Nach Hause zurück

Kapitel 6: Tag 8 - My soul is freed

Es herrscht Totenstille in dem kleinen Raum. Wenn nicht schon davor sämtliche Augen auf mich gerichtet waren, dann wären sie es spätestens jetzt. „Das hört sich ja nach einer sehr interessanten Geschichte an.", Albys braune Augen bohren sich in meine. Er glaubt mir nicht. Irgendwie kann ich es auch nachvollziehen. Sie waren hier Monate allein auf der Lichtung, dann kommt auf einmal ein Mädchen, was sich an alles erinnern kann, und welches gleich Läufer werden will. „Also kannst du dich an dein vorheriges Leben komplett erinnern? Wie kommt das?", immer noch gekränkt schaut Newt mich an. Ich nicke ihm zu: „Das ist eine sehr gute Frage Newt. Am Anfang, in diesem Fahrstuhl, konnte ich mich an nichts erinnern, ich habe nur eine Stimme in meinem Kopf gehört. Das war A.L.I.E. Sie hat mir mehr oder weniger Befehle gegebenen, wie ich mich am Anfang verhalten soll beziehungsweise hat sie gesagt ich soll auf meine Instinkte und Erfahrungen hören. Ich bin es gewohnt seit Jahren mich bedeckt zu halten und kein Aufsehen zu erregen. Ich durfte das nicht."

„Aber warum bist du ins Labyrinth gelaufen?" nun richtet auch Gally das Wort an mich. Anscheinend ist das nun ein Frage-Antwort-Spiel. „Weil ich es gewohnt bin zu rennen. Ich bin in meiner neuen Heimat nach der Landung vom Dropship viel im Wald gelaufen und weil ich euch nicht kannte und euch auch nicht vertrauen konnte." „Aber jetzt kannst du es?" Es ist wieder Gally. „Ja, das kann ich." Nein eigentlich nicht. Ich vertraue hier immer noch niemanden, aber das müssen sie ja nicht unbedingt wissen. Ich muss nur mit ihnen zusammenarbeiten, bis wir von hier fliehen können und dann lasse ich die Jungs einfach hinter mir. „Und wie kommst du auf die Idee, dass wir dir vertrauen können, wenn du deinen eigenen Bruder getötet hast?" Alby ist immer noch erbost. Ich weiß ehrlich gesagt nicht, was sein Problem ist. Denkt er, wenn man als Mädchen auf eine Lichtung mit Jungs kommt, sich sofort wohl fühlt oder gleich jedem auf die Nase bindet, dass man nicht so wie sie sind. Tut mir leid Alby, aber komm mal im richtigen Leben an. Du lebst in einer integrierten, funktionierenden Gemeinschaft, die wahrscheinlich den gleichen Hintergrund hat. Wie kommst du auf die Idee, dass man sofort alles daran legt seine Gefühle und alles offenzulegen. „Er hat meine Eltern getötet und wäre dann auch für meinen Tod verantwortlich gewesen. Ich habe es mir nicht ausgesucht geboren zu werden", antworte ich ihm bitte. Newt runzelt die Nase: „Wie meinst du das? Also, dass du es dir nicht ausgesucht hast, geboren zu werden."

„Ich habe doch von den Blake-Geschwistern erzählt und der strengen Ein-Kind-Politik. Wir haben das Gleiche durchgemacht, nur ich wurde nicht mit 14 oder 15 verhaftet, sondern mit vier. Mein Bruder, der nur mein biologischer Bruder ist, hat immer gesagt er sei Einzelkind und meine offizielle Erklärung für die Skybox war, dass ich gestohlen habe. Mir wurde von einem Ratsmitglied eingetrichtert, dass ich niemanden den wahren Grund erzählen darf. So wollten sie politischen Spannungen vorbeugen. Ich habe es als Kind so hingenommen." Aber meine Erklärungen scheinen sie nur noch mehr zu verwirren. Ich kann es an ihren Gesichtern sehen. „Ok, also in der Ark wurdest du für jede Kleinigkeit verhaftet. Ich wurde verhaftet, weil ich geboren wurde, weil es nur ein Kind pro Paar geben darf. Über 18 jährige wurden sofort hingerichtet und unter 18 jährige kamen in ein Kinder-/Jugendgefängnis und wurde an ihrem 18. Geburtstag ebenfalls hingerichtet. Bevor das bei mir geschah, wurde ich auf die Erde geschickt, damit die Elite der Ark schauen kann, ob dort ein Überleben möglich ist. Da wir als Jugendliche Straftäter eh auf absehbare Zeit sterben werden, waren wir entbehrlich und wurden ausgesandt. Und um nun auf deine Frage zurückzukommen Alby. Ihr könnt mir vertrauen. Mein Bruder und ich sind eine andere Geschichte. Ich war ein Kind und von Hass geprägt beziehungsweise darauf trainiert worden, Blut mit Blut zu sühnen. Ich habe ihn nur einen Schupps gegeben und er ist eine kleine Klippe runtergestützt. Er hat diesen Absturz überlebt und ist ein paar Stunden an Praimfaya, diese große Strahlentodeswelle, gestorben." Ruhig führe ich meine Erklärungen aus.Immer noch erbost läuft Alby hin und her: „Denkst du, dass mich das jetzt etwa beruhigt!?" Nun ergreift Zart das Wort: „Ich denke sie sagt die Wahrheit Alby. Wir sollten ihr eine Chance geben. Sie hat uns alles gesagt, was sie weiß. Außerdem hat sie sämtliche Aufgaben zu unserer Befriedigung erledigt und das in jedem Job." Unterstützend nicken die anderen. Ich verstehe nicht, wie sie alle hinter mir stehen können. Ich habe nicht so ein blindes Vertrauen.