Kapitel 11: Tag 368 - But how to live inside the dark

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Ein neuer Sonnenstrahl, ein neuer Tag. Wie gewohnt gehe ich meiner Arbeit auf der Lichtung nach. Als die Sonne immer tiefer und tiefer geht, hören wir mit der heutigen Arbeit auf. Unruhig sehe ich Newt in der Nähe der Box auf und ab laufen. Was ist los mit ihm? Besorgt gehe ich zu ihm hinüber: „Alles gut bei dir Newt? Was ist los?"


Erschrocken zuckt er zusammen. Ich habe ihn wohl aus seinen Gedanken gerissen. „Minho und Alby wollten sich heute den toten Griewer anschauen und sie sind noch nicht zurück. Die Mauern werden sich langsam schließen." Verstehend nicke ich: „Keine Sorge Newt. Sie werden es rechtzeitig schaffen. Komm wir gehen schon mal zum Westtor, um sie in Empfang zu nehmen, ja?" Ermunternd drücke ich seine Schulter. Sie werden es schaffen. Das sage ich mir immer wieder wie ein Mantra.


Am Westtor angekommen, ist die Sonne immer tiefer und tiefer gesunken. Der Tag neigt sich dem Ende zu und die beiden Jugendlichen sind immer noch nicht zurück. Mittlerweise mache auch ich mir Sogen. Zwar lasse ich es mir nicht so anmerken, wie dem Blondhaarigen, der unruhig hin- und herläuft, aber ich mache mir dennoch meine Gedanken. Nach ein paar Minuten stoßen Thomas und Chuck zu uns. Sie scheinen sich auch Sorgen zu machen. Thomas bestimmt; Chuck ist nur Anhang.


Nun bangen wir zu viert vor dem Eingang, bis von dem Frischling die glorreiche Idee kommt einen Suchtrupp loszuschicken. In Gedanken schlage ich meine Hand gegen die Stirn. War klar, dass das von ihm kommt. Newt erklärt Thomas im Detail, warum dies nicht möglich ist. Es gibt da diese kleine Regel, die nur den Anführern und Läufern erlaubt ins Labyrinth zu laufen. Keiner der anderen Läufer ist im Moment bereit wieder hineinzugehen; ergo kein Suchtrupp.„Und was ist, wenn sie tot sind?" „Sie sind nicht tot Chuck", erbost schaue ich den Kleinen an. Wie kann er es nur wagen daran zu denken. Er ist erst seit einem Monat hier, aber kann er so gefühlskalt sein. Wo ist hier der Optimismus? Bedrückt erwidert niemand anderes, bis Chuck davondackelt und uns mit unseren Gedanken allein lässt.


Beruhigend rede ich auf Newt ein: „Keine Sorge. Sie werden es schaffen. Wir müssen nur zuversichtlich sein..." Das Ende des Satzes lasse ich in der Luft hängen. Zuversichtlich sein, aber Chuck hat in gewisser Weise schon recht. Minho ist zu schlau, um sich zu verlaufen. Er müsste rein theoretisch tot sein; Alby dementsprechend auch. Ich weigere mich dies aber zu glauben. Minho ist stark. Es muss irgendetwas vorgefallen sein.


Die beiden Jungs führen das Gespräch weiter, bis Newt schließlich die Tränen in die Augen treten. Das ist das erste Mal, dass ich diesen Jungen so verletzlich sehe. Verzweifelt. Mit meiner Hand umgreife ich Newts Handgelenk und schaue auf seine Armbanduhr. Nur noch zwei Minuten. Zwei Minuten, die über das Schicksal unserer Freunde entscheiden.


Ein Krachen ertönt. Panisch drehe ich mich um die eigene Achse und blicke mich um. Verdammt. Die Tore schließen sich. Spätestens jetzt bin ich nervös. Thomas ist zusammengezuckt. Er muss sich erst noch an das Geräusch gewöhnen. Unter anderen Umständen hätte ich lachen können, aber in der momentanen Situation ist das pietätlos. Gestern wurde Ben verbannt, heute schaffen es Minho und Alby höchstwahrscheinlich nicht aus dem Labyrinth raus. Ich möchte nicht mit dem Finger auf jemanden zeigen, aber seit der Frischling hier ist, geht alles schief. Vielleicht ist es auch ein Zeichen für Veränderung. Veränderung ist immer am Anfang fremd, bis man sich wirklich mit ihr auseinandersetzt und akzeptiert.


Die Jungs haben sich von dem schließenden Tor versammelt. Besorgt lassen sie ihre Blicke schweifen. Ihre Gedanken sind bei den beiden jungen Männern im Inneren. Am Ende des Ganges kann ich eine Bewegung ausmachen. Es ist Minho! Immer mehr Jugendliche können ihn sehen und reden aufgeregt durcheinander. Bei genauerem Hinsehen ist es nicht nur der Asiate, sondern auch unser Anführer, der vom Läufer gestützt wird. Aufgeregt ruft Minho uns etwas zu, was ich leider nicht verstehen kann, da sich die Gruppe nun direkt vor dem Eingang positioniert und mich zurückgedrängt hat. Die beiden wurden angefeuert sich zu beeilen, bis ich Geschrei von vorne vernehme und sich die Tore endgültig schließen.


Was ist passiert? Haben sich es geschafft? Um Antworten auf meine vielen Fragen zu bekommen, stoße ich einige Jungs beiseite und benutze meine Ellbogen, um nach vorne durchzudringen. Das wird einige blaue Flecken geben. Panisch schaue ich mich vorne um. Wo sind sie?Gestresst renne ich auf Newt zu, umschließe seine Schultern mit meinen Händen und schüttle den Jungen hin und her: „Wo sind sie? Wo sind sie Newt?" Meine Stimme bricht gegen Ende und Tränen laufen meine Wangen herunter. Ich kann sie nicht verlieren. Ich kann Minho nicht verlieren. Verzweifelt breche ich zusammen und vergrabe mein Gesicht in meinen Händen. Wie konnte es nur so weit kommen? Die Lichtung hat mich verändert. Wer hätte gedacht, dass sie es schafft, dass ich jemals im Stande bin, so ein Mitgefühl für nicht Skypeople und Grounder zu zeigen?


Besorgt beugt sich Newt zu mir herab und nimmt mich in den Arm. Vorsichtig wiegt er uns hin und her. An meinem Hals spüre ich seine Tränen. Auch er hat gerade zwei seiner besten Freunde verloren. Leise flüstert er mir ins Ohr: „Ich weiß genau wie du dich fühlst Becky." Unauffällig wischt er sich über die Augen und hält mich an den Oberarmen eine Armlänge von sich entfernt. „Du musst zuversichtlich bleiben; habe keine Angst. Kurz bevor sich das Tor schließen konnte, ist Thomas ins Labyrinth gelaufen. Der Strunk wollte den beiden helfen und stirbt jetzt selbst dabei."


Schniefend wische ich über meine Augen. „Das ist nicht dumm Newt. Wir hätten es auch machen sollen, dann wären Minho und Alby jetzt noch am Leben." Gebrochen sacke ich zusammen. Warum nur? Kann dieses sinnlose Sterben nicht irgendwann aufhören? Ich bin es leid. Ich bin es so unsagbar leid. Immer heißt es töten, getötet werden oder sterben. Es ist ein Kreislauf, aus dem ich nicht ausbrechen kann. Was habe ich getan, dass ich so gestraft werde? Wenn es einen Gott gibt, warum wir uns sowas immer und immer und immer wieder angetan?


Newt tätschelt mich noch die Schulter, dann steht er auf und geht Richtung Gehöft. Die anderen Jungs schließen sich nach und nach an und lassen mich allein vor dem Tor zurück. Wie können sie das nur machen? Sie einfach so zurückzulassen? Sie hätten eine Chance gehabt, wenn nicht jeder so auf die verdammte Regel des nicht-betretens des Labyrinths bestehen würde. Was ist das nur für ein Laden?


Leise weine ich vor mich hin. Ich trauere nicht nur um Minho und Alby, sondern auch um meine anderen Freunde, die gestorben sind. Nie durfte ich mich von ihnen verabschieden. Immer hieß es: Ein Krieger trauert erst, wenn der Kampf vorbei ist. Was ist das nur für ein grausames Leben? Die Schöpfer... Sie werden dafür bezahlen, was sie uns allen angetan haben. Das verspreche ich.Schwerfällig stehe ich auf. Hass und Trauer waren noch nie eine gute Kombination. Aus dem Augenwinkel sehe ich etwas aufflackern. Blitzschnell habe ich mein Messer gezogen und steche auf die Käferklinge ein. Immer und immer wieder. Dabei lasse ich meine ganze Wut los. Tränen vermischen sich mit den Schrottteilen des Körpers. Kleine Lichtblitze fliegen. Es ist mir egal, ob ich einen Stromschlag bekomme oder nicht. Ich muss meine Wut loswerden.


Erschöpft lasse ich das Messer sinken und klaube durch den Tränenschleier die Minikamera auf und spreche direkt in die Linse: „Ich schwöre euch Schöpfern, wenn den Jungs da drinnen was passiert, dann werde ich mit euch genau dasselbe machen." Mir ist absolut klar, dass ich wie eine wildgewordene Furie aussehe, aber sie sollen den Hass Azgedas spüren.


Verzweifelt grabe ich meine Hände in die Erde. Ich versuche schon gar nicht erst die Tränen aufzuhalten. Ich weiß, wenn ich einmal angefangen habe zu weinen, wird das nicht in den nächsten paar Minuten aufhören.Leise flüstere ich: „Minho, Alby, Thomas, bitte schafft es. Vor allem du Minho; ich brauche ich. Ich weiß nicht, ob ich der Dunkelheit ohne dich noch länger widerstehen kann. Du bist hier mein Lichtblick."

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