Die Krankenstation

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Durch einen plötzlichen lauten Knall, der die Mauern des Stützpunktes erschütterte, sprang Mr. Turner von seinem Stuhl auf. Er hatte sich zu Tode erschrocken und nicht kurz nach dem lauten Knall ertönte der Alarmton des Stützpunktes. Wurden sie angegriffen? Was war passiert, gerade eben war Turner noch mit der Kaffeetasse in der Hand vor den Unterlagen weg gedöst, jetzt war das Chaos ausgebrochen. Die Türen zum Überwachungsraum öffneten sich.
"Turner! Schnell!" schrie Gonzales förmlich und Turner rannte los.
Im Raum angekommen fiel sein Blick sofort auf das Fenster, welches den Blick auf das Gehege zuließ. Die roten Flammen färbten den sonst unbeleuchteten Überwachungsraum rot.
"Wir müssen Sky sofort da raus holen! Mobilisiert Einheit 12 und verpasst Sky eine Dosis! Das muss jetzt alles schnell gehen!" wies er Gonzales und einen anderen Kollegen an. Der Kollege lief aus dem Zimmer, um alles weitere einzuleiten, um Sky aus dem völlig zerstörten Gehege zu bergen, Gonzales war in der Zwischenzeit damit beschäftigt, die Dosis einzustellen und sie über das Halsband Sky zu verabreichen.
Es dauerte nicht lange und eine ganze Einheit stürmte das Gehege. Vollkommen ausgerüstet, kämpften sie sich durch die Flammen und suchten nach dem Na'vi, der irgendwo bewusstlos lag. Nur wenige Minuten später traf die nächste Einheit ein, die sich um die Bekämpfung des Feuers kümmerte. Zwei AMP Anzüge wurden mobilisiert, die halfen, die Flammen unter Kontrolle zu bekommen und die Trümmerteile aus dem Weg zu räumen.
Angespannt stand Turner oben an dem Fenster und schaute den Einheiten beim Arbeiten zu. Die halbe Technik der Überwachung war ausgefallen und er hoffe sehr, das Sky nichts schlimmeres passiert war. Wenn dem Na'vi etwas in seiner Schicht zustoßen würde, könnte ihn das seinen Kopf kosten. Nach einer nervenaufreibenden Ewigkeit bekam er entwarnung. Die Bergungseinheit hatte den Na'vi gefunden und aus dem Gehege geschafft. Jetzt musste aber alles ganz schnell gehen. Sky durfte nicht aufwachen, ehe er nicht wieder in einem sicheren Raum war, wo er niemanden verletzen und vor allem nicht davonlaufen konnte.
Gonzales kam zu ihm rüber. "Kommen Sie, kümmern wir uns darum, das wird eine lange Schicht."
Turner nickte seinem Kollegen zu. Er hatte recht, außerdem würde er später noch einen ausführlichen Bericht schreiben müssen und Novak bescheid geben, dass sie früher zur Arbeit erscheinen muss, denn sie werden die Frau sehr wahrscheinlich benötigen, wenn Sky außer Kontrolle gerät.

Von ihrem plötzlich klingelnden Handy wurde Ana wach. Müde streckte sie sich nach dem Gerät, was sie neuerdings immer auf dem Nachtisch liegen hatte, für genau diese Fälle und lugte, mit verschwommener müder Sicht, auf die Nummer. Als sie die Einrichtung erkannte, in der sie arbeitete, ging sie hastig ans Handy.
"Dr. Novak, was ist los?" fragte sie besorgt, noch etwas heiser.
"Verzeihen Sie meine Störung, Turner hier, es geht um Sky."
"Ist ihm was zugestoßen?" unterbrach Ana ihren Kollegen aufgebracht und in Sorge.
"Ihm geht es gut soweit, nur ein paar Schrammen, aber wir mussten ihn auf die Krankenstation verlegen. Könnten Sie es kurzfristig her schaffen?" beruhigte sie Turner.
Ana setzte sich auf die Bettkante und atmete auf. "Ja, ich nehme den nächsten Mannschaftsbus, wo muss ich hin?"
"Einfach unsere normale Einrichtung, ich hole sie am Gate ab. Bis gleich."
"Ja, ok, ich bin gleich da. Auf wiedersehen." Ana beendete den Anruf. Was war nur passiert das Sky auf der Krankenstation war? Es war sicher nicht leicht gewesen ihn dahin zu verlegen. Sky war wild und gefährlich, das hätte er ohne Widerstand nicht zugelassen.
Müde stand sie auf, beeilte sich so schnell es ging, wenigstens noch einen Rock und eine Bluse anzuziehen, ehe sie sich auf den Weg machte. Immerhin war das noch immer ihre Arbeitsstelle und sie wollte nicht an Professionalität mangeln. Sie schnappte sich ihre Arbeitstasche und eilte aus dem Zimmer hinunter zum Bus Stop, während sie gehetzt noch mal auf ihre Armbanduhr schaute. Wenn sie es noch richtig im Kopf hatte, würde gleich ein Bus ankommen, den sie unter keinen Umständen verpassen durfte, wenn sie so schnell wie möglich auf den Stützpunkt wollte.
Der Bus hielt an und die letzten Meter rannte sie hin, um ihn noch zu erwischen. Aus der Puste setzte sie sich auf einen Platz in der ersten Sitzreihe und der Bus fuhr ab. Die fahrt kam ihr wie eine Ewigkeit vor, sie konnte die ganze Zeit nur an Sky denken und wie es ihm ging. Fragen überschlugen sich in ihrem Kopf und ließen ihren müden Geist ganz schwindelig werden. Sie war also heilfroh, als der Bus endlich sein Ziel erreichte und sie aus den Türen stürmen konnte.
Am Wachpersonal vorbei, im Innenhof, wartete schon ihr Kollege Turner. "Gut das sie es so schnell her geschafft haben. Sky ist komplett außer Kontrolle." meinte Turner zur Begrüßung und ging mit ihr zusammen los.
"Was ist passiert, warum hat er sich verletzt?" wollte Ana wissen.
Turners Schritte waren schnell und Ana hatte Schwierigkeiten mitzuhalten. "Ein Flugzeug ist abgestürzt und hat die eine Seite von dem Gehege eingerissen. Es hat einen Brand ausgelöst und die umherfliegenden Teile müssen Sky wohl verletzt haben." erzählte er, ohne sich nach Ana umzudrehen. "Das war ein riesen Knall sag ich ihnen, ich habe mich total erschrocken."
"Ach du scheiße,- verzeihung." fluchte Ana ungläubig, man konnte von Glück reden das Sky nichts weiter passiert war. Kein Wunder, dass Sky nun außer sich war, er war in einer fremden Umgebung mit fremden Leuten und das letzte, woran er sich sicher erinnerte, war dieser riesen Knall. Absolut verstörend.
Turner setzte sie noch weiter ins Bild, wie es um das Gehege ausschaute, welche Maßnahmen ergriffen wurden und welche noch notwendig sein werden. Während er das erzählte gingen sie die großen Hauptflure des Stützpunktes Lang in einen Bereich, den Ana noch nicht betreten hatte. Bis jetzt hatte sie immer den direkten Weg zu ihrer Abteilung genommen und den Rest des Stützpunktes nicht erkundet. Jedoch liefen sie viel zu schnell durch, so dass Ana keine Chance hatte, sich um zu schauen, geschweige denn sich zu merken, wo sie sich überhaupt befanden. Niemals würde sie ohne hilfe zurück finden.
Vor ihnen tauchten die großen mechanischen Türen einer Station auf, mit einem großen weiß leuchtenden Schild. Krankenstation. Doch das hier war keine, wo die einfachen Soldaten hin gingen, wenn sie sich verletzt hatten, das hier war ein Hochsicherheitstrakt. Schon vorne stand drauf, welche Sicherheitsfreigabe hier benötigt wurde. Eine, die Ana sicher nicht hatte, aber Turner schien zu wissen, was er tat.
Zusammen betraten sie durch die große Türe die Station und gleich vorne war eine Schleuse mit einer Empfangsdame. "Ja, bitte?" Sie schaute nicht mal von ihrer Arbeit auf.
"Mr. Turner, wir sind wegen Sky hier." Er holte seine Mitarbeiter Karte hervor und Ana machte es ihm gleich.
Nun schaute die Frau auf, inspizierte die Karten und glich die Daten mit ihrem Rechner ab. "Ja, richtig. Sie müssen den Gang runter, links und ganz durchlaufen. Er ist auf der Isolationsstation, Zimmer 4." erklärte sie knapp und öffnete dann beide die Schleuse zur Station.
Mit hilfe der Beschreibung brauchten sie nicht lange den entsprechenden Raum zu finden und als sich die Türen öffneten konnte man hören wie etwas zu boden viel und scherben zerbrach, gefolgt von dem lauten Geräusch, als viele kleinere metallene Gegenstände zu Boden fielen.
Eilig kamen Turner und Ana angelaufen. Der Raum war unterteilt in zwei Bereiche und durch eine Glasscheibe getrennt. Ganz links befand sich eine kleine Schleuse und dahinter befand sich Sky. Er fauchte wütend und verängstigt, hatte sich gegen die Wand gepresst und wehrte das medizinische Personal ab, welche versuchten, sich ihm zu nähern. Dabei hatte er einen kleinen Beistelltisch umgeworfen, wo medizinische Utensilien bereit gelegen hatten für die Behandlung.
Die beiden Mediziner, komplett in einem Schutzanzug eingekleidet und Masken auf, trauten sich nicht sich Sky zu nähern, ihre Blicke waren genauso verängstigt wie Skys.
"Was ist hier los?!" wollte Ana sofort wissen.
Die beiden Mediziner wurden auf sie aufmerksam: "Er ist auf einmal aufgesprungen und hat wild um sich geschlagen!"
Ana wollte nichts mehr hören, eines war eindeutig, dass sie Sky Angst machten und wie konnte sie es ihm verübeln. Er wusste ja nicht, was die beiden mit ihm vorhatten, war völlig desorientiert und hatte vielleicht auch noch Schmerzen.
Ohne zu zögern schnappte sie sich eine Maske und betrat die Schleuse. Wenn sie nicht dazwischen gehen würde, würde noch jemand verletzt werden.
Sie betrat den abgetrennten Behandlungsraum und stellte sich vor Sky: "Bitte verlassen Sie den Behandlungsraum, Sky ist nicht in einer Verfassung, in der Sie ihn behandeln können."
"Mam, wir müssen seine Wunden aber versorgen." sagte der eine Mediziner und hob beschwichtigend die Hände.
"Sie können später ihre Arbeit machen, aber wenn sie jetzt nicht gehen, wird Sky sie nur verletzen."
"Also gut," sie sammelten das auf dem Boden verteilte Medizinische Besteck und die eigentlich bereit gelegenen Verbände auf und verließen den Behandlungsraum, "Passen Sie auf, hier sind Glasscherben."
Ana drehte sich nach Sky um, der inzwischen auf dem Boden gekauert in der Ecke saß. Seine Hände hatte er ängstlich vor das Gesicht gehoben, weil das Licht in dem Zimmer ein gleißendes weiß war und ihn scheinbar blendete, was ihm sicher noch mehr desorientierte. An seinem Gesicht liefen Tränen runter und sein Körper war hier und da zerschrammt, mit kleinen wunden und schnitten. Sein ganzer körper Zitterte. Er tat Ana so leid, aber sie wusste nicht was sie tun sollte. Es war nicht so, als wenn sie zueinander ein Vertrauen aufgebaut hatten, er hatte vor ihr wahrscheinlich genauso Angst wie vor den Medizinern. Wie konnte sie ihm nur helfen?
Dann senkte Sky auf einmal seine Hände und die in Falten gelegte Stirn glättete sich, als er sie anscheinend erkannte. "...Ana." sagte er dann und Anas Augen weiteten sich überrascht.
Hatte sie gerade richtig gehört? Hatte Sky ihren Namen gesagt? Das konnte unmöglich sein, selbst wenn er intelligent war, dass er sich den Namen so schnell gemerkt hatte seit dem Letzten mal, immerhin war das auch schon ein paar Tage her.
"Ana." hörte sie diesmal ganz deutlich. Kein Zweifel, er hatte nach ihr gerufen. Vorsichtig näherte sie sich Sky und hob vorsichtig ihre Hände.
"Ich bin hier, keine Sorge." sagte Ana behutsam und hockte sich vor ihm, als sie ihn erreichte. Zögerlich saß sie da. Skys Mimik hatte sich etwas beruhigt, als er Ana wohl erkannt hatte, aber sie war sich noch immer nicht sicher, wie sehr er ihr vertraute. War es OK, wenn sie ihn berührte? Wie nahe durfte sie ihm kommen?
Zu ihrer Überraschung zog Sky sie aus ihren Gedanken, in dem er nochmal ihren Namen sagte. Er wollte scheinbar mit ihr kommunizieren, aber es war das einzige Wort, welches er kannte. Ana fasste all ihren Mut zusammen und streckte ihre Hand nach dem Na'vi aus, der vor dieser nicht zurück wich. Also griff sie nach seiner Hand.
"Komm, Sky, komm mit." Sie machte eine Geste, das er ihr folgen sollte und hoffte, er würde diese über die Sprachbarriere hinaus verstehen.
Tatsächlich, als sie sich aus der Hocke erhob, stand auch Sky auf, jedoch ohne ihre Hand loszulassen. Er war so riesig, seine Hand umfasste die von Ana komplett, neben ihm fühlte sie sich zerbrechlich, obwohl Sky nur ganz vorsichtig ihre Hand hielt. Als war er sich seiner größe und vor allem Stärke bewusst.
Behutsam führte sie Sky zu dem Behandlungsliege, auf dem er wohl gerade eben noch gelegen haben musste. Er setzte sich drauf und schaute Ana an.
"Ich hole jetzt die Mediziner, die helfen dir, ja?" Ana wusste, dass er kein Wort verstand. Dennoch schaute sie ihm dabei tief in die Augen und sagte das ganz langsam in einem besonders sanften Tonfall. Sie versuchte ihm so zu verstehen zu geben, dass sie nichts bösen vor hatte und alles gut war.
Gut war überhaupt nichts. Die Umstände waren komplett bizarr und eigentlich schon gar unmenschlich. Vor ihr saß etwas, was dem Bewusstsein der Menschen nicht unähnlich schien, und doch war er eingepfercht wie ein Tier.
Als sie sich umdrehte, um zur Schleuse zu gehen, damit sie das Mikrofon nutzen konnte, um die Mediziner rein zu bitten, hielt Sky sie an der Hand fest. Seine Augen schauten sie flehend an, er wollte auf keinen fall alleine zurück bleiben.
Ana legte liebevoll ihre andere Hand auf seine. "Schon gut, ich lass dich nicht alleine."
Sie überlegte. Sky brauchte jemanden, der sich die Wunden anschaute und diese behandelte, nicht dass sich da etwas entzündete. Aber er würde die Mediziner niemals ohne Ana in seine Nähe lassen.
Sie deutete auf sein wundes Knie. "Du hast Wunden." sagte sie ganz langsam, dann deutete sie raus auf das medizinische Personal, welches vor der Glasscheibe stand, die Verbände noch in den Händen haltend. "Die helfen dir, die Wunden zu versorgen."
Sky schaute sie wachsam an und dann zu den Medizinern. Er schien zu überlegen, was Ana gemeint haben könnte und sie hoffte so sehr, dass er verstehen würde. Sie wüsste nicht, wie sie es ihm anders beibringen sollte.
"Tam 'ì'awn hu oe." sagte dann Sky ebenfalls ganz langsam. Ana konnte es kaum fassen, dass sie soeben Zeuge von seiner Sprache. Sie hatte das erste Mal diese fremde Sprache gehört und hatte daher auch keine Ahnung, was er gesagt haben könnte, aber so wie er dabei ihre Hand gedrückt hatte, wollte er ganz offensichtlich, dass sie bei ihm blieb. Sie lächelte ihm zu, versuchte ganz ruhig zu sein, obwohl ihr Herz aufgeregt schlug. Sie war da in etwas rein geraten, dessen Ausmaß sie noch nicht ganz begreifen konnte. Je mehr sie sah, dass Sky ihr emotional gar nicht so unähnlich war, desto mehr musste sie alles, was sie dachte zu wissen, in Frage stellen.
Ana schaute nach rechts, zu der Scheibe, hinter welcher die Mediziner standen und erstaunt zuschauten wie Ana mit Sky umging, darauf wartend ihren Job erledigen zu können. Mit einer Geste deutete sie den beiden Männern, das sie zu ihr und Sky kommen sollten, um ihn zu behandeln. Nur zögerlich machten beide sich auf den Weg, noch immer voller Misstrauen, ob der Na'vi sich diesmal beherrschen würde, oder ob er sie wieder abwehren würde.
Turner schien das ebenfalls angespannt zu beobachten. Gerade um Novak schien er sich Sorgen zu machen, ganz so wie am ersten Tag.
Als die Mediziner durch die Schleuse traten, verkrampfte sich Skys Hand, mit der er Anas hielt. Sein Schweif peitschte nervös hin und her und seine Ohren legten sich an. Ana konnte sehen, wie er die Zähne fest aufeinander biss und sein Kiefer sich an spannte, doch er blieb still sitzen. Er hatte ganz offensichtlich noch immer Angst, doch er vertraute Ana und dass sie auf ihn aufpasste, was sie auch fest vorhatte.
"Kommen Sie zu uns, aber langsam, machen Sie keinen lauten Geräusche, die ihm Angst machen könnten." wies Ana an.
Die Männer traten langsam zu ihnen heran, darauf bedacht, keine unüberlegte Bewegung zu machen. Sie legten die Utensilien zur Reinigung, Desinfektion und zum Verbinden auf den kleinen Beistelltisch mit Rollen, den sie wieder aufgestellt hatten.
"Können wir uns ihm bedenkenlos nähern?" fragte der eine unsicher.
"Ich kann nichts versprechen, aber ich bin guter Dinge, wenn sie sich ruhig und langsam bewegen." antwortete Ana ihnen, schaute aber Sky an, um ihm Sicherheit zu geben.
Die Mediziner fingen vorsichtig an, seine Wunden zu reinigen und Ana wusste, dass es meistens ganz schön brannte. Sky hielt tapfer durch. Sein Körper war angespannt und sein Gesicht zeugte von Angst und Unsicherheit, aber er unterbrach den Blickkontakt zu Ana nicht. Wie gerne hätte sie jetzt was zu ihm gesagt, aber sie wollte nicht riskieren, dass Sky ihr auf seiner Sprache antwortete. Immerhin wusste Ana nicht, wer alles genau wusste, dass Na'vi scheinbar eine intelligente Spezies waren und was passieren würde, wenn das die falschen Leute erfuhren.
Nachdem über den paar Schürfwunden Wundpflaster geklebt waren und zwei tieferen Schnittwunden einen dünnen Verband hatten, verließen die beiden Mediziner den Behandlungsraum wieder. Sofort konnte man Sky ansehen, dass die Anspannung ein wenig von ihm abfiel. Er war deutlich entspannter, wenn er mit Ana alleine war, aber leider musste auch sie jetzt erst mal gehen, so ungern sie ihn auch zurück ließ. Er brauchte sie jetzt mehr denn je, das war ihr natürlich bewusst, aber sie musste über seinen weiteren Verbleib sprechen. Schließlich konnte er nicht hier bleiben. Er brauchte einen Ort, wo er sich ausruhen konnte, mit einem Platz zum Schlafen. Hier in dem Zimmer waren nur Geräte zur Notfallversorgung mit einer Behandlungsliege. Diese war, wenn sie es jetzt mal genauer betrachtete, sogar die richtige Größe für Sky. Das war äußerst ungewöhnlich. Alles änderte nichts daran, dass sich die Umstände für ihn bessern mussten.
"Ich muss kurz gehen, aber ich komme wieder." Sie schaute Sky in die Augen. "Ich muss mit meinen Kollegen reden." Sie deutete auf Turner.
Sky schaute sie an, die Sorge stand ihm ins Gesicht geschrieben. Er wollte nicht, dass sie ging. Einen Moment schien er zu zögern, dann deutete er auf Ana und sagte ihren Namen.
Sie nickte unter einem Lächeln. "Ja, ich bin Ana."
Dann zeigte er jedoch auf sich. "Ean'tu"
Anas Atem stockte für eine Sekunde, während sie verarbeitete was der Na'vi gerade gesagt hatte. War es das, was sie vermutete? Hatte er ihr gerade seinen Namen gesagt? Seinen echten? Ana musste sichergehen. Auch sie deutete nun auf ihn. "Ean'tu?" sagte sie in einem unsicherem fragenden Tonfall. Der Na'vi, der anscheinend auf den Namen Ean'tu hörte, nickte und Ana könnte meinen, sie hätte ein schwaches Lächeln auf seinen Lippen gesehen.
Ana deutete wieder auf sich: "Ich bin Ana," sagte sie dann ganz langsam, jedes einzelne Wort, dann zeigte sie auf ihn. Würde er es verstehen?
Er schaute sie wachsam an und zeigte auch auf sich. "Ich. Bin. Ean'tu" sprach er Ana nach, mit einem starken Akzent, nur eben mit seinem Namen, anstelle ihrer.
"Ja, richtig." Ana lächelte ihn glücklich an. Er hatte schnell verstanden, sie hatte nicht damit gerechnet, dass er wirklich versuchen würde sich mit ihr zu verständig und wenn doch, dann nicht hier. Das kam alles sehr unverhofft und sie wünschte sich, sie hätten mehr Zeit und vor allem mehr Privatsphäre. Doch es fehlte an beidem und sie musste nun wirklich losgehen, um mit Turner reden, der sicher genug Fragen hatte.
"Ich komme gleich wieder, versprochen." sagte sie nun sanft und löste ihre Hand aus seiner. Ean'tu war sofort aufgestanden, wollte sich direkt wieder ihre Hand greifen, stockte dann aber, als Ana zusammen zuckte. Das er so plötzlich nach ihr greifen würde, hatte sie zugegebener Maße erschrocken und Ean'tu schien das bemerkt zu haben. Sein Blick ging zur Scheibe, hinter der Turner stand, der angespannt durch die Scheibe beide beobachtete. Dann setzte Ean'tu sich wieder.
Er wollte scheinbar nicht, dass Turner denkt, er wolle Ana wieder angreifen, denn jetzt wirkte er sehr passiv und war bereit Ana gehen zu lassen, auch wenn sie in seinem Blick lesen konnte, dass er es nur ungern tat.
Doch sie hatte nicht noch mehr Zeit zu verlieren. Draußen warteten Anas Kollegen auf sie und sie wollte diesen nicht länger warten lassen. Eilig verließ sie durch die Schleuse den isolierten Bereich und trat an Turner ran.
"Was passiert jetzt mit Sky?" wollte sie direkt wissen. Jetzt wo sie wusste, wie Ean'tu wirklich hieß, fühlte es sich falsch an, über ihn als Sky zu reden. Den Namen, den er von einem Menschen bekommen hatte. Doch vorerst war es sicherer für sie beide und würde nicht zu unnötigen Fragen führen.
"Das Gehege ist noch teilweise zerstört und wird wohl noch ein Paar Tage brauchen, bis zumindest alles wieder ausbruchsicher ist, bis dahin kann Sky nicht zurück." erklärte Turner die Lage. Er war unter anderem für die Leitung des Geheges zuständig und wusste daher immer bestens Bescheid, wie es darum stand.
Ana verschränkte nachdenklich die Arme. "Wir können Sky nicht hier lassen, er muss sich ausruhen, das war alles viel Aufregung für ihn. Gibt es kein vorübergehendes Gehege für ihn?"
"Auf diesem Stützpunkt haben wir ein Sanatorium, mit verschiedenen Gehegen, aber auf Anhieb kann ich nicht sagen, welche gerade belegt sind und welche nicht. Ich telefoniere gleich mal ein wenig. Wenn ich was hab, können wir ihn verlegen." Turner schaute überlegend zu Ean'tu rüber. "Nur über den Transport müssen wir uns Gedanken machen. Wir können ihn nicht einfach so durch die Station transportieren, es besteht eine hohe Ausbruchgefahr oder schlimmer, er könnte jemanden anfallen. Ich bin froh, wenn zwischen ihm und mir etwas ist, was uns voneinander trennt."
Ana hätte sich aufregen können. So wie Turner redete, war Ean'tu ein Monster, aber dieser Überzeugung war Ana ganz und gar nicht mehr. In ihrer Nähe war er rücksichtsvoll und vorsichtig. Ehrlich gesagt hatte sie das Gefühl, dass er sehr sensibel war und daher oft große Angst hatte. Wenn sie doch nur dafür sorgen könnte, dass seine Umstände sich bessern. In Zukunft hatte sie fest vor sich dafür einzusetzen und vor allem wollte sie unbedingt mehr von dem Geheimen Kontakt erfahren. Ihr Kontakt wusste sicher nochmal einiges mehr über die Na'vi.
"Kümmern sie sich um die Einleitung der Verlegung, ich kümmer mich um Sky" Ana schaute ihren Kollegen entschlossen an. "Ich werde dafür sorgen, dass er sicher mit mir zur anderen Station geht. Keinen Grund ihn wieder zu betäuben."
"Sie wollen... mit ihm durch die Station laufen? Einfach so? Das kann ich nicht zulassen. Es ist viel zu gefährlich, mich nur auf ihr Wort zu vertrauen, das Sky nicht doch wieder außer Kontrolle gerät und jemanden verletzt." Ana konnte das Misstrauen von Turner verstehen, aber irgendwo mussten sie anfangen, ihm zu vertrauen. Zumindest Ana konnte es, aber Turner wusste ja auch nicht, was sie wusste. Sie war sich sicher, eine gute Bindung zu Ean'tu aufzubauen.
"Wir treffen Sicherheitsmaßnahmen. Wir räumen die Flure von hier bis zum Sanatorium, dann gefährden wir niemanden. Wir riegeln die Ausgänge ab, sodass Sky nicht fliehen kann und zur Not hat er noch immer das Halsband an. Wenn er also außer Kontrolle gerät können wir ihn damit zähmen." schlug Ana vor, die nun umso entschlossener war Ean'tu zu verlegen, ohne ihn zu betäuben. Er sollte selbstständig laufen. Wenn er sieht dass Ana ihm das zutraute und vertraute dass er ihr nichts tut, würde das auch gut für ihre Bindung sein.
"...Novak, sie haben Ideen." Turner seufzte.
"Aber sie ist doch gut oder nicht?" Ana grinste.
"Leider wirklich keine übler Plan... aber ich werde mit dem Boss sprechen müssen, damit wir die Erlaubnis der Räumung und die Abriegelung bekommen. Immerhin legen wir damit einen kleinen Teil der Einrichtung lahm."
"Gut, dann denke ich, sie fangen gleich mal mit dem Telefonieren an." Ana lachte ein wenig, obwohl sie schon Mitleid mit ihrem Kollegen hatte. Das waren sicher schwere Anrufe, die sie selber nicht hätte machen wollen. Dafür war sie aber auch die Mutige, die immer bei Ean'tu war. Obwohl sie sich langsam nicht mehr sicher war, ob der Na'vi in dem Fall das größere Übel war.
Ana wandte sich ab um durch die Schleuse zu gehen, "Geben sie mir bescheid, wenn wir mit der Verlegung starten können, ich kümmer mich solange um Sky."
"Also schön, wir sehen uns Später." Turner zückte sein Handy und fing schon an, eine Nummer einzugeben, während er den Raum nun ganz verließ. Ana schaute ihm nur einen Moment hinterher, dann ging sie durch die Schleuse zu Ean'tu, der scheinbar die beiden die ganze Zeit beobachtet hatte und schon auf sie wartete.

 Ana schaute ihm nur einen Moment hinterher, dann ging sie durch die Schleuse zu Ean'tu, der scheinbar die beiden die ganze Zeit beobachtet hatte und schon auf sie wartete

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Aungia ta Eywa - ein Zeichen von Eywa // AvatarWo Geschichten leben. Entdecke jetzt