Kapitel 3: Tag 1 - Life should be more than just surviving

8 1 0
                                    

Nachdem Gally endlich sein Frühstück beendet hat, machen wir uns nun auf den Weg. Während er fokussiert seinen Blick auf unser Ziel richtet, lasse ich meinen umherschweifen. Das wird nun also für die nächste Zeit mein Zuhause sein. Naja, in der Vergangenheit hat es mich schon deutlich schlechter erwischt. Vielleicht sollte ich, wie A.L.I.E. schon gesagt hat, diese Chance für einen Neuanfang nutzen. Aber irgendwie sträubt sich tief etwas in mir drin dieser Empfehlung nachzukommen. Ich weiß, dass meine Freunde da draußen sind und sie meine Hilfe brauchen. Ich muss sie vor den Leuten auf Bardo warnen und den letzten Krieg der Menschheit.

Nach einigen Minuten des Laufens haben wir unser Ziel erreicht. Ich kann einige Jungs erkennen, die etwas weiter weg im kleinen Wald ein paar Bäume fällen. Ein paar andere Jungs schleppen diese zu einem winzigen Platz, den ich als Werkplatz identifiziere, weil das Gras komplett runtergetrampelt ist und schon die Erde darunter zum Vorschein kommt. Andere Jungs sägen oder hämmern auf Holzplatten herum. Kurzum, es herrscht ein geschäftliches Treiben.

Gally berührt meine Schulter und zeigt auf die sägenden Jungs und setzt sich in Bewegung. Schnellen Schrittes folge ich ihm. Irgendwie ist es ganz angenehm, dass er wenig mit mir redet. So habe ich nicht ein ganz so schlechtes Gewissen, dass ich alle hier belüge. Er hockt sich hin und zeigt mir wie ich die Nägel in die Holzlatten schlagen muss, damit diese aneinander fixiert werden. Die anderen Jungs beobachten uns ungläubig. Anscheinend verhält sich der Baumeister sonst anders. Aber mir soll es recht sein. Wenn alle dieses umgängliche Verhalten an den Tag legen, führt es zu keinen Spannungen. Und keine Spannungen bedeuten Frieden.

Nachdem ich unter Gallys Aufsicht ein paar Probenägel geschlagen habe, lässt er mich bei den Jungs allein. Ihre Blicke sind mir unangenehm und so starre ich jeden von ihnen einzeln an, bis sie sich abwenden und ihrer Arbeit weitergehen.

Stumm arbeite ich vor mir hin und lausche den einzelnen Gesprächen der Jungs. So erfahre ich, dass einige schon ein paar Jahre hier sind, während andere sich nur ein paar Monate hier aufhalten. Es scheint, dass jeder Neuankömmling verschiedene Berufe ausprobieren muss, um seinen Platz zu finden. Falls man für keinen dieser Berufe besondere Fertigkeiten aufweist, wird man sogenannter Schwapper. Was das auch immer sein soll. Einige der Baumeister machen sich über mich lustig und meinen, dass Schwapper passend für mich wäre oder ich Pfanne helfen soll. Diese Jungs werden sich noch wundern. Die Erde hat mich stark werden lassen. Auf der Ark war ich schwach. Ich war nur ein Kind. Ein Kind, das zum Sterben auf die Erde geschickt wurde und ich habe überlebt.

Mit geübten Handbewegungen komme ich der leichten Aufgabe nach. Die Nägel werden nacheinander in das Holz geschlagen. Mit den zwitschernden Vögeln im Hintergrund erinnert es mich daran, wie wir, einhundert jugendliche Straftäter, auf die Erde geschickt wurden und uns in der Wildnis zurechtfinden mussten. Dadurch, dass ich damals an dem Schutzschall mitgearbeitet habe und wir nicht viel Zeit und kaum Materialien hatten, kommt mir diese Aufgabe nicht sonderlich schwierig vor. Vielleicht ist sie für einige etwas körperlich anstrengend, aber ansonsten nicht besonders herausfordernd. Stumm schaue ich mich um. Ich habe alle Nägel ordnungsgemäß verarbeitet und keine weitere Aufgabe mehr zu tun. Mein Blick schweift wie schon so oft umher, bis er an einem Jungen hängen bleibt, der ganz in der Nähe arbeitet. Sein unbekümmertes Arbeiten entlockt mir ein Lächeln. Angeregt unterhält er sich mit einigen, die dem Anschein nach seine Freunde sind.

„Hey Frischling, du bist ja schon fertig!" Verblüfft schaut er mich an, bis er mich zu sich winkt. Dieser Aufforderung komme ich nach und lasse mich neben ihm nieder. „Du kannst uns hier noch helfen. Du musst wissen, dass jeder auf der Lichtung seinen Beitrag leisten muss. Du kannst nicht einfach rumsitzen, aber keine Sorge, wir sagen es nicht Gally." Erheiternd schaut er mir direkt in die Augen und drückt mir zeitgleich zwei Bretter in die Hand welche ich zusammenhalten soll, damit er den Nagel einschlagen kann. „Übrigens... Ich heiße Leo und bin schon einige Zeit da. Gally hat nichts über dich erzählt, aber hier verbreiten sich Neuigkeiten wie ein Lauffeuer. Ich weiß, dass du mich nicht verstehst und dir sicher denkst: Hey, was labert der Typ mich eigentlich ununterbrochen zu, aber wir alle hier", er zeigt in seine Freundesrunde, „wir stehen dir bei. Du siehst aus, als ob du viel durchgemacht hast." Einige lächeln mich als Bestätigung an. Ich denke, dass ich die Jungs hier auf der Lichtung schneller in mein Herz schließen werde, als mir lieb ist. Nur leicht nicke ich ihnen zu und widme mich den nächsten Brettern. Diese Aufgabe wiederhole ich ein paar Mal hintereinander, bis Leo wieder das Wort an mich richtet.

Nach Hause zurückWo Geschichten leben. Entdecke jetzt