6 - Das Problem mit der Toilette

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Damit sich Mile und ich zumindest ein bisschen beruhigen und auf andere Gedanken kommen können, beschließen wir, ein paar vorinstallierte Apps im Schnellverfahren zu durchlaufen.

Galaxy Shop. Galaxy Store. Galaxy Wearable. Samsung Health. Samsung Wallet. Samsung Members. Samsung Notes. Samsung Free. SmartThings. Diktiergerät. Bixby. AR-Zone. Info Dienste.

Während wir von App zu App hüpfen, wechseln Mile und ich kein einziges Wort miteinander. Normalerweise würde ich mich darüber freuen, dass der Idiot zur Abwechselung mal seine vorlaute Klappe hält, aber jetzt gerade fühlt sich unser Schweigen total falsch an. Irgendwie so erzwungen und bedrückend.

Dass das mit den Geschehnissen bei WeightWatchers zu tun hat, ist mir natürlich bewusst.

„Mile?", wende ich mich an ihn, als wir uns in Eigene Dateien befinden und die Speicherkapazitäten meines alten Handys genauer unter die Lupe nehmen.

„Hm?" Er dreht langsam seinen Kopf zu mir und schaut mich überrascht aus seinen blauen Ozeanaugen an. „Was ist los, Elsie? Alles okay?"

Elsie?! Ernsthaft?! Gott, ich hasse es, dass er sich so anders verhält!

„Kannst du bitte damit aufhören, mich wie eine Aussätzige zu behandeln?", frage ich ihn mit flehendem Unterton in der Stimme. Natürlich hat Mile noch ein schlechtes Gewissen, weil ich seinetwegen eine Essstörung entwickelt habe, aber deshalb soll er mich jetzt nicht mit Samthandschuhen anfassen.

„Unser Gespräch eben hat mir sehr geholfen", füge ich hinzu, um seine Gewissensbisse zu lindern. „Ich bin dir nicht böse oder so. Wirklich nicht!"

Mile sieht verunsichert aus. Wahrscheinlich hat er Angst, in ein Fettnäpfchen zu treten oder weiteren Schaden mit seinen Worten anzurichten.

Um ihm seine Sorgen zu nehmen, fordere ich ihn auf: „Sag etwas Gemeines zu mir!"

„Was?! Nein!", entgegnet Mile sofort.

Meine Güte. So verklemmt war er sonst nie!

„Dann sag halt etwas Dummes", mache ich einen Gegenvorschlag. „Oder sag irgendwas anderes. Mir egal. Aber hör auf, mich zu ignorieren, kapiert?!"

Tatsächlich runzelt Mile seine Stirn und scheint zu überlegen. Nach einigen Minuten möchte er schließlich von mir wissen: „Was ist schwarz und weiß und springt über das Eis?"

Da ich Flachwitzen überhaupt nichts abgewinnen kann, verdrehe ich meine Augen. Trotzdem rate ich: „Ein Puck, der zur Hälfte weiß angemalt wurde?"

Mile schüttelt den Kopf. „Falsch! Ein Springuin!" Während er breit grinst, kann ich es mir nicht nehmen lassen, ein zweites Mal mit den Augen zu rollen.

Gibt es wirklich Menschen, die solche Flachwitze lustig finden? Hoffentlich nicht.

„Der war echt schlecht!", teile ich meine Gedanken mit Mile.

„Ach ja?" Fast schon beleidigt zieht er seine Brauen in die Höhe. „Dann überleg du dir doch einen besseren Witz", fordert er mich mit einem eingeschnappten Schnauben heraus.

„Nö", blocke ich ab. „Ich habe nämlich gerade ein ganz anderes Problem."

Sofort gefriert Miles Grinsen und er schaut mich voller Verunsicherung an.

Verdammt! Wird es jetzt zur Gewohnheit, dass er jedes Wort und jede Handlung auf die Goldwaage legt? Ich gebe es nicht gerne zu, aber der idiotische Mile, der mir Kontra gibt und mich aus der Reserve lockt, gefällt mir besser als diese verweichlichte Version, die Angst hat, mich mit einem falschen Mucks zu verletzen.

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