20. Kapitel

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~Mila~

Entspannt sitze ich in meiner Küche und mache Finn und mir unser Mittagessen. Finn spielt in der Zwischenzeit ruhig und alleine im Wohnzimmer. Das Krachen verrät, dass er mal wieder versucht einen Turm zu bauen, der ab einer gewissen Höhe die Stabilität verliert. Schmunzelnd schäle ich die Kartoffeln weiter. Heute ist ein Tag wie jeder andere und doch ist er besonders. Nach zwei Wochen Stille hat sich Jannis überraschend wieder bei mir gemeldet. Keine Ahnung, warum. Ich habe auf Julian gehört und den Kontakt zu seinem Bruder abgebrochen. Julian. Er geht mir nicht mehr aus dem Kopf. Er ist der Junge aus meinem Traum. Mittlerweile bin ich mir sicher. 

Die Klingel reißt mich aus meinen Gedanken und bringt mich zurück in die Realität. Bevor ich aufspringen kann, höre ich, wie sich die Tür leise knarrend öffnet. DIE TÜR!!! Blitzschnell sprinte ich durch die Wohnung und schlittere auf Socken den Flur entlang. Und da sehe ich sie. Alle. Jannis, Julian und seiner Freundin. Ein anderer Junge hat sich auf Augenhöhe mit Finn gehockt. Hastig schiebe ich ihn hinter meine Beine, was den fremden Jungen aufstehen lässt. Jannis lächelt mich nur leicht an. "Hi", sagt er zögerlich."Hi, äh. Kommt doch rein. Das Wohnzimmer ist hinter der Tür", antworte ich noch zögerlicher. Ich habe nicht mit so vielen Leuten gerechnet. Ich wusste ja nicht einmal, womit ich überhaupt rechnen soll. Warum Jannis mir plötzlich geschrieben hat und mich nach meiner Adresse fragt. Und nun setzen sich gleich vier fast wildfremde Menschen auf mein Sofa und starren mich an. Mich und vor allem Finn. Ich knie mich zu Finn hinunter. "Finn mein Schatz. Möchtest du in deinem Zimmer weiter spielen? Mama ist im Wohnzimmer, wenn du mich suchst", sage ich leise zu ihm. Er nickt und geht anschließend in sein Zimmer. Ich hole kurz Luft und wende mich dann an Jannis. "Ich dachte du kommst alleine." Ich bemühe mich nicht einmal den vorwurfsvollen Ton in meiner Stimme zu unterdrücke. "Ähh...ja...sorry. Das hatte ich tatsächlich nie vor. Ich wollte mit dir was wichtiges besprechen", murmelt er etwas unschlüssig vor sich hin. "Und das geht deine Begleitungen auch was an?", skeptisch sehe ich ihn an. "Naja so halb. Das ist Jascha. Mein jüngster Bruder", erklärt er mir. "Nett dich kennenzulernen. Fängst du immer an mit kleinen Kindern zu reden, die du nicht kennst?" Der Sarkasmus trieft aus meinen Worten. Überfahrt ihn. "Nein. Das war auch nicht böse gemeint. Ich...", fängt er betreten an. "Warum seid ihr hier?", unterbreche ich ihn. "Naja wir wollen mit dir reden. Es ist sehr wichtig" Wäre ich nicht so sauer auf diesen Zirkus, würde mir Jannis an dieser Stelle leid tun.  "Klar, ganz wichtig. Erst willst du unbedingt was von mir. Dann melde ich mich nicht mehr und du nimmst es einfach so hin, als wäre es dir total egal. So wichtig bin ich dir gewesen. Wolltest du mich nur ins Bett kriegen?" Jannis schaut mich ganz nervös an. Reibt sich angestrengt seinen Arm. "Nein so war das nicht. Es hat sich was verändert." In mir grummelt es gefährlich. Was soll sich bitteschön verändert haben? Mit Sicherheit stört es ihn nun doch, dass ich einen Sohn habe. So wie alle anderen auch. Jannis ist eben doch nicht anders. "Na da bin ich ja mal gespannt", sage ich herausfordernd. "Eigentlich sind wir genau deswegen hier", mischt sich nun auch noch Julian ein. Ich funkele ihn böse an. Was der Typ sich immer in anderer Menschen Angelegenheiten einmischen muss. Was glaubt er eigentlich, wer er ist?!
"Mit dir habe ich auch noch ein Hühnchen zu rupfen. Mischst dich einfach ein, obwohl du mich überhaupt nicht kennst. Als wäre das nicht genug, suchst du mich in meinen Träumen noch heim." Als ich den letzten Satz ausspreche, könnte ich mir auf die Zunge beißen. Julian guckt mich erschrocken an. "Ein Traum? Was für ein Traum?", will er wissen. "Warum willst du das unbedingt wissen? Als ob du eine Antwort darauf hast", seufze ich frustriert. Ich schaue Julian skeptisch an. "Wie wäre es wenn wir uns alle hinsetzen und jeder erzählt der Reihe Nach. Kein Streit", wendet seine Freundin ruhig ein. Ich zucke unschlüssig mit den Schultern, setze mich dann aber neben Julian auf das Sofa. "Der Traum ist immer gleich. Ein kleiner Junge sitzt vor mir. Mit mir im Sandkasten auf einem Spielplatz. Wir spielen im Sand. Aus der Ferne ruft eine  Frauenstimme deinen Namen. Du drehst dich um und danach ist alles schwarz", erzähle ich meinen Traum in Kurzfassung und ohne Gefühle. Ohne dieses dumpfe Gefühl. Ohne die Angst. Während meiner Erzählung verändert sich Julian's Gesichtsausdruck von 'ich höre dir aufmerksam zu' zu 'Oh mein Gott'. Bekommt Tränen in die Augen. Beugt sich plötzlich zu mir und umarmt mich, während Tränen seinen Wangen hinablaufen. "Ich habe dich endlich wieder. Viel zu lange hab ich dich gesucht". Perplex sitze ich da und kann mich nicht rühren. Was zur Hölle geschieht hier?!
Kleine Hände berühren in dem Moment meine Oberschenkel. "Lass meine Mama in Ruhe", sagt Finn eindringlich. Julian lässt mich daraufhin los und wischt sich hastig die Tränen weg. Oder zumindest so gut, wie es geht. Ich nehme meinen Schatz auf den Schoß. "Er sieht ja wirklich so aus, wie ich damals." Ich schaue Jascha fragend an. Kapiere noch immer nichts. Jannis gibt ihm einen Klaps auf den Hinterkopf. Julian nimmt meine Hand. Ich starre darauf, als könnte mir die Hand verraten, was hier passiert. "Ich weiß, dass du nicht weißt, wo du herkommst. Dass du in einem Kinderheim aufgewachsen bist. Aber hast du dir niemals die Frage gestellt, wo du herkommst? Wo deine Familie ist?", fragt er mich. "Äh ja natürlich hab ich mir das schon häufig gefragt. I'm Laufe der Jahre habe ich mich damit abgefunden, es nie zu wissen. Aber was hat das alles mit euch zu tun?", frage ich verwirrt. "Dieser Traum. Das waren wir als Kinder. Und die Frau die meinen Namen geschrien hat war unsere Mutter", erklärt Julian vorsichtig. "Unsere.... Mutter?" Noch immer verstehe ich nichts. Unsere Mutter? Also meine? Also häh? Julian nickt. Ich schaue in die Augen der Jungs und Julians Freundin, Luise. Ihre Gesichter ernst. Keine Anzeichen, dafür, dass das hier eine Lüge ist. Dass sie sich einen Scherz erlauben. Keine Anzeichen dafür, dass das hier nicht wahr ist. 

"Aber das heißt ja, dass.."

"... Dass wir deine Geschwister sind"

Hope Never DiesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt