Geschlechterklischees (etc.) und Schule

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Tw: kleine Erwähnung von Selbstverletzung 

Kommentare über LGBQ+, die mich wütend und traurig zugleich machen. Ein typischer Tag in der Schule. Und heute ging es nicht mal um mich, sondern um meinen besten Freund. Und trotzdem hat mich die Situation so aufgeregt, dass ich das einfach loswerden muss. Ich kann langsam echt nicht mehr aufzählen, wie oft ich solche dummen Sprüche schon gehört habe – sei es an mich gerichtet, an andere, oder einfach im allgemeinen Geschwafel der Leute.

"Dann bist du ja jetzt nur noch 50% Mädchen."

Dieser Spruch kam nachdem die anderen gemerkt haben, dass mein bester Freund, J, sich die Haare geschnitten hat (zur Erklärung: Er hatte vorher die Haare bis kurz unter die Schulter und jetzt bis zu den Schultern). Wow, wirklich. 50%. Wie praktisch, dass man Menschen so einfach in Prozente aufteilen kann, oder? Aber hey, sobald du lange Haare hast, bist du natürlich ein Mädchen, merk dir das. Und wenn du mittellange Haare hast, bist du nur 50% Mädchen. Applaus bitte.

Aber was steckt hinter so einer Aussage? Die Diagnose lautet Ignoranz, gemischt mit dem festen Glauben, dass das eigene Weltbild über allem steht. Es ist diese Vorstellung, dass es nur zwei feste Geschlechter gibt und jede*r sich an die Geschlechterrollen halten muss. Und jeder, der sich anders ausdrückt, als die "Norm" es mag, wird als „unvollständig" abgestempelt. Diese 50%-Bemerkung vermittelt genau das: Du bist nicht ganz, nicht vollständig, nicht richtig, weil du nicht in ihr simples, binäres System passt. Was aber wirklich fehlt, ist ihre Fähigkeit, Empathie zu entwickeln und andere Menschen einfach so zu akzeptieren, wie sie sind und wie sie sich wohlfühlen.

"Bist du jetzt kein Mädchen mehr?" 

Auch dieser Kommentar kam heute morgen, bezogen auf die Frisur meines besten Freundes. Ja, Überraschung: Manche Menschen passen nicht in die engen Vorstellungen, die ihr über Geschlecht habt. Was ist so schwer daran zu verstehen? Es gibt nicht nur Mädchen und Jungen. Es gibt nicht nur eine Definition von Weiblichkeit oder Männlichkeit, die man starr festlegen kann. Identität ist nicht etwas, das man in Schubladen stopfen kann, so sehr sich das manche auch wünschen. Es klingt fast so, als gäbe es keinen Raum für persönliche Entfaltung, für Identität jenseits der binären Kategorien.

Und was ist eigentlich so schlimm daran, wenn jemand entscheidet, nicht mehr das zu sein, was andere von ihm erwarten? Wieso fühlt sich das für manche wie eine Bedrohung an? Weil sie dann vielleicht darüber nachdenken müssen, dass ihre eigenen Vorstellungen von Geschlecht und Identität nicht die einzig wahren sind? Oder weil sie befürchten, dass es dann auch für sie selbst keine klaren, simplen Antworten mehr gibt?

"Das ist voll schwul." 

Eine Aussage, die für viele harmlos klingen mag, doch darunter versteckt sich ein intoleranter Ton und eine ernstgemeinte Beleidigung von homophoben Idioten. Und jedes Mal könnte ich mich aufregen. Wie lange dauert es eigentlich, bis Menschen lernen, dass „schwul" keine Beleidigung ist? Ich frage mich ernsthaft, ob das ein Reflex ist oder einfach pure Faulheit, weil ihnen kein besseres Argument einfällt. Alles, was irgendwie aus der Norm fällt, wird mit diesem Begriff abgestempelt. Dabei setzen meine Klassenkamerad*innen das Wort "schwul" mit "komisch" und "ekelig" gleich. Sie tauschen quasi diese Worte gegen eine Bezeichnung für eine Sexualität.

Wissen diese Leute überhaupt, was sie mit solchen Aussagen anrichten? Dass solche Sprüche mich direkt schlecht fühlen lassen? Wiessen sie, dass sie teilweise Schuld an meinen Rückfällen haben, sowie auch an meinem heutigen? Für sie mag es ein lustiger, kleiner Spruch sein, aber für die betroffenen Personen kann es eine tagelange, emotionale Achterbahnfahrt auslösen.

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