Kapitel 5- die Realität

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Es ist dunkel und mein Schädel drückt. Als ich versuche die Augen zu öffnen, durchfährt ein weiterer Stich meinen Kopf. Verdammt wo bin ich und was zur Hölle ist passiert? Ich atme nochmal tief durch und schaffe es dann endlich meine Augen zu öffnen. Der Raum ist gedämmt, ich sehe nur einen kleinen Lichtschimmer durch das Fenster über mir und ich liege auf einer alten Matratze. Bin ich hier in einem Gefängnis? Zumindest sieht das so aus. An den Wänden kleben Spinnweben und auch sonst sieht der Raum hier nicht gerade gepflegt aus, Lilith verdammte Scheiße was hast du gemacht? frage ich mich selbst.

Plötzlich durchströmt mich ein Strudel von Erinnerungen. Der Weihnachtsmarkt, mein toter Ehemann, die Schüsse... Ich muss wohl beim Versuch zu flüchten auf den Boden geknallt sein, anders kann ich mir mein Blackout danach nicht erklären. Aber wie bin ich hier her gekommen? Wurde ich von den Schützen entführt? Oder hat Luca mich hier her gebracht? Aber wieso, er kann mich eigentlich nicht hier her gebracht haben, er weiß doch, dass ich kleine Räume und vor allem Spinnen hasse. Aber er hat ja anscheinend auch seinen Tod vorgetäuscht und zum ersten Mal in meinem Leben frage ich mich, ob ich meinen Ehemann jemals wirklich gekannt habe.

Ich nehme all meine Kraft zusammen und versuche aufzustehen, falle aber erstmal wieder auf die unbequeme Matratze. <<Ist doch alles scheiße hier>>, spreche ich etwas lauter als gedacht aus und plötzlich öffnet sich die Tür des kleinen Zimmers. <<Du solltest dich erst noch etwas ausruhen, sonst kannst du das Aufstehen gleich vergessen>> sagt eine dunkle Figur im Schatten der Tür. Doch auch wenn ich diese Person anscheinend nicht kenne, versetzt mir die Stimme ein Schmetterlingsgefühl in meinem Bauch, so wie damals. Es war Luca und ich hatte definitiv nicht geträumt, dein mein totgeglaubter Ehemann stand nun vor mir. Seine braunen Haare waren kürzer als bei unserer Hochzeit und auch sein Outfit war anders. Er stand selbstbewusst in seinem Sakko vor mir und starrte mir mit seinen eisblauen Augen direkt in meine Seele, das hat er immer getan. Man sagt immer Liebe auf den ersten Blick gibt es nicht, doch seine Augen haben mir das Gegenteil bewiesen. Trotzdem bin ich sauer auf ihn und vielleicht verspüre ich auch so etwas wie Angst, als er einen großen Schritt auf die Matratze zu macht.

<<Du hattest noch nie Angst vor mir love, woher der Sinneswandel>>, gab er von sich, als sich seine Augen zu einem besorgten Blick verziehen. <<Ich hatte geglaubt du bist verreckt, woher der Lebenswandel Schatz?>>, zischte ich zurück und wusste, dass er den Kosenamen Schatz hasste, so wie ich ihn in dem Moment. Sein Mund formte ich zu einem Lächeln, doch er sagte nichts, verdammt was ist nur mit meinem Luca passiert. <<Ein frecher Mund wie dieser steht die Häschen, hätte garnicht gedacht, dass du mich noch mehr beeindrucken kannst>>. Flirtet dieser Arsch jetzt wohl mit mir? Nach allem was passiert ist zieht er diese Nummer ab? Wutentbrannt stehe ich auf und will ihm eine verpassen, aber mein Körper macht eben noch nicht ganz mit. Vor seinen Knien sacke ich zusammen und werde von zwei starken Armen aufgefangen, bevor mein Kopf den Boden berührt. <<Ein Sturkopf warst du schon immer Lil>>, kicherte er. Er zieht mich zu sich und hält mich fest, bevor ich nochmal versuche ihm meine Wut zu zeigen. Während er mich ansieht, sehe ich zu Boden. Wenn er jetzt denkt ich verzeihe ihm dem ganzen Schmerz, den er verursacht hat, dann kennt er mich nicht gut genug. Ich mag zwar ein Wrack sein, aber schwach und manipulierbar bin ich nicht.

Als er merkt, dass ich sein schelmisches Lächeln nicht erwidere, lässt er mich langsam los und ich sacke zurück auf die Matratze. <<Warum hast du mir das angetan Luca, das ist nicht das was du mir an unserem Hochzeitstag versprochen hast>>, sage ich, während ich ihm nun zum ersten Mal richtig in die Augen schaue. Sie werden dabei glasig, aber das interessiert mich nicht. Weinen ist nicht schwach, es zeigt nur meine Gefühle und Gefühle zeigen ist stark, hat Luca auch immer gesagt.

<<Kannst du dich noch an unser Gelübde erinnern Lil? In guten wie in schlechten Zeiten, bis dass der Tod uns scheidet. Und nun hat er es getan. Ich bin tot und wir sind nicht mehr verheiratet und deshalb bin ich nicht verpflichtet dir irgend eine Rechenschaft zu geben. Es war ein Fehler hier runter zu kommen, Diego bringt dir gleich dein Essen und Trinken, ich komme morgen wieder>> und damit verlässt er den Raum und ebenfalls den Platz in meinem Herzen, der noch an meinen alten Ehemann geglaubt hat.

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