Ich vertiefte mich in meine Studien, fand nach einiger Zeit in dem Schloss eine alte, ziemlich heruntergekommen Bibliothek und fragte mich, wieso die Leute, das Schloss nicht nutzen, sondern im Keller lebten. Es war bis auf mich und Zif vollkommen unbewohnt. Nicht ein einziges Mal ist mir jemand in den Fluren begegnet.
In diesem Schloss herrschte immer eine vollkommene, lautlose Stille, aber heute pfiff der Wind durch jede Ritze und jeden Spalt, den er finden konnte. Kam ein Sturm aus der Wüste?
Inzwischen hatte ich herausgefunden, dass es nicht Staub war, was auf allen Oberflächen bedeckte, jedenfalls nicht nur, sondern meistens eine Mischung aus Staub und Asche, die von draußen hereingeweht war.
Gegen Abend begann der Wind stärker an den Fenstern zu rütteln. Zif war vorhin von Raum zu Raum gewandert und hatte die Fenster kontrolliert. Ich wusste, dass es Abend war, weil unten eine Glocke sechsmal läutete. Zum Frühstück zweimal und zum Mittagessen viermal. Ich hörte sie aber nur, wenn ich irgendwo auf den niedrig gelegenen Fluren unterwegs war.
In der Bibliothek hatte ich schon öfter die Fenster aufgerissen, damit das Licht heller ist und ich besser lesen konnte. Heute wagte ich es aber aufgrund des Winds nicht und begnügte mich mit dem, was durch den gelblichen Film auf dem Fenster drang. Später zündete ich mir eine Kerze an und las eine Abhandlung über Hexen. Alle Bücher, die ich mir rausgesucht haben, waren Abhandlungen, Dokumentationen, Forschungen oder Erfahrungsberichte.
Zif räusperte sich hinter mir. Meine Kerze war bald abgebrannt. Ich schloss das Buch und legte es daneben. Ich wollte es nie wahrhaben, aber seine Anwesenheit war mir willkommen. Wenigstens eine Person, die mit mir redete. Für die ich nicht unsichtbar war, obwohl ich es nicht verdient hatte.
„Heute wird es noch sehr ungemütlich draußen." Er beobachtete eine Aschewolke, die sich zu einem kleinen Strudel formte. „Die Nacht und vielleicht auch den darauffolgenden Tag. Wir sind alle unten, weil es uns dort sicherer erscheint." Ich beobachtete ihn weiter und bevor ich länger darüber nachdenken konnte, deutete ich auf den zerschlissenen Sessel, der meinem Gegenüber stand. Zif war erstaunt, setzte sich aber. Sein Blick wanderte über den Stapel Bücher neben mir. Und dann zu dem Regal hinter mir, wo Romane und fantastische Erzählungen standen. Märchen. Von denen ich mich ganz weit entfernt hielt.
„Die Leute wohnen nicht zum Spaß im Keller des Schlosses. Unser Leben wäre um einiges einfacher, wenn wir das Schloss bewohnen könnten. Oder wenn wir das Schloss verlassen könnten. Aber das ist kein normaler Sturm. Das ist kein normales... kein normaler Ort." Ich dachte an die scharfkantigen Schatten in dem Schlossgraben und vor Allem an den Abgrund, der mich fast eingesogen hätte. Nein, definitiv nicht normal.
„Es ist ein sicherer Ort für uns. Aber auch andere haben diesen verlassenen Ort für sich entdeckt und ihn zu ihrem Zuhause gemacht." Unwillkürlich dachte ich an die goldene Kugel, die oben in dem Turmzimmer lag. „Wesen, die vertrieben wurden. Benutzt, abgeschlachtet, ausgetrickst, ausgerottet, bis sie ausgestorben sind. In allen Reichen und Welten, bis auf dieser hier." In seinen Augen lag ein Funkeln. Er wartete darauf, dass bei mir der Groschen fiel.
In den Höllenkreisen gab es noch allerhand fantastische Wesen und Fabeltiere. Goldene Schuppen blitzen vor mir auf... Ich schloss die Augen, schob den Gedanken von mir. Meine Finger strichen über die Stoffhosen, die ich direkt nach meiner Ankunft bekommen habe. Und dann kam mir ein Gedanke und ich riss die Augen auf. Zif lächelte. Die erste echte Regung, die ich bei ihm wahrnahm. Und plötzlich durchbrach ein ohrenbetäubendes Kreischen die Stille, erschütterte das ganze Schloss.
Automatisch ließ ich mich zu Boden fallen und erkannte, dass Zif es genauso machte. Ich hörte ein Rauschen und dann war es plötzlich dunkel im Raum. Ich blinzelte und vor mir, direkt vor dem Fenster sahen mich Etwas aus zwei riesigen, schmalen gelben Pupillen an. Rauch stieg aus ihren Nüstern. Dampf hüllte sie ein und dann brüllte sie und Feuer schoss in unsere Richtung. Zif und ich stolperten aus dem Raum.
DU LIEST GERADE
Queendom of Ash
FantasyVio ist zerrissen. Verloren in einer neuen Welt, verloren in ihrem Hass, versucht sie einen Weg zu finden. Doch als sie erstmals das volle Ausmaß der Intrigen erkennt, der Lügen, wird sie weiter auf die Probe gestellt. Der Teufel ist tot, aber die M...