«Du bist die grösste Enttäuschung meines gesamten Lebens. Du hast den einfachsten Job der Welt und verk*ckst es trotzdem. Wie konnte das passieren? Bist du komplett bescheuert? Du hättest das gewinnen müssen! Woran ist es gescheitert? War es dieses schreckliche Make-Up? Oder diese komischen, unnötigen und vor allem kindischen Flügel? Es war doch nicht so schwer. Diese Sabrina konnte es ja auch. Und was sollte diese Mandarine heute Morgen? Eine halbe hätte gereicht. Du bist so undankbar. Wie habe ich so eine Enttäuschung wie dich nur verdient.»
Mein Vater rastet komplett aus und die Tränen kann ich auch nicht mehr zurückhalten. Ich wollte sie nicht enttäuschen. Sie haben recht. Ich bin eine einzige Enttäuschung.
«Das wars. Für die nächsten 5 Tage gibt's für dich nur noch Weintrauben. Dann lernst du vielleicht auch Mal, dass das, was du hier machst, nicht nur ein Spiel ist. Oder willst du uns in den Ruin treiben? Wir brauchen dieses Geld!»
Wow. So hart war die Straffe noch nie. 5 Tage? Das habe ich nicht erwartet. Aber vielleicht habe ich es ja verdient? Wäre es wirklich so einfach gewesen zu gewinnen? Habe ich es einfach nicht gepackt? Lag es wirklich an mir?
Am selben Abend...
Ich kann nicht schlafen. Haben sie recht? Oder ist die Straffe wirklich zu brutal? Ich kann nicht mehr. Wieso muss ich diesen ganzen Schei*s mitmachen? Doch wer, wenn nicht ich? Ich glaub ich hab's verdient. Ich bin die reinste Enttäuschung. Das wird sich auch nicht mehr ändern.
Ich kann das alles nicht mehr. Aber ich muss. Sonst sind sie noch mehr enttäuscht. Ausserdem brauchen wir das Geld wirklich, solange mein Vater nicht Vollzeit und meine Mutter gar nicht arbeitet. Warum kann ich nicht einfach auf sie hören? Es wäre doch so viel einfacher, wenn das ganze mir Spass machen würde. Aber ich kanns nicht ändern. Ich sollte einfach mitmachen. Warum kann ich das nicht? Alle andern auf diesen Veranstaltungen schaffen es ja auch. Nur ich enttäusche wieder einmal alle.
Die Gedanken rasen. Sie hören nicht mehr auf. Es ist schon zwei Uhr nachts. Ich kann nicht schlafen. Ich kann nicht aufhören zu weinen. Ich weine leise. Niemand hört mich. Niemand ist für mich da. Kann ich jemanden anrufen? Nein. Ich wüsste nicht wen. Meine Oma? Die hat ihr Handy nachts ausgeschaltet. Ausserdem darf sie nicht wissen, wie es mir geht. Sie würde sich Riesensorgen machen. Meine Eltern kann ich sowieso nicht anrufen. Sie sind schuld an diesem ganzen Schei*s. Freunde? Ich habe keine. Wirklich keine. Die einzig nette Person, die ich in letzter Zeit getroffen habe, ist diese Make-Up Artistin. Doch die sehe ich wahrscheinlich nie wieder. Und nach ihrer Nummer habe ich auch nicht gefragt. Ausserdem will ich sie nicht mit meinen Problemen belasten. Nur weil ich sie einmal aus Zufall getroffen habe, muss ich sie nicht mit reinziehen.
Also weine ich allein. So wie schon immer. Als keine Tränen mehr kommen liege ich einfach nur still da. Still und ohne Bewegung. Ich starre auf meinen rosaroten Schrank. Es hat noch Klebereste von den Stickern, die daran klebten als ich noch ganz klein war. Er ist eine der letzten Erinnerung an mein heiles, glückliches Leben. Jedes Mal, wenn ich auf diesen Schrank schaue, fange ich an zu lächeln. Eigentlich. Heute nicht. Die letzten Wochen ist zu viel passiert. Einschlafen kann ich noch immer nicht. Die vielen Gedanken lassen mich einfach nicht los. Sie plagen mich schon seit Wochen. Es war ein Fehler sie heute zuzulassen. Ich hätte sie wegsperren sollen. Für immer. In die hinterste Ecke meines Gehirns.
Ich schlafe eine knappe halbe Stunde vor meinem Wecker-klingeln ein. Am nächsten Morgen bin ich so kaputt wie schon lange nicht mehr. Abends kann ich aber wieder nicht schlafen. Die nächsten Tage werden verdammt hart ohne Schlaf. So hart wie noch nie...
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Zwischen Applaus und Selbstzweifeln
JugendliteraturMila wird von ihren Eltern gezwungen an verschiedenen Schönheitswettbewerben und Fotoshootings teilzunehmen, bis sie einfach nicht mehr kann...