17 - Feinde mit gewissen Vorzügen

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„Eiskönigin?" Mile schaut mich abwartend aus seinen blauen Ozeanaugen an.

„Ja?"

„Ich habe eine gute und eine schlechte Nachricht. Welche möchtest du zuerst hören?"

Na toll, jetzt habe ich die Qual der Wahl ... „Zuerst die Schlechte, bitte", murmele ich mit einem fiesen Stechen in der Magengrube.

„Okay." Mile seufzt. Sein Blick wandert währenddessen zu dem Akkustand, der in genau dieser Sekunde auf 7% umspringt. „Uns bleibt nicht mehr viel Zeit, bis dem Handy der Saft ausgeht."

Ach echt? Ist mir noch gar nicht aufgefallen ... Was für ein Möchtegern-Klugscheißer!

Ich verkneife mir ein Augenrollen und hake stattdessen nach: „Und die gute Nachricht?"

Miles Blick wird von einem geheimnisvollen Funkeln gesäumt und seine Mundwinkel heben sich zu einem breiten Grinsen. Er lässt mich mit Absicht noch ein bisschen zappeln, bis er feierlich verkündet: „Uns fehlt nur noch eine einzige App!"

Was?!

Seine Worte schlagen wie eine Bombe in meinem Herzen ein und wirbeln meine ganze Gefühlswelt durcheinander.

Ich habe keine Ahnung, wie viele Stunden oder Tage wir in meinem alten Samsung-Handy verbracht haben, um von App zu App zu hüpfen. Auch wenn ich viel Spaß dabei hatte, gab es zwischendurch Momente, in denen ich an meine Grenzen gestoßen bin. Dass uns nur noch ein einziger Schritt von unserem Ziel trennt, ist ein überwältigendes Gefühl.

Nichtsdestotrotz vergewissere ich mich nochmal bei Mile: „Bist du dir sicher?"

„Zu eintausend Prozent!", beteuert er.

Vielleicht bin ich eine kleine Dramaqueen, aber ich bin so erleichtert, dass mir Freudentränen in die Augen schießen.

Kaum zu glauben, dass Mile und ich es so weit geschafft haben. Und dann auch noch, ohne uns gegenseitig abzumurksen!

Um meine aufkommende Gefühlsduselei zu überspielen, säusele ich möglichst motiviert: „Dann nichts wie los! Die letzte App wartet auf uns, Honiglocke!"

Zum Glück setzt sich Mile sofort in Bewegung und führt mich zu der einzigen Kachel, die wir noch nicht berührt haben. „So, da wären wir ...", murmelt er, als wir sie erreicht haben.

Ich schaue auf das lilafarbene Quadrat hinab, das sich unter meinen Füßen befindet, und schlucke schwer. „Das soll wohl ein Scherz sein, oder?", fauche ich Mile ungläubig und entsetzt zugleich an. Je länger ich auf das Logo starre, umso schneller schlägt mein Herz und umso mehr Aufregung keimt in mir auf.

„Nein." Natürlich muss mich Mile mit seinem blöden Zwinkern provozieren. „Das Beste kommt bekanntlich zum Schluss, Eiskönigin."

Also hat er das extra so eingefädelt?

Ich gebe zu, dass ich die lilafarbene Kachel mehrfach gesehen, aber jedes Mal ignoriert habe, bis ich mich schlussendlich überhaupt nicht mehr daran erinnern konnte, dass sie existiert.

Tja, diese Verdrängungstaktik wird mir genau jetzt zum Verhängnis.

„Bist du bereit für unsere allerletzte App, Elsie?" Ich hasse es, dass Miles Stimme so entspannt klingt und er mir seine strahlendweißen Zähne präsentiert.

„Nein!", schnaube ich genervt.

„Perfekt", lacht er. „Dann kann ja nichts mehr schiefgehen." Im Einklang mit seinen Worten drückt er auf die lilafarbene Kachel, in der ein großes, rotes Herz zu sehen ist. Ringsherum flattern mehrere, kleinere Herzchen durch die Luft.

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