, dass er in dem Zustand seine Krücken benutzte, hob ich ihn vorsichtig hoch. Mich verwunderte es, dass ich nicht gehört hatte, dass er gegangen war, denn mein Schlaf war normalerweise nicht so feste. Ich wachte zwar nicht bei jedem Geräusch auf, aber bei vielen unbekannten, was seine Krücken auf jeden Fall waren.
DU LIEST GERADE
Nur ein Wunsch
Teen FictionWünsche, jeder hat sie. Jeder auf eine unterschiedlichen Art und Weise. Manchmal führen sie uns zusammen, aber sie trennen uns auch. Auch Severin und Milo haben welche, obwohl sie meist einen Sorgenfreien Eindruck machen. Severin ist dafür bekannt...