XI. Eigene Entscheidungen

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Als wir eintraten, wurde sofort jegliches Kampfgeschehen eingestellt. Nur versuchte ich, die Stimmen, die mit unangenehmem Unterton fragten, wer ich sei, zu ignorieren. Mich beruhigte allerdings, dass Merit meine Hand drückte, um zu zeigen, dass er bei mir war, während er erhobenen Hauptes an das Ende des Saals vor seinen Vater trat, bevor wir uns zu den anderen herumdrehten. Erst als sein Vater ihn fragte, was er tat, ließ er von meiner Hand los. Irgendwie vermisste ich seine Wärme, auch wenn ich es gerade eben vorgeschlagen hatte, dass er mich losließ. "Ist schon gut, Vater." Merit räusperte sich, bevor er zu den Lords sprach. Gerade als Elinor sich durch die Tür schlich, begann er. "Ich hatte eine ausführliche Unterhaltung mit der Königin. Sie denkt, dass es das Beste ist, wenn ich euch das Ergebnis preisgebe."

"Ach, ist das so?", meinte Dingwall spöttisch, woraufhin Merit nur zunehmend wütender zustimmte. Ich tippte seine Hand, die immer noch neben mir hing, an und er sah kurz zu mir, bevor er durchatmete. Doch auch die anderen Lords kamen und bedrängten ihn, dass sie mit der Königin sprechen wollen. Wahrscheinlich instinktiv hielt Merit einen Arm vor mich, während wir beide ein paar Schritte nach hinten gingen. Allerdings ließen die Lords nicht locker, bis dann Merit das Machtwort sprach und laut "Klappe!" rief. Danach waren alle still und Merit räusperte sich, während er zu mir sah. Ich nickte ihm nur aufmunternd zu und er atmete durch, bevor er weitersprach.

"Nun, ja." Elinor war ungefähr bis zur Hälfte des Raumes gekommen und war kurz davor, die Treppe hochzugehen. Es ging nur ums Zeitschinden. Merit dachte sich schnell etwas aus. "Einst gab es ein altes Königreich. Dieses Königreich zerfiel in Ruin und Chaos und Krieg."

"Wir alle kennen diese Geschichte. So ein Quatsch", meckerte Lord Macintosh, während er einen Arm in die Hüfte gestemmt hatte. "Aber sie ist wahr. Ich weiß jetzt, dass eine selbstsüchtige Tat das Schicksal eines Königreiches verändern kann." "Nur eine Legende", grummelte Macguffin.

"Legenden sind Lektionen, in denen man die Wahrheit hört. Unser Königreich ist jung und unsere Geschichten sind noch keine Legenden, aber in ihnen wurde unser Bündnis verewigt. Unsere Clans waren einst verfeindet." Merit fing an, etwas über den damaligen Krieg zu erzählen, wo die Clans sich gegenseitig geholfen haben. Ich konnte ihm nur lächelnd zusehen.

"Die Geschichte unseres Königreiches ist kurz, aber mächtig. Mein Vater hat eure Kräfte vereint und ihr habt ihn zum König gewählt. Es wurde ein Bündnis geschmiedet, mit Tapferkeit und ewiger Freundschaft, das bis heute anhält."

Schweren Herzens seufzte er und blickte kurz zu mir, bevor er sich wieder den Lords zuwandte. Ich sah zu Elinor, die berührt die Pfoten aufs Herz gelegt hatte. Sie schien stolz auf ihn.

"Doch ich war egoistisch. Meinetwegen gibt es in unserem Königreich nun eine Kluft. Nur ich bin daran schuld und ich weiß nun, dass ich diese Schuld wiedergutmachen und das Band neu knüpfen muss." Er trat einen Schritt von mir weg, näher zu den Lords.

Elinor hingegen ließ die Pfoten fallen und sah traurig zu ihrem Sohn. Ich wusste nicht, warum. Oder wäre es möglich, dass sie vielleicht ihre Meinung geändert hat? "Also, da wäre die Angelegenheit mit meiner Verlobung. Ich will also nun tun, was richtig ist ..." Ich tippte Merit unauffällig an, als ich Elinor sah und deutete mit meinem Blick zu ihr. Sie fuchtelte zuerst mit den Armen, um seine Aufmerksamkeit zu erregen, bevor sie eine Hand in einer Schneidbewegung an ihren Hals hielt. Er soll abbrechen? "Und ..." Sie nahm ihre Pfoten und deute das nächste Wort an. "Brechen ... die Tradition", meinte Merit voller Realisation, während Elinor nickte, bevor sie das Scharade-Spiel weiterführte. "Meine Mutter ..., die Königin ... findet ... von ganzem Herzen, dass ... ich ... dass wir ... frei sein sollten, um ... zu schreiben? ... um unsere eigene Geschichte zu schreiben ... folgen sollen wir nur ... unseren Herzen und ..."

Bei dem letzten Wort deutete sie noch auf uns beide, weshalb meine Wangen gleich warm wurden. Merit lächelte zu mir herüber, während er seinen Text beendete. "... wahre Liebe finden. Wann und wo wir wollen." Eine Tomate wäre wahrscheinlich lächerlich im Vergleich zu mir. Er liebt mich auch? Wären nicht so viele Leute hier, wäre ich ihm wahrscheinlich um den Hals gefallen.

Elinor lächelte zufrieden und stolz ihren Sohn an, während die Lords leise murmelten. Merit wendete sich wieder zu ihnen. "Die Königin und ich überlassen die Entscheidung euch, My Lords. Dürfen wir jungen Menschen in Zukunft selbst darüber entscheiden, wen wir lieben?"

Macintosh war der Erste, der seine Worte fand. "Nun ja, da ihr allem Anschein nach, eure Meinung schon gebildet habt, hab ich noch eine Kleinigkeit zu sagen. Das ist ..." Er wurde von seiner Tochter unterbrochen. "... eine großartige Idee. Gebt uns Mitspracherecht bei der Wahl unseres Schicksals." "Was?", platze es förmlich aus ihrem Vater heraus.

Die kleine Dingwall setzte fort. "Ja, wieso sollten wir nicht wählen dürfen?" "Aber er ist der Prinz?" "Ich hab' ihn mir nicht ausgesucht, das war allein deine Idee."

Merit grinste mir zu, während ich mir das Lachen verkneifen musste. Lord Dingwall und Lord Macintosh sahen wirklich verzweifelt aus. Lord Macguffin drehte sich zu seiner Tochter und fragte nach ihrer Meinung, doch wegen ihres schweren Akzentes konnte ich kein Wort versehen, das sie sagte. Aber ihr Vater verstand es und das reichte wohl. Sie schien der gleichen Meinung wie die anderen zu sein. "Na gut, dann ist alles klar. Lasst die Mädchen ihr eigenes Schicksal wählen."

Wir verbeugten uns noch alle voreinander, bevor Fergus seinen Sohn an den Schultern nahm und ihn stolz anlächelte. "Genau wie deine Mutter." Da wir gerade von ihr sprechen. Eine Wache stupste sie gerade mit einem Speer, da er sich wahrscheinlich nicht sicher wahr, ob die Statue ihn gleich ansprang. Technisch gesehen könnte sie es. Merit hatte es auch bemerkt, weshalb er sich gleich etwas ausdachte und laut schrie: "Alle mal herhören! Auf in den Keller! Wir entkorken die Privatreserven des Königs, um zu feiern!"

Die Wache ließ von Elinor ab und Merit und ich atmete auf, während Fergus mit der Meute in den Keller ging und zu einem Bediensteten, der neu zu sein schien, zumindest kannte ich den Namen des Jungen nicht, sagte, dass er nur die kleinen Gläser holen soll. Als alle raus waren, schloss Merit schnell die Tür und Elinor fiel aus ihrer verkrampften Position in ihre normale Haltung.

Als Merit sich vor seine Mutter stellte und ich gleich nachkam, tätschelte sie unsere Köpfe und lächelte. Ich bin wirklich froh, wenn Elinor kein Bär mehr ist.

Merit lachte sanft, bevor ihm wieder einfiel, warum wir hier sind. "Der Wandteppich."


Verändertes Schicksal (m.Merida - Merida)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt