Kapitel 11: Sabrina

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Wieder ein Schönheitswettbewerb. Doch das Lachen ist real. Ich schaue ins Gesicht des Mädchens vor mir. Nervös und doch vorfreudig. Ich mache die letzte Bewegung mit dem Pinsel in meiner Hand, lächle sie freundlich an und zeige ihr einen erhobenen Daumen.

Ich kann nicht glauben das es erst ein Jahr her ist seitdem ich den letzten Wettbewerb selber mitgemacht habe. Heute bin ich Ultra zufrieden mit meinem Nebenjob und dem Gymnasium, welches ich Gleichzeitig besuche. Diese Vorfreudigen Mädchen zu schminken, macht mir so viel Spass wie noch nichts zuvor.

«So, das wars. Gefällts dir?»

Das Mädchen nickt und verlässt wortlos den Raum. Sie ist nicht wie ich. Ihre Freude ist echt. Meine wars nie.

Als die nächste Kandidatin den Raum betritt werden meine Augen gross.

Sabrina. Das Mädchen das mehr oder weniger der Auslöser für vieles war. Unbewusst zwar, einfach aus Zufall. Und trotzdem. Sie hat damals einfach dasselbe getan, wie ich. Nur besser...

«Sabrina, oder?» frage ich und ich sehe wie ihr Blick zuerst Verwirrung und danach erkennen zeigt.

«Du bist doch Mila. Du warst an dem einen Wettbewerb mit den Riesen Flügeln. Ich hatte dich danach nie wieder an einem Wettbewerb gesehen. Hast du aufgehört zu modeln?»

«Lange Geschichte...» antworte ich nur und bedeute ihr, sich zu setzen.

«Ich würde sie gerne hören. Hast du was vor nach dem Event?»

Zwei Stunden später sitzen wir zusammen an einem Tisch im Café gegenüber.

«...Echt krass. Aber das passiert leider viel zu oft beim Modeln. Leute, die sich selber zu viel Druck machen oder auf die, andere Druck ausüben.» Ich denke über ihre Worte nach. In der Zeitung sind immer wieder Fälle wie meiner beschrieben.

«Und du wohnst jetzt bei deiner Oma?»

Ich nicke. «Nach dem ganzen Drama tut mir der Abstand zu meinen Eltern, aber auch der Abstand zu meinem alten Zuhause, echt gut. Ausserdem ist in der Nähe des Hofes meiner Oma ein kleines Gymnasium, in das ich gehen kann. Meine Eltern sehe ich nur noch einmal die Woche. Dieses Treffen verläuft meistens ziemlich schweigend. Ich gehe auch nie zu ihnen ohne Oma. Sie steht 100% hinter mir und ich kann mich auf sie verlassen...»

Sie sieht mich schon fast neidisch an.

«Wow, klingt echt toll...»

Es entsteht eine kurze Pause, bevor sie fortfährt: «Ich habe auch seit Jahren keine engen Freunde mehr. Meine Eltern arbeiten schon seit ich klein bin unglaublich viel. Versteh mich nicht falsch, sie haben mir dadurch viel ermöglicht, aber seit ich modle bleibt auch nicht mehr viel Zeit für Freunde. Ich bin, wenn ich nicht in der Schule bin, immer unterwegs. Einerseits ist das toll. Ich liebe es auf Bühnen zu stehen. Jedoch fehlt mir ein immergleiches Umfeld mit Freunden. Weisst du, was ich meine?»

Ich nicke. Ich kenne dieses Gefühl nur zu gut. Nein, kannte. Mir fällt immer mehr auf was mir alles fehlte und was ich mit Oma und dem neuen Zuhause.

Wir sitzen noch lange gemeinsam da. Als mich meine Oma zwei Stunden später abholt, tauschen wir unsere Nummern und Adressen aus. Wir wollen uns in Zukunft mehr treffen. Uns beiden tut es gut miteinander zu reden. Einfach nur zu reden... 

Zwischen Applaus und SelbstzweifelnWo Geschichten leben. Entdecke jetzt